Skip to content
BY 4.0 license Open Access Published by De Gruyter Oldenbourg June 3, 2023

Vorschläge für eine situierte Forschungsperspektive auf Gewalt(freiheit) im Kontext sozialer Mobilisierung

  • Jannis Grimm , Mariam Salehi

    Dr. Mariam Salehi leitet die Nachwuchsgruppe „Transnational Conflict“ am Zentrum für Interdisziplinäre Friedens- und Konfliktforschung (INTERACT) der Freien Universität Berlin.

    and Hannah Franzki

    Dr. Hannah Franzki leitet die Nachwuchsgruppe „Blurring Boundaries“ am Zentrum für Interdisziplinäre Friedens- und Konfliktforschung (INTERACT) der Freien Universität Berlin.

Zusammenfassung

Welche Rolle spielen Disruption und Gewalt mit Blick auf den Erfolg von sozialer Mobilisierung und wie können sie legitimiert werden? Wo endet ziviler Ungehorsam und beginnt radikaler Protest? Potenzielle wissenschaftliche Antworten auf diese umstrittenen Fragen sind gebunden an ontologische, normative und epistemologische Vorannahmen, ebenso wie Versuche der definitorischen Grenzziehung zum Gewaltbegriff. Dies verdeutlicht der einleitende Beitrag anhand einer Rekonstruktion aktueller empirischer und theoretischer Forschungsdiskurse zum Nexus Gewalt(freiheit) und Widerstand. Statt zu versuchen eine objektive Bestimmung politischer Grenzbegriffe vorzunehmen werden Perspektiven für die Selbstverortung derer aufgeworfen, die gewaltförmige Phänomene in ihren sozialen, temporalen, relationalen und diskursiven Zusammenhängen zu beschreiben suchen. Der Beitrag plädiert für eine explizit situierte Forschung zu Gewalt(freiheit) im Kontext sozialer Mobilisierung.

Abstract

How can disruption and violence condition protest success, and how can they be legitimized? Where does civil disobedience end and radical protest begin? Potential answers to these controversial questions, as well as attempts at defining the concept of violence, are tied to ontological, normative, and epistemological presuppositions that shape the positionality of those providing those answers. This introduction takes stock of recent empirical and theoretical debates on the (non)violence-resistance-nexus to argue that attempts at objectively determining essentially political concepts are futile if they remain decoupled from the empirical and normative contexts that produce them. Consequently, we highlight several ways how scholars investigating violent phenomena and their social, temporal, relational, and discursive embedding may position themselves vis-à-vis their object of study, in an attempt to move the fragmented debate on (non)violence in the context of social mobilization towards a more situated and differentiated discussion.

1 Einleitung

Wann sind Proteste und direkte Aktionen gewaltsam, wo verläuft die Grenze der Rechtfertigung und wann werden direkte Aktionen oder soziale Bewegungen „radikal“? Diese Fragen bilden seit mehreren Jahrzehnten einen Schwerpunkt innerhalb der Friedens- und Konfliktforschung sowie in der Protest- und Bewegungsforschung. Während erstere dabei gewaltsame Mobilisierung vor allem in größeren sozio-strukturellen und diskursiven Zusammenhängen, historischen Kontinuitäten und biografischen Einbettungen zu erfassen sucht (dazu Malthaner 2023, in diesem Heft) – und empirisch oft da ansetzt, wo die Schwelle physischer Gewaltanwendung unmissverständlich überschritten ist – ist das Feld der Bewegungsforschung deutlich stärker durch mikrosoziologische Ansätze geprägt. Der empirische Fokus ist enger, besonders seitdem prozessuale Ansätze mehr Prominenz erlangen, und liegt zunehmend auf einzelnen oder Sequenzen von Ereignissen, und den Interaktionsprozessen, die diese formen (dazu Grimm 2022, 408). Doch selbst heruntergebrochen auf diese, im Editorial thematisierte, eher mikroskopische und vor allem performative Ebene des Protest-Repressionsgeschehens während Episoden sozialer Mobilisierung, lässt sich die Abgrenzung von gerechtfertigtem und ungerechtfertigtem Widerstand, von radikalem und moderatem Protest, von gewaltsamer, eskalativer und gewaltfreier, defensiver Mobilisierung nicht einfach vollziehen.

1

Erschwert werden Versuche einer Grenzziehung zudem von der Transformation normativer Maßstäbe zur Bewertung von Radikalität, welche nicht nur auf die Bewegungsforschung, sondern gesamtgesellschaftlich wirken: Zum einen setzt sich in der politischen Öffentlichkeit wie in Fachdebatten zunehmend die Einsicht durch, dass Ausmaß, Tempo und Intensität der multiplen globalen Krisen – vom Klimawandel über den Spätkapitalismus bis hin zum Zusammenbruch der multipolaren Weltordnung – eine radikale, also im etymologischen Ursprung des Wortes eine „an den Wurzeln anpackende“ Abkehr von konventionellen, zwar demokratisch legitimierten aber zunehmend ineffizienten, politischen Handlungsmustern erfordern. Zum anderen liefern diese multiplen Krisen auch Treibstoff für radikalere Formen des demokratischen Widerstands, die es zu verstehen, bewerten, einzuordnen gilt – vor allem dort, wo sie konventionelle Grenzziehungen in Frage stellen.

Global gesehen ist insbesondere eine Renaissance revolutionärer Bewegungen und innovativer Formen des Aktivismus zu beobachten, die sich jenseits des institutionellen Regelwerks um eine Veränderung des Status quo bemühen. Diese Mobilisierungsprozesse, die unter anderem in der Wiederbelebung traditioneller Taktiken des zivilen Ungehorsams und der Entstehung eines neuen transnationalen Repertoires an kreativen, gleichwohl disruptiven Protestformen ihren Ausdruck finden, werfen eine Reihe ontologischer, epistemologischer und normativer Fragestellungen im Zusammenhang mit der Konzeptualisierung von „Gewalt“ und „dem Radikalen“ auf: Wer definiert, was radikale Politik ist und was sie beinhaltet? Bedeutet Radikalisierung notwendigerweise einen Rückgriff auf konfrontativere Mittel der Politikgestaltung? Und wenn ja, wie wird entschieden, ob dieser verwerflich ist, oder manchmal sogar ein moralisch begründetes Gebot?

2 Neue Konjunktur der Gewalt(freiheits)forschung

Im Kontext der Erforschung sozialer Bewegungen – insbesondere des Globalen Nordens – steht mit Blick auf diese Fragen zunehmend im Vordergrund, welche Arten von Widerstand, Regelbruch und Disruption im Ordnungszusammenhang moderner liberaler Demokratien einerseits 1) als (un)wirksam und andererseits 2) als (il)legitim angesehen werden können. Die Fachdiskurse innerhalb der Bewegungs- und Protestforschung (wie auch unter zeitgenössischen Bewegungsakteur*innen selbst) fokussieren dabei stärker auf den ersten; die öffentliche Debatte sowie die politische Theorie stärker auf den zweiten Aspekt. Gleichzeitig sind beide Diskursstränge nicht trennscharf abzugrenzen, zumal die Wahl der Mittel mobilisierender Akteur*innen immer auch deren kollektiven Wertekonsens reflektiert und zudem soziale Bewegungen mit ihren Aktionen immer wieder Diskursverschiebungen anstoßen und so mitprägen, was gesamtgesellschaftlich als legitimer Ausdruck von Dissens betrachtet wird.

