Zum Eigentumserwerb durch Grenzüberbau

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Zum Eigentumserwerb durch Grenzüberbau

From the journal ZRB Zeitschrift für Recht des Bauwesens, Volume 11, December 2022, issue 4

Published by Verlag Österreich

Judikatur, 3148 Words
Original language: German
ZRB 2022, pp 127-131
https://doi.org/10.33196/zrb202204012701

Abstract

Erste Voraussetzung für einen Eigentumserwerb nach § 418 Satz 3 ABGB ist die Redlichkeit des Bauführers, die dieser zu beweisen hat. Redlicher Bauführer ist, wer im Zeitpunkt der Bauführung aus plausiblen Gründen a) über die Eigentumsverhältnisse am verbauten Grund irren durfte oder b) aufgrund irgendwelcher Umstände angenommen hat und auch annehmen durfte, dass ihm der Bau vom Eigentümer gestattet worden sei. Zweite Voraussetzung ist, dass der Liegenschaftseigentümer von der Bauführung auf seinem Grund (oder der diesbezüglichen Absicht) weiß, sie aber vorwerfbar – zumindest leicht fahrlässig – nicht untersagt. An die Aufmerksamkeit des Bauführers ist ein strengerer Maßstab anzulegen als an die Aufmerksamkeit desjenigen, in dessen Eigentum durch die Bauführung eingegriffen wird. Erlangt der Grundeigentümer erst Jahre nach Abschluss der Bauführung Kenntnis davon, dass das Bauwerk teils auf seinem Grund gebaut wurde, führt der Umstand, dass er nicht sogleich die Beseitigung des Überbaus fordert, zu keinem Eigentumserwerb des Bauführers nach § 418 Satz 3 ABGB. Rechtsmissbrauch (Schikane) ist nicht erst dann anzunehmen, wenn die Schädigungsabsicht den einzigen oder überwiegenden Grund der Rechtsausübung bildet, sondern auch dann, wenn das unlautere Motiv der Rechtsausübung augenscheinlich im Vordergrund steht und andere Ziele der Rechtsausübung völlig in den Hintergrund treten, oder wenn zwischen den vom Handelnden verfolgten eigenen Interessen und den beeinträchtigten Interessen des anderen Teils ein krasses Missverhältnis besteht.