Antiextremistische Reichweite der Kontroversität an Schulen?

Autor:innen

  • Dominik Feldmann

Schlagworte:

Kontroversität, liberal-demokratische Werte, Menschenrechte, politische Bildung, Extremismus

Key words:

controversy, liberal-democratic values, human rights, political education, extremism

Abstract

Der folgende Kommentar richtet das Augenmerk auf die Frage, wie weit Kontroversität in politischen Debatten an Schulen reichen sollte. Johannes Drerup schlägt in seiner Studie „Kontroverse Themen im Unterricht“ dazu unter anderem ein politisches Kriterium vor, um die Reichweite von Kontroversität zu bestimmen. Der Orientierungsrahmen dafür besteht nach Drerup aus liberal-demokratischen Grundwerten. Tasten Positionen diese an, sollten diese nicht Teil politischer Kontroversen an Schulen sein. Doch sind solche Werte klar zu bestimmen und eignen sie sich zur didaktischen Konkretion an Schulen? So sinnvoll beispielsweise normative Bezüge zu Menschenrechten sind, so oft werden sie im politischen Alltag in Deutschland und darüber hinaus verletzt – von unterschiedlichen Akteuren. Sollte nicht eine kritische Auseinandersetzung mit der Missachtung von Menschenrechten Gegenstand schulischer Bildungsarbeit sein anstatt damit zusammenhängende Positionen aus der Kontroverse auszuschließen? Besonders problematisch erscheint es, das Extremismuskonzept heranzuziehen, um solche Akteure zu charakterisieren, die liberal-demokratische Werte mutmaßlich verletzen. Schließlich gibt es einerseits auch in der politischen Mitte und staatlichen Apparaten demokratiegefährdende Tendenzen. Andererseits kann das Label „extremistisch“ genutzt werden, um missliebige Positionen im politischen Streit willkürlich zu schwächen. Welche Positionen aus Sicht von Schüler*innen eine Bedrohung für demokratische Gesellschaften darstellen, sollte im Rahmen politischer Bildung abgewogen werden, nicht jedoch a priori feststehen.

English version

The following commentary focuses on the question of the limits of controversy in political debates in schools. In his study “Controversial Topics in the Classroom,” Johannes Drerup proposes, among other things, a political criterion for determining the scope of controversy. According to Drerup, the orientation framework for this consists of liberal-democratic basic values. If positions touch on these, they should not be part of political controversies in schools. But can such values be clearly defined and are they suitable for didactic concretization in schools? As meaningful as normative references to human rights are, for example, they are often violated in everyday political life in Germany and beyond – by different actors. Shouldn’t a critical examination of the disregard for human rights be the subject of educational work in schools instead of excluding related positions from the controversy? It seems particularly problematic to use the concept of extremism to characterize actors who presumably violate liberal democratic values. After all, on the one hand, there are also tendencies in the political center and state apparatuses that endanger democracy. On the other hand, the label “extremist” can be used to arbitrarily weaken unpopular positions in political disputes. Which positions students consider a threat to democratic societies should be weighed up in the context of political education, but should not be determined a priori.

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Zitationsvorschlag

Feldmann, D. (2023). Antiextremistische Reichweite der Kontroversität an Schulen?. Zeitschrift für Praktische Philosophie, 10(1). https://doi.org/10.22613/zfpp/10.1.19

Ausgabe

Rubrik

Buchsymposium: Kontroverse Themen im Unterricht