Dieser Beitrag ist vor diesem Hintergrund bewusst an der Schnittstelle beider Debattenstränge situiert. Er verfolgt das Ziel diese – zumindest in Ansätzen – produktiv zusammenzuführen und mündet in einen Appell für die stärkere Anerkennung der Situiertheit von Forschung zu Gewalt und Protest sowie die explizitere Situierung von Forschenden. Nach einem einleitenden Überblick über die angesprochenen Debattenstränge zur Effektivität und Legitimität von Gewalt(freiheit) im Kontext sozialer Mobilisierung, widmet sich der Text der Varianz der Gewaltverständnisse, welche unterschiedlichen Arbeiten zum Gewalt-Widerstand-Nexus zugrunde liegen. Im Anschluss skizzieren wir relevante Dimensionen, die Wissenschaftler*innen als Gerüst zur eigenen Situierung sowie zur Einordnung ihrer eigenen Forschung dienen können und plädieren dabei für 1) mehr Transparenz hinsichtlich der eigenen epistemologischen, normativen und ontologischen Verortung und 2) mehr Präzision bei der Bezugnahme auf „essenziell umstrittene“ (Çıdam et al. 2020, 519) Forschungsgegenstände wie Gewalt, Widerstand und ziviler Ungehorsam.

Was kann Protest?

Hinsichtlich der Frage nach der Effektivität bzw. den Erfolgschancen von gewaltsamen beziehungsweise gewaltfreien Protesten wurden in den vergangenen Jahren, trotz einer ganzen Reihe von Arbeiten zum Thema (Karatnycky/Ackerman 2005; Nepstad 2015; Schock 2005; Teorell 2010), wenige Autor*innen so stark rezipiert wie Gene Sharp und Erica Chenoweth. Sharp konzentriert sich in seiner Arbeit auf die strategischen Aspekte gewaltlosen Widerstands. In seinem 1973 erschienenen Buch „The Politics of Nonviolent Action“ skizzierte er 198 Methoden des gewaltfreien Widerstands und argumentierte, dass sie die Machtquellen von Regimen wirksamer unterbrechen können als bewaffneter Widerstand. Dabei präfigurieren sie häufig auch neue und inklusivere Formen des sozialen Miteinanders und stoßen damit dauerhaftere Veränderungen an als gewaltsame Umstürze (Sharp 1973). Ebenfalls von Sharp inspiriert und mittlerweile intrinsisch mit der Debatte um gewaltfreien Widerstand verbunden ist der Begriff des „politischen Jiu-Jitsu“ (Sharp 1973, Bd. 3, 657–697) sowie die darauf aufbauende Idee von „backfire“ (siehe Martin 1970, 2015). Die Idee: Wenn Demonstrierende gewaltlos eine gewaltsame Reaktion des Staates provozieren, können sie dadurch die öffentliche Meinung gegen letzteren wenden und seine moralische Autorität empfindlich treffen. Die dafür notwendige Akzeptanz, Leid durch Repression zu ertragen oder sogar zu provozieren, ist Sharp zufolge kein moralisches Gebot, sondern praktischer Schlüssel für effektiven Widerstand. Vergeltung und gewaltsame Formen der Selbstverteidigung trügen hingegen den politischen Kampf auf ein Spielfeld, auf dem staatliche Akteur*innen schlichtweg besser aufgestellt seien und über ein Monopol auf legitime Gewaltanwendung verfügten.

Gemeinsam mit ihrer Co-Autorin Maria Stephan lieferte Erica Chenoweth später den bislang wohl empirisch belastbarsten Beleg für den von Sharp postulierten Wirkungszusammenhang (Chenoweth/Stephan 2011; siehe auch Chenoweth 2021). In ihrem NAVCO Datensatz katalogisieren die Autorinnen gewalttätige und gewaltfreie Mobilisierungskampagnen seit 1900 mit Blick auf deren Erfolg (siehe Chenoweth/Shay 2022). Das sich hieraus ergebende Bild stellt frühere Paradigmen von der Effizienz bewaffneter Aufstände auf den Kopf: Insgesamt hat gewaltfreier ziviler Widerstand bei der Herbeiführung von Veränderungen gegenüber gemischten und gewalttätigen Kampagnen eine annähernd doppelte Erfolgsquote. Den Zusammenhang zwischen gewaltlosem zivilen Widerstand und politischen Transformationen bestätigen auch eine Reihe weiterer Studien für verschiedene Regionen, Regimetypen und Analyseebenen und untermauern damit Chenoweths und Stephans Diagnosen (etwa Celestino/Gleditsch 2013; Nepstad 2013, 2011; Teorell 2010; Bayer/Bethke/Lambach 2016; Pinckney 2016; Orazani/Leidner 2019). Vor diesem Hintergrund avancierten die Autor*innen zur autoritativen Quelle für Bewegungsakteur*innen (insbesondere der Klimabewegung) um die Logik, Wirksamkeit und Funktion des eigenen Aktionsrepertoires zu begründen.[1] Beispielhaft hierfür stehen Extinction Rebellion (Manemann 2020), deren Mitbegründer Roger Hallam seinen Appell für gewaltfreien Rechtsbruch und Opferbereitschaft explizit auf Chenoweths Forschung stützt,[2] sowie auch die viel diskutierte Letzte Generation (LG), die neben Sharp ebenfalls die Ergebnisse des Teams um die Harvard-Forscherin als Beleg für die Effektivität des eingeschlagenen Wegs des zivilen Widerstands zitiert (zur LG siehe Rucht 2023, in diesem Heft).[3] Dieser praktische Bezug mag nachvollziehbar sein, kommt er doch dem Anspruch der zitierten Autor*innen nach, durch die eigen Forschung emanzipative Akteur*innen zu unterstützen. Er ist aber problematisch mit Blick auf die Entkontextualisierung der Forschungsdebatte.

Die Ergebnisse besagen weder, dass gewalttätige Bewegungen noch nie funktioniert haben, noch dass gewaltlose immer erfolgreich sind (sie scheitern laut NAVCO etwa genauso oft wie sie erfolgreich sind), sondern lediglich, dass Gewaltlosigkeit tendenziell zielführender mit Blick auf die Etablierung demokratischer Strukturen nach systemischen Umstürzen ist. Tatsächlich handelt es sich bei den im Datensatz enthaltenen Fällen aber allesamt um Massenmobilisierung gegen repressive Regime, militärische Besatzungsregime oder um Sezessionsbewegungen. Nur eine Minderheit der erfassten Proteste findet in einem formaldemokratischen Rahmen oder unterhalb der Schwelle von Massenprotest statt. Jenseits dieses Bezugsrahmens ist die Wirksamkeit gewaltfreier Kampagnen umstritten (siehe etwa Clarke 2022; Svensson/Lindgren 2011).

Dass sich im NAVCO-Datensatz kein einziges Erfolgsbeispiel für die Transformation eines liberaldemokratischen Regimes durch gewaltfreie Mobilisierung findet, belegt indes weder die höhere Effektivität von Gewaltprotesten in Demokratien noch den Umkehrschluss. Es weist vielmehr drauf hin, dass die Frage nach der Wirksamkeit von Gewalt im Kontext politischer Ordnung mit höherer Responsivität gegenüber den Bedürfnissen ihrer Bürger*innen (aber auch mit subtileren Formen der Dominanz und Unterdrückung) differenzierter betrachtet werden muss. Sie ist von der normativen Debatte über die Grenzen des legitimen politischen Ausdrucks im Rahmen partizipativer Gemeinwesen nicht zu trennen.[4]

Was darf Protest?

Parallel zur eher politikwissenschaftlich verankerten Debatte um das Effektivitätsargument ist die theoretisch-ideengeschichtlich orientierte Fachdebatte um die Legitimität und politische Funktion von gewaltfreiem/-samen Widerstand indes eher zwischen Philosophie, Soziologie und Geschichtswissenschaften angesiedelt. Hier wird sie vor allem vor der normativen Schablone liberaler Demokratievorstellungen geführt, zumeist in Bezug auf oder in expliziter Abgrenzung zu John Rawls und seiner Prägung unseres begrifflichen Verständnisses des zivilen Ungehorsams (vgl. Rawls 1979 [1971], 421 f.).[5] Bewegungen wie Extinction Rebellion, Fridays for Future, Occupy oder Black Lives Matter praktizieren unterschiedliche Ausprägungen dieser Form des politischen Handelns. Bürger*innen nehmen hier in Abgrenzung zu anderen Formen des Protests den Bruch von Gesetzen in Kauf, wodurch ziviler Ungehorsam eine höhere Risikobereitschaft voraussetzt. Dies geschieht meist in Form von direct action – also, Maßnahmen wie Besetzungen, Boykotte, noncompliance oder Sabotage. Diese zielen darauf ab, durch direkte Herausforderung von Gegenspieler*innen oder direkt zugefügte Kosten unmittelbar politischen Einfluss zu nehmen (dazu Hart 1997). Gleichzeitig benennen die meisten theoretischen Stichwortgeber Gewaltlosigkeit als „sine qua non des zivilen Ungehorsams“ (Çıdam et al. 2020, 519, eigene Übers.) – wobei diese Einigkeit bei der Präzisierung, was Gewaltlosigkeit bedeutet, bereits zu bröckeln beginnt.

Anders als Autor*innen in der Tradition von Rawls, betrachtet etwa Robin Celikates auch disruptive Protesttaktiken als legitime Form, demokratische Defizite anzufechten und erweitert damit den Begriff des zivilen Ungehorsams. Ziviler Ungehorsam als symbolischer Protest müsse auch „Momente der realen Konfrontation beinhalte[n], Praktiken wie Blockaden und Besetzungen, die manchmal Gewaltelemente enthalten (insbesondere wenn die Zerstörung von Privateigentum und die Blockade von Straßen und Gebäuden – Aktionsformen, die eindeutig zum ‚Repertoire‘ des zivilen Ungehorsams gehören – als gewalttätig angesehen werden)“ (Celikates 2016, 43). Das „Zivile“ im zivilen Ungehorsam wird in diesem Kontext von Rawls‘ Lesart als Respekt für die demokratische Rechtsordnung entkoppelt und als zivil im Sinne von nicht-militärisch umgedeutet.

Dazu analog steht die Argumentationsvariante von Candice Delmas (2018). Ihre Verteidigung von „unzivilem Ungehorsam“ folgt – ganz bewusst – dem Duktus der liberalen Rechtfertigung des zivilen Ungehorsams durch Rawls. Anders als Celikates geht es ihr nicht darum, disruptive, konfrontative, teils mit einem Maß an Gewalt einhergehende, Protestaktionen als durch die Definition von zivilem Ungehorsam abgedeckt zu begründen. Vielmehr legitimiert sie diese trotz ihres „unzivilen“ Charakters als demokratisch. Delmas betont, dass unziviler Ungehorsam manchmal nicht nur notwendig und symbolisch wirksam sei (etwa um Geringschätzung des systemischen Status Quo zum Ausdruck zu bringen). Er sei zudem über die gleichen Rechtfertigungsprinzipien legitimierbar, die in der liberalen Tradition üblicherweise für die Begründung der Pflicht zur Gesetzestreue herangezogen werden (Çıdam et al. 2020, 526–528): wenn es Defizite in der Demokratie und bei der Gleichberechtigung gibt; wenn Lasten und Nutzen eines Systems ungleich verteilt sind; wenn der Staat seine Schutzfunktion gegenüber den Bürgern nicht ausübt; wenn die Würde der Bürger*innen verletzt wird.

Wiederum anders argumentiert Christian Volk, der in Anlehnung an Hannah Arendt betont, „radikale Formen von Protest sind als Akte des zivilen Ungehorsams zu interpretieren, weil sie moderne Demokratien politisieren“ (Volk 2014, 137). Während für Celikates und Delmas das Politische zentraler Referenzpunkt ist, steht bei Volk der demokratische Gestus von Aktionen des zivilen Ungehorsams bei der Abgrenzung zwischen rechtfertigbaren und nicht rechtfertigbaren Akten des Protests im Vordergrund. Ziviler Ungehorsam sei demnach v. a. an seiner Form zu erkennen, die den demokratischen Raum öffne und die Verletzung physischer Integrität anderer grundsätzlich ausschließe. Transgressive Formen des Widerstands, wie jene, die Delmas als „uncivil disobedience“ fasst (etwa Sabotage, radikale direkte Aktionen oder riots), seien zwar grundsätzlich erklär- und legitimierbar (dazu etwa Havercroft 2021; Pasternak 2018). Sie erfüllten für Volk dann aber nicht länger den Tatbestand des zivilen Ungehorsams und seine Gütekriterien (dazu Volk/Grimm, in diesem Heft), sondern müssten über andere Prämissen begründet werden, wie etwa als Akte erweiterter Notwehr (siehe Hart 1997, 54–55) oder der Selbstverteidigung (siehe Dorlin 2022).

Dies bedeutet indes nicht, dass gewaltloser ziviler Widerstand eine rein konziliante, passive oder gar sanftmütige Haltung voraussetzt – im Gegenteil. So argumentieren etwa Pineda am Beispiel der US-Bürgerrechtsbewegung (Pineda 2021), oder Butler anhand der Occupy Bewegung, der palästinensischen oder der Antikriegsbewegung gegen die US-Intervention im Irak (Butler 2023), dass Gewaltfreiheit eine aktive und manchmal aggressive Praxis gegen bestehende Formen von Macht und Gewalt darstellen kann. Butler kritisiert dabei die gängigen Vorstellungen von Gewalt und Gewaltlosigkeit, die auf einer binären Opposition zwischen Täter*innen und Opfern beruhen und dazu beitragen, bestimmte Formen von Gewalt zu rechtfertigen oder zu verdecken. Stattdessen schlägt sie vor, Gewalt und Gewaltlosigkeit als soziale und politische Praktiken zu verstehen, die sich auf unsere Verletzlichkeit und gegenseitige Abhängigkeit beziehen. Wir sind alle verwundbar für potenzielle Leiderfahrung durch das Handeln anderer, aber somit auch prädisponiert für Mitgefühl und Solidarität. Diese Verwundbarkeit, die eben nicht primär Folge unserer individuellen essenziellen Eigenschaften, sondern vor allem eine soziale Situation darstellt, erlegt uns aus Butlers Perspektive die ethische Verantwortung zum Schutz des Lebens anderer auf. Universelle Verletzbarkeit wird so zur Quelle der Solidarität und des Widerstands umgedeutet – Widerstand, der aus Butlers Sicht Gewaltlosigkeit in Antithese zu herrschenden Formen von Macht und Gewalt impliziert. Individuelle und kollektive Gewaltlosigkeit bedeuten in dieser Lesart somit nicht Passivität, sondern beinhaltet vielmehr ein offensives Eintreten für das Leben (das eigene, wie das der anderen) – Widerstand ist Leben, bringt einer der zentralen Slogans der iranischen Protestbewegung diesen Gedanken gegenwärtig eindrucksvoll zum Ausdruck.

Der Kontext definiert die Mittel

Ebenso lang zurück wie die Debatte um Ontologie und Normativität von zivilem Ungehorsam und gewaltfreiem Widerstand reicht die Tradition der Autor*innen, die – in Abgrenzung zu Butler und ihren Dialogpartner*innen – das normative Festhalten an Gewaltlosigkeit als zentralem Desiderat sozialen Widerstands problematisieren. Die Debatte verläuft dabei entlang zweier zentraler Argumente, einem kontextualen und einem ontologischen: Das erste Argument rechtfertigt physisch gewaltsamen Widerstand dadurch, dass er in physisch gewaltsamen Kontexten notwendig sei, weil man der Gewalt nicht anders begegnen, beziehungsweise gegen sie ankämpfen könne. Das zweite Argument benötigt nicht zwangsläufig die physische Gewalt Anderer, um gewaltsamen Widerstand zu rechtfertigen. Hier liegt ein breiterer Gewaltbegriff zugrunde, der davon ausgeht, dass auch anderen Formen von Gewalt, die in den herrschenden Zuständen inhärent sind, mit physisch gewaltsamem Widerstand begegnet werden kann.

Dass ein offensives und lebensbejahendes Verständnis von Widerstand nicht zwangsläufig mit einer Abkehr von jeglicher physischer Gewaltanwendung einhergehen muss, zeigt sich bereits am Ursprung des oben genannten Slogans der iranischen Proteste in der kurdischen Widerstandsbewegung: Geprägt unter Bedingungen extremer Unsicherheit und als antithetischer Gegenentwurf zum Leitmotiv der türkischen Linken (Ya¸samak direnmektir – Leben ist Widerstand), avancierte „berxwedan jiyan e – Widerstand ist Leben“ in den 1990er Jahren zu einem der wichtigsten Slogans der PKK (siehe hierzu Aydin/Burç 2022). Reproduziert in revolutionären Hymnen und Protestchören, rief die Bewegung durch den Slogan zu mehr auf als Widerstand, argumentieren Aydin und Burç (S. 3). Vielmehr trug „berxwedan jiyan e“ in entscheidendem Maße zur kurdischen kollektiven Subjektbildung bei. Ganz im Sinne von Frantz Fanon wird Widerstand dabei als einzige (verbliebene) Möglichkeit reinterpretiert, das eigene Leben in einer von Tod und Unterdrückung beherrschten sozialen Welt zu behaupten.

Fanon (1961) argumentierte, dass Unterdrückung immer eine dehumanisierende Wirkung hat und dass der Widerstand gegen diese Unterdrückung eine notwendige Voraussetzung für die Wiederherstellung der Menschlichkeit der Unterdrückten ist. Die Bedeutung von Widerstand wird dabei von einem moralischen Wert (man sollte Widerstand leisten, um ein gutes oder tugendhaftes Leben zu führen) zu einer ontologischen Begründung für das Leben. Widerstand ist qua seiner identitätsstiftenden Funktion legitim. Die konkrete physische Ausgestaltung – gewalttätig, störend, ungehorsam, konformistisch – verliert dabei letztlich an Relevanz. Fanon argumentierte, vielleicht so vehement wie kein zweiter, für die Notwendigkeit physischer Gewalt zur Befreiung von der alltäglichen Gewalt der Kolonialherrschaft und wirkte damit wegweisend für Befreiungskämpfe im Globalen Süden. Er vertrat, in Anschluss an Georges Sorels frühere Gedanken zur „reinigenden Wirkung“ von Gewalt und ihrer Notwendigkeit für soziale Regeneration kapitalistischer Gesellschaften (Sorel/Lichtheim 1981), die Ansicht, dass die kolonialisierten Völker keine Hoffnung auf Befreiung durch Verhandlung oder Reform hätten. Unterdrückung sei allein durch revolutionäre Gewalt zu überwinden. Diese sei als effektives Mittel zur Brechung der etablierten Machtstrukturen kolonialer Unterdrückungssysteme qua ihrer Wirkmächtigkeit legitim. Die Aufgabe sozialer Bewegungen sei es in diesem Zusammenhang, durch ein Angebot an symbolischen Narrativen – durch Schaffung von Mythen und Märtyrern – die Entstehung einer kollektiven revolutionären Identität zu befördern, welche die legitimatorische Basis für den gewaltsamen Kampf gegen Unterdrückung bildet (dazu Shantz 2000).

Hiergegen wenden sich Autor*innen wie Elizabeth Frazer, Kimberley Hutchings oder Judith Butler, die eine ethische Rechtfertigung politischer Gewalt – auch durch Bewegungsakteur*innen, die sich möglicherweise „im Recht“ befinden – aufgrund ihrer Destruktivität für soziale Beziehungen und ihrer Unterminierung des Politischen grundsätzlich ausschließen (für eine Diskussion siehe Wedderburn 2021). Irritiert durch die Tendenz, Gewalt auf ihre instrumentelle Dimension zu reduzieren, auf ein Werkzeug, das je nach politischer Notwendigkeit und Kontext eingesetzt oder fallengelassen werden kann, argumentieren Hutchings und Frazer (2019), Gewalt sei ultimativ weder durch konsequentialistische Argumente zu rechtfertigen, noch durch rechtstheoretische und strategische Erwägungen, oder die Notwendigkeit sozialer Regeneration, die etwa Sorel und Fanon hervorheben. Denn: Die Folgen gewaltsamer Handlungen können niemals in Gänze vorausgesehen werden, zudem schaffe Gewalt als Praxis und Erfahrung spezifische neue Welten und intersubjektive Beziehungen, die ihrerseits durch Ausschlüsse, Leid und Hierarchien geprägt sind. Gewaltsamer Widerstand reproduziere damit die Phänomene, die er zu beseitigen suche. Ihr Argument für gewaltfreie politische Aktion ist vor diesem Hintergrund kein moralisches, sondern ein politisches: Nicht nur sei gewaltfreie Mobilisierung grundsätzlich mit weniger Leid verbunden, sondern sie beinhalte gleichzeitig auch das Potenzial, Beziehungen des gegenseitigen Respekts und der Integration aktiv zu begründen.

3 Mehr als physische Gewalt

Die bisherigen Ausführungen zeigen, um es mit den Worten Butlers zu sagen, dass „Argumente für Gewaltlosigkeit Klarheit darüber [voraussetzen], wie Gewalt vorgestellt und in einem Feld diskursiver, gesellschaftlicher und staatlicher Macht zugeschrieben wird“ (Butler 2023, 16). In den hier nur angerissenen Debatten fallen vor allem die konzeptionellen Sprünge im Sprechen über Gewalt auf. Insbesondere in der Debatte um zivilen Widerstand verhandeln die angesprochenen Autor*innen die Legitimität und Effektivität von Gewalt im Kontext sozialer Proteste in erster Linie in Bezug auf den Einsatz physischer Gewalt durch soziale Bewegungen. Damit laufen sie Gefahr, den als gewaltvoll wahrgenommenen Protest (und Fragen seiner Legitimation) von den vielfältigen Formen der Gewalt zu entkoppeln, gegen die sich Proteste häufig richten: dies kann die als unzulässig wahrgenommene Ausübung des staatlichen Gewaltmonopols sein, aber auch unterschiedliche Formen struktureller, symbolischer oder systemischer Gewalt.

Wir plädieren vor diesem Hintergrund dafür, gewaltvollen Protest, neben seiner Situierung in Interaktionsdynamiken auf der Mikro-Ebene, auch im Rahmen seiner weiteren sozialen Entstehungsbedingungen zu betrachten und zu beschreiben. Protest reagiert nicht nur auf, und radikalisiert sich nicht nur durch Erfahrungen von Repression oder Polizeigewalt. Vielmehr entsteht er auch aus, oder (re)agiert in, einem sozialen Kontext, der von einer ganzen Reihe gewaltsamer Formen des Ausschlusses, der Dominanz und der Marginalisierung geprägt ist. Für eine solche Betrachtung ist es zunächst notwendig, den Gewaltbegriff über die Beschreibung physischer Gewalt hinaus zu erweitern und damit auch die Abwesenheit physischer Gewalt nicht mit Gewaltfreiheit gleichzusetzen.

Mit Blick auf das derzeit in ungewohnter Prominenz an soziale Bewegung herangetragene Desiderat, den eigenen Widerspruch doch gewaltfrei zu manifestieren, stellt Kevin Duong fest, sich für Gewaltfreiheit zu entscheiden, bedeute manchmal, „sich für die endemische Gewalt des Status quo, seine gewöhnliche Unmenschlichkeit zu entscheiden“ (Duong 2022, 27, eigene Übers.). Was ist mit der „endemischen Gewalt des Status quo“ gemeint? Autor*innen, die auf diese Frage eingehen, argumentieren, dass Gewalt nicht nur in Ausnahmefällen vorkommt. Gewalt sei nicht gleichzusetzen mit plötzlichen Ausbrüchen physischer Gewalt oder einzelnen gewaltvollen Ereignissen. Physische Gewalt ist eine Form der Gewalt unter anderen, häufig ermöglicht und verschleiert durch bestehende gesellschaftliche Strukturen und etablierte Wahrnehmungsmuster.

Vor dem Hintergrund dieser Gewalterfahrungen können wir in den letzten Jahren eine Reihe von Interventionen insbesondere im Bereich der Friedens- und Konfliktforschung und der internationalen Beziehungen beobachten, die darauf abzielen, strukturelle und symbolische Formen von Gewalt sichtbarer zu machen. Sie knüpfen dabei an frühere Überlegungen, wie etwa die von Johan Galtung, an, der für die Friedens- und Konfliktforschung den Begriff der strukturellen Gewalt bereits Ende der 1960er Jahre operationalisierte: Gewalt sei häufig das Produkt bestehender Strukturen, die bewirkten, dass die Lebensumstände von Menschen hinter ihren bestmöglichen Optionen zurückblieben (Galtung 1969). Hunger, Krankheit, frühzeitiger Tod sind dann strukturelle Gewalt, wenn sie verhindert werden könnten. Die konzeptionellen Schwächen von Galtungs Begriff der strukturellen Gewalt wurden aus unterschiedlichen Perspektiven moniert. Für Winter zum Beispiel ist ein Problem des Begriffes, dass unterschiedliche, historische gewachsene Strukturen der Diskriminierung, die zu einem frühzeitigen Tod führen (z. B. Rassismus, Sexismus, Klassismus) nicht mehr unterscheidbar seien (siehe hierzu Winter 2012). Braun (2021) wiederum wirft Galtung vor, Macht und Gewalt gleichzusetzen.[6] Dennoch bleibt die Stoßrichtung seiner Intervention relevant – auch und insbesondere im Kontext von Protest und sozialer Mobilisierung, die sich nicht selten am Leid entzündet, das durch strukturelle Gewalt versursacht wird. Es ist das Plädoyer, auch diejenige Gefährdung von Leben als Gewalt anzuerkennen, die nicht der juridischen Grammatik eines absichtlich handelnden Subjekts, einer beobachtbaren Handlung und einem direkt betroffenen Opfer folgen (Winter 2012, 197). Und Gewalt auch dort zu erkennen, wo sie nicht mit bloßem Auge beobachtbar ist.

Mit dem Konzept der „langsamen Gewalt“ greift unter anderem Robert Nixon dieses Anliegen auf und formuliert gleichzeitig eine Spezifizierung zu Galtung (Nixon 2013, 10). Die Bedrohung von Leben durch über Jahrzehnte andauernde, langsame Umweltverschmutzung sei nicht spektakulär und werde dadurch weniger wahrgenommen. Trotzdem könne ein Ursache- und Wirkungszusammenhang hergestellt werden, der die Zerstörung von Lebensgrundlagen auf ein Zusammenspiel bewusster Entscheidungen zurückführt. Für Nixon geht es darum, diese räumlich und zeitlich auseinanderfallenden Zusammenhänge herzustellen und wahrnehmbar zu machen.

Auch Achille Mbembe geht in seinen Analysen zur Necropolitik moderner Staaten auf die Strukturen ein, die ganze Bevölkerungsgruppen dem Tod aussetzen. Liberale Theorien des Staates verorten die Staatsraison in der Regel im Schutz von Leben, vermittelt über individuelle Grundrechte wie des Schutzes des Rechts auf körperliche Unversehrtheit. Mbembe hingegen stellt, mit Bezug auf den Souveränitätsbegriff, die Fähigkeit des Staates über Leben und Tod zu entscheiden, in den Mittelpunkt. Necropolitik bezeichnet für ihn „neue und einzigartige Formen der sozialen Existenz, bei der riesige Bevölkerungen Lebensbedingungen unterworfen werden, die sie in den Status lebendiger Toter versetzen“ (Mbembe 2011, 89). Ähnlich wie Mbembe interessiert sich auch Judith Butler für die ungleiche Verteilung von Tod. Ausgehend von der Beobachtung, dass in der politischen Praxis nicht alle Leben gleich zählen, fragt sie nach den diskursiven Strukturen, die die ungleiche Verteilung von Betrauerbarkeit herstellen, die also beeinflussen, ob wir den Tod eines Menschen (potentiell) betrauern oder nicht (Butler 2010, 2023).

Sie bezieht sich damit, ohne explizit den Begriff zu gebrauchen, auf Muster der Wissensproduktion und -transmission, die Claudia Brunner – aufbauend auf den Arbeiten Gayatri Spivaks, Nikita Dhawans und anderer – als „epistemische Gewalt“ beschreibt, als „jenen Beitrag zu gewaltförmigen gesellschaftlichen Verhältnissen, der im Wissen selbst, in seiner Genese, Ausformung, Organisation und Wirkmächtigkeit angelegt ist“ (Brunner 2015, 39). Epistemische Gewalt kann darin bestehen, dass bestimmte Formen von Wissen – insbesondere solche marginalisierter Gruppen – ignoriert, abgewertet, ausgeschlossen oder in Form von Epistemiziden (Brunner 2020, 52, 62–70) vernichtet werden. Dadurch wird die Stimme dieser Gruppen in Diskursen und Entscheidungsprozessen unterdrückt, Dominanzbeziehungen naturalisiert, Widerstand delegitimiert.[7]

Ein ähnlicher Gedanke schwingt bei Ilan Zvi Baron et al. mit (siehe etwa Baron et al. 2019), die zwischen direkter Gewalt (Zufügung von Schaden durch eine Person/Agent*in), indirekter Gewalt (Manifestierung in den Strukturen der Gesellschaft) und Pazifizierung unterscheiden. Die Gewalt, die Pazifizierung innewohnt, argumentieren sie, ist dabei „diffus, unauffällig und in das Gefüge der Gesellschaft eingebettet“ (Baron et al. 2019, 199, eigene Übers.). Gewalt wird dabei als Ordnungsmerkmal von Frieden verstanden, das politische, soziale und wirtschaftliche Beziehungen bedingt, und dabei direkte und indirekte Gewalt unsichtbar machen kann. Pazifizierung transformiert Gewalt, (re-)strukturiert politische und soziale Beziehungen und führt dazu, dass (gewaltvoller) Widerstand gegen eine ungerechte (gewaltvolle) Weltordnung unterbunden wird.

4 Situierte Gewaltforschung

Wie also sinnvoll über Gewalt im Kontext von Widerstand schreiben? Insbesondere wenn der Akt der Wissensproduktion selbst gewaltsame Ausschlüsse implizieren kann. Schließlich macht Brunner auch auf die Gewalt aufmerksam, die oftmals der sozialwissenschaftlichen Konflikt- und Gewaltforschung selbst innewohnt. Gerade dort, wo die Wissenschaft „sich mit den offensichtlich gewaltförmigen Aspekten gesellschaftlicher Verhältnisse beschäftig[t],“ betont sie, sei „so gut wie nie von epistemischer Gewalt die Rede“ (Brunner 2020, 9).

Die Herausforderung für ein Nachdenken über Gewalt liegt zunächst darin, die Umkämpftheit des Gewaltbegriffes anzuerkennen, ohne dabei in einen Relativismus zu verfallen, der aus der Gewaltfrage lediglich eine Meinungsfrage macht (Butler 2023, 17). Hier können wir auf feministische Forschung zurückgreifen, die sich schon lange mit der Problematik auseinandersetzt, was lediglich als Meinung zählt und wann, beziehungsweise wie, der Status von Wissen erreicht wird. Sandra Harding hinterfragt hierbei die Annahme, dass Wissen nicht verbunden sein könne mit „lokalen, historischen Werten, Interessen und Agenden“ (Harding 1992, 438, eigene Übers.). Durch feministische Forschung und Standpunkt-Epistemologie haben situierte Ansätze folglich an Prominenz gewonnen (siehe z. B. Haraway 1988; Harding 1992). Sie setzen sich mit Anforderungen an wissenschaftliche Objektivität auseinander und lehnen ab „alles aus dem Nichts“ sehen zu können. Marcel Stoetzler und Nira Yuval-Davis unterscheiden hier zwei Stränge: entweder wird davon ausgegangen, dass eine bestimmte soziale Situiertheit privilegierten Zugang zu Wissen bedeutet, oder, dass sich der (wissenschaftlichen) Wahrheit über eine dialogische Beziehung unterschiedlich situierter Subjekte angenähert wird (Yuval-Davis/Stoetzler 2002).

Was bedeutet dies übertragen auf die sozialwissenschaftliche Forschung zu Gewalt(freiheit) und Widerstand im Kontext sozialer Mobilisierung? Die Auseinandersetzung um den Gewaltbegriff zeigt zunächst, dass nicht vorgegeben ist, wie Protest und Widerstand in gewaltsamen Kontexten aussehen und wirken. Wer über Gewalt forscht, kann diese Begriffe nicht voraussetzen, sondern muss sie definieren und sich damit positionieren. Dies bedeutet, insbesondere unsere ontologischen Annahmen, unsere normativen Prämissen, und unsere epistemologischen Verortungen zu reflektieren, zu artikulieren und zu begründen.

Ontologische Annahmen

Für die empirische Gewaltforschung wirft eine Erweiterung des Gewaltbegriffs die Frage nach dem Zusammenhang der verschiedenen Gewaltverhältnisse auf. Wie lässt sich in der empirischen Gewaltforschung der Zusammenhang von struktureller und direkter physischer Gewalt untersuchen? Welche Akteur*innen sind dabei in den Blick zu nehmen? Und wo – zeitlich, räumlich und relational gedacht – findet Gewalt statt? Es gilt hierbei für uns als Forschende den Lokus von Gewalt und ihrer Erforschung klar abzugrenzen. Dies kann über die Verortung innerhalb situativer Ansätze (Nassauer 2019; Wikström/Treiber 2009; Collins 2008) oder einer „Mikroskopie“ (Hoebel 2019, 50) der Gewaltforschung geschehen, welche die Rekonstruktion von performativen, affektiven und diskursiven Interaktionsprozessen, die Angriffen auf die körperliche Integrität von Menschen vorausgehen, diese begleiten, oder ihnen folgen, in den Mittelpunkt stellen (siehe dazu etwa Hoebel/Knöbl 2019; Klusemann 2010; Bramsen 2017; Kalyvas 2012; Nassauer 2010).[8]

Es kann aber auch den expliziten Versuch zum Brückenschlag zwischen Micro- und Makro-Perspektiven umfassen, wie er sich etwa in prozesssoziologischen Operationalisierungen von Interaktionsbeziehungen in „Räumen“ (Beck 2017) oder „Arenen“ der Gewalt und des Konflikts (siehe etwa Alimi/Bosi/Demetriou 2012; Jasper/Duyvendak 2015; McGarry et al. 2016) niederschlägt, oder in Versuchen, Gewalt nach ihren Wirkungsmechanismen zu operationalisieren und so strukturelle, epistemische und physische Gewaltformen in Beziehung zu setzen (siehe etwa Baron et al. 2019). Auch Strukturanalysen von Gewaltkonflikten sind von Relevanz. Hier ist es allerdings wichtig, Anspruch und Möglichkeiten der Analyse explizit zu machen. Dies kann auch heißen, wie Thomas Hoebel schreibt, „Abstand von allzu holistischen Perspektiven auf Kriege, Genozide und Aufstände, auf Schlachten, Massaker und Krawalle zu nehmen“ (Hoebel 2019, 50), um stattdessen aufzuzeigen, was mit der eigenen Situierung und Fokus zur Wissensproduktion beigetragen werden kann. Selbiges gilt für die phänomenologische Fokussierung und die empirische Eingrenzung des Gegenstands unserer Forschung (dazu auch Imbusch 2017).

Eine Anerkennung der Bedeutung von struktureller, symbolischer oder epistemischer Gewalt heißt nicht, dass man sich mit physischer Gewalt nicht mehr auseinandersetzen muss: „[I]m besten Fall verliert [die sozialwissenschaftliche Debatte] auch die Verbindungen von epistemischer mit direkter physischer Gewalt nicht aus dem Auge“ (Brunner 2020, 11). Welche Formen der Gewalt wir dabei – transparent – ins Zentrum unserer Arbeit stellen, sollte folglich nicht allein von unserer wissenschaftstheoretischen Verortung abhängen, sondern auch, oder gerade, von den Konflikten, die wir betrachten.

Normative Prämissen

In der gesellschaftlichen und medialen Diskussion über Proteste dient der Gewaltbegriff in der Regel der Verurteilung bestimmter Handlungen und Aktionsformen. Umgekehrt impliziert auch der Begriff des zivilen unvermeidbar eine positive Evaluierung (siehe Delmas 2018, 22). Wie Celikates treffend schreibt:

“‘Civility’ has always been an ideological weapon, a stick with which the moral majority beats unruly subjects into conformity, attempts to control protest by dividing it into good and bad, and justifies the silencing of dissent especially by minorities.” (Celikates in Çıdam et al. 2020, 528)

Der anarchistische Autor Peter Gelderloos geht so weit, zu argumentieren, dass Gewaltfreiheit nicht primär aus der Erfahrung sozialer Bewegungen heraus Auftrieb bekommt, sondern vielmehr extern zu diesen als dominante Idee Verbreitung findet. Sozialen Bewegungen würde Gewaltfreiheit von Medien, Wissenschaft, wohlhabenden Unterstützer*innen und Regierungen als dominantes Prinzip aufoktroyiert, was wiederum eine Debatte über Diversität in Taktiken und Methoden politischer und sozialer Kämpfe verdränge (Gelderloos 2013, 7). Eine weitere Konsequenz: Nicht Position oder das inhaltliche Anliegen stünden im Mittelpunkt der Berichterstattung, sondern die Frage der legitimen Mittel.

Üben Protestierende durch Straßenblockaden Zwang aus oder nicht? Ist Sabotage unzulässige Gewalt an der Sache? Ab wann gilt die Räumung einer Demonstration durch die Polizei nicht mehr als Ausdruck des rechtlich abgesicherten staatlichen Gewaltmonopols, sondern als unzulässige Polizeigewalt? Der Vorwurf der Gewalt ist, in der gesellschaftlichen Debatte, das Bestreben, die entsprechende Handlung zu delegitimieren. Vor diesem Hintergrund verlangt ein Nachdenken über Gewalt, dass wir gesellschaftliche Zuschreibungen von Gewalt nicht lediglich übernehmen, sondern die Strukturen reflektieren, nach denen zwischen legitimer und nicht legitimer Gewalt unterschieden wird, und transparent offenzulegen, welchen Kriterien der eigene Gewaltbegriff folgt. Celikates (2016) weist in diesem Zusammenhang auf die Verquickung ontologischer Prämissen und normativer Argumente hin: Ein weites Verständnis von Gewalt, das zum Beispiel strukturelle Gewalt einschließt, mache es schwieriger, bestimmte Formen des zivilen Ungehorsams als gewaltfrei zu verteidigen. Ein enges Verständnis, wonach auch disruptive und nötigende Formen des zivilen Ungehorsams als friedfertig gelten, solange sie nicht andere Personen physisch verletzen, erschwert wiederum die Kritik an der strukturellen Gewalt des Status quo.

Vordergründig scheint das Recht eine zentrale Struktur zur normativen Bewertung von Gewalt bereitzustellen, die einen Ausweg aus dieser Ambiguität bietet. Häufig wird aus (Il)legalität von Handlungen über deren (Il)legitimität geurteilt und der Einsatz repressiver Mittel begründet. Im Anschluss an Walter Benjamin (2019 [1978]) argumentieren indes Perspektiven aus der kritischen Rechtswissenschaft, dass wir unseren Gewaltbegriff nicht aus der Rechtsordnung ableiten können, da wir dabei diejenigen Gewaltverhältnisse aus dem Blick verlieren, die rechtlich abgesichert sind (Loick 2012) oder im Rechtsdiskurs gar nicht vorkommen. Der moderne Rechtstaat zeichne sich zwar durch das staatliche Gewaltmonopol aus, welches die liberale Theorie mit der Fiktion des Gesellschaftsvertrages, der freiwilligen Übertragung eines natürlichen Rechts auf Gewalt an die Staatsmacht, zur Aufrechterhaltung der Rechtsordnung begründet (Menke 2018). Die Staatsgewalt, die u. a. in der Form der Polizei zur Durchsetzung von Gesetzen auftritt, steht damit einem gesellschaftlichen Gewaltverbot (mit Ausnahmen, wie z. B. der Selbstverteidigung) gegenüber (dazu von Dömming/Pichl, in diesem Heft). Diese Dichotomie birgt die Tücke, dass rechtlich sanktionierte Staatgewalt selbst erheblich schwerer in ihrer Form und Wirkung als Gewalt wahrgenommen werden kann (siehe Hooker 2016). Die Beziehung von Gewalt und Recht im Kontext von Protest und Widerstand ist insbesondere auch dann kompliziert, wenn letzteres im Falle von autoritären Kontexten oder Ausnahmezuständen (dazu Madhok 2018) den Gewaltkontext definiert. Für unsere Positionierung als Forschende impliziert dies, dass wir uns zur Unterscheidung zwischen Legitimität und Illegitimität von Gewalt nicht auf die rechtliche Setzung legal/illegal berufen können.

Worauf dann berufen? Letztlich geht es um die Offenlegung der normativen Koordinaten, von denen aus wir Mobilisierungsdynamiken beobachten, besprechen, bewerten: wo ziehen wir moralische, rechtliche und legitimatorische Grenzen; welche Parameter ziehen wir als Gradmesser heran, nehmen sie als gesetzt an; was ist für uns konzeptionell verhandelbar, welche Bewertungen entspringen unseren normativen Prämissen, welche sind aus den Erfahrungen, Urteilen, Aussagen der von uns untersuchten Akteur*innen rekonstruiert?

Epistemologische Reflektion

Thomas Hoebel und Wolfang Knöbl (Hoebel/Knöbl 2019, 13 f) kritisieren einen Fokus auf substanzielle Aspekte von Erklärungen von Gewalt und deren jeweilige Defizite – und den dadurch entstehenden Mangel an wissenschaftstheoretischer Reflexion in der sozialwissenschaftlichen Gewaltforschung. Damit Argumente und Erklärungen überzeugender und plausibler werden, so die Autoren, brauche es mehr Auseinandersetzung mit den Prämissen, Problemen und Perspektiven, die diesen Erklärungen und Argumenten zugrunde liegen. Die Positionierung als Forschende und eine situierte Forschungsperspektive auf Gewalt gehen miteinander einher. Auf welche Art und Weise man sich dem Gegenstand wissenschaftlich annähert, welchen Zugang man wählt, beeinflusst unsere Forschung gleich mehrfach. Es beeinflusst aber auch, wie über die soziale Welt gesprochen wird. Dies gilt insbesondere für die Ein- und Ausschlüsse, die durch einen Fokus von Forschung auf normativ abgegrenzte Phänomene wie zivilen Ungehorsam produziert werden. Wie Celikates anmerkt ist eine – möglicherweise lediglich der analytischen Simplifizierung geschuldete – Grenzziehung zwischen dem Zivilen und dem Unzivilen, zwischen Protest und Militanz, zwischen proaktiver Mobilisierung und reaktivem Widerstand „niemals eine rein theoretische oder konzeptionelle Angelegenheit, sondern Teil der im Wesentlichen politischen ‚Grenzarbeit‘ und der ‚Grenzkämpfe‘, welche die Gesellschaft insgesamt durchziehen“ (Çıdam et al. 2020, 528). Bei diesen Kämpfen gehe es auch darum, ob ein Protest überhaupt als Protest, also als politischer Ausdruck anerkannt und nicht etwa als Verbrechen oder Krawall (dazu Kotzur, in diesem Heft) abgetan und in den Kompetenzbereich der Sicherheitskräfte geschoben wird.

Auch in der eher konfliktsoziologisch orientierten Widerstandsforschung stellt sich die Frage, wie bestimmt werden (und wer (mit)bestimmen) kann, welche Gewaltformen und -erfahrungen als relevant angesehen werden und wessen Wissen dazu beitragen darf, diese zu identifizieren. Laleh Khalili weist darauf hin, dass Gewalt, die von nicht-staatlichen Akteur*innen ausgeht, oftmals auf ein zu lösendes Policy-Problem reduziert und somit sozio-historische Kontexte und Erklärungen ausgeblendet werden. Hierbei identifiziert sie auch eine Monopolisierung des Labels der „politischen Gewalt“ durch den Strang der Forschung, der sich mit nicht-staatlicher Gewalt beschäftigt und damit staatliche Gewalt – in Frieden- und Kriegszeiten – aus diesen Debatten ausklammert (Khalili 2013, 792). Es besteht dabei die Gefahr, dass Gewalt durch den Staat nicht nur in der öffentlichen und politischen Debatte normalisiert wird (siehe z. B. Thaler 2019), sondern auch in der wissenschaftlichen.

Die Konsequenz kann indes nicht sein, Gewaltdynamiken „von unten“ auszuklammern oder in einem Umkehrschluss den Fokus auf den Staat zu verlagern. Die besondere epistemische Verantwortung unserer Forschung zu Gewalt und Protest sollten wir vielmehr anerkennen und sie bei der Kontextualisierung und Positionierung unserer Arbeit bewusst in den Blick nehmen – als konstruktive Akte von worldmaking, wie Mathias Thaler in seiner Studie zu den „politics of naming“ schreibt:

„Die Art und Weise, wie wir unsere Umwelt beschreiben, prägt die sozialen Praktiken, die in ihr stattfinden, und unsere sozialen Praktiken wiederum beeinflussen die Konzepte, die wir zu deren Beschreibung verwenden. Der Prozess der Benennung (oder Umbenennung) eines Phänomens, einer Handlung oder eines Akteurs ist eng mit der Realität verwoben, die er zu beschreiben versucht“ (Thaler 2018, 15, eigene Übers.).

Er weist damit auf den für die Bewegungsforschung relevanten Fakt hin, dass es keine neutrale Beschreibung von inhärent politischen Konzepten wie Protest, Widerstand und zivilem Ungehorsam geben kann, die nicht gleichzeitig einen Akt der Hegemonisierung darstellen – einen Versuch, eine bestimmte soziale Realität zu verankern, unter Ausschluss anderer. Diese Ausschlüsse gilt es zu reflektieren.

5 Fazit

Unsere theoretischen Zugänge, zugrundeliegenden Wertemaßstäbe, aber auch das methodologische Werkzeug, dass wir einsetzen, machen unsere epistemologische Situiertheit aus und beeinflussen, welche Formen von Gewalt wir überhaupt sehen und wie wir sie analysieren können. Wie in diesem Beitrag deutlich wird, kommen large-N vergleichende Studien zu anderen Schlüssen als Forschung, die sich mit spezifischen Situationen befasst oder explizit eine herrschaftskritische Perspektive einnimmt. Während die einen auf Effektivität von Widerstand-Repertoires schauen, nehmen die anderen eher in den Blick, welche Ausschlüsse solchen Perspektiven inhärent sind und welche Widerstand gegen welche Formen von Gewalt sie gegebenenfalls nicht fassen können. Interpretative Ansätze sind wiederum eher geeignet Nuancen zu fassen oder auch „Meta-Daten“ zu interpretieren, für die Gewaltforschung nutzbar zu machen und damit die Robustheit von Theorien und Wissen über Gewalt zu stärken (Fujii 2010). Bei der Theoretisierung von Gewalt gilt es also, „sich über den Prozess des Theoretisierens aufzuklären [..], sich damit zu befassen, wie aus Beobachtungen in der Welt wissenschaftliche Einsichten entstehen“ (Hoebel/Beck 2019). Insbesondere die Beiträge zum epistemischen Gewaltbegriff verlangen zudem eine Reflektion der Strukturen, die beeinflussen, welche Situationen wir überhaupt als Gewalt wahrnehmen. Gewaltforschung hat dann nicht nur zur Aufgabe, Dynamiken bewaffneter Konflikte, Ursachen tödlicher Staatsgewalt oder mit physischer Gewalt ausgetragene Proteste zu untersuchen. Sie muss auch die Strukturen und Verhältnisse in den Blick nehmen, die „ungleiche Betrauerbarkeit“ (Butler 2023) von Leben produzieren.

Die eigene Situierung in und Positionierung in Bezug auf diese divergierenden Forschungsdesiderate und epistemischen Ansprüche gilt es transparent zu machen. Dies beinhaltet auch eine Befassung mit Ein- und Ausschlüssen unserer Beobachtungen und mit deren normativen und ontologischen Vorbedingungen.

About the authors

Dr. Mariam Salehi

Dr. Mariam Salehi leitet die Nachwuchsgruppe „Transnational Conflict“ am Zentrum für Interdisziplinäre Friedens- und Konfliktforschung (INTERACT) der Freien Universität Berlin.

Dr. Hannah Franzki

Dr. Hannah Franzki leitet die Nachwuchsgruppe „Blurring Boundaries“ am Zentrum für Interdisziplinäre Friedens- und Konfliktforschung (INTERACT) der Freien Universität Berlin.

Literatur

Baron, Ilan Zvi/Havercroft, Jonathan/Kamola, Isaac/Koomen, Jonneke/Murphy, Justin/Prichard, Alex 2019: Liberal Pacification and the Phenomenology of Violence. In: International Studies Quarterly 63(1), 199–212.10.1093/isq/sqy060Search in Google Scholar

Bayer, Markus/Bethke, Felix S/Lambach, Daniel 2016: The democratic dividend of nonviolent resistance. In: Journal of Peace Research 53(6), 758–771.10.1177/0022343316658090Search in Google Scholar

Benjamin, Walter/Marcuse, Herbert 2019: Zur Kritik der Gewalt und andere Aufsätze. 15. Auflage. Suhrkamp.Search in Google Scholar

Bramsen, Isabel 2017: How Violence Breeds Violence: Micro-dynamics and Reciprocity of Violent Interaction in the Arab Uprisings. In: International Journal of Conflict and Violence (IJCV), 1–11 Pages.Search in Google Scholar

Braun, Andreas 2021: Strukturelle Gewalt – ein analytisch überschätzter Begriff. In: Zeitschrift für Friedens- und Konfliktforschung 10(1), 5–35.10.1007/s42597-021-00057-1Search in Google Scholar

Brunner, Claudia 2015: Das Konzept epistemische Gewalt als Element einer transdisziplinären Friedens- und Konfliktforschung. In: Wintersteiner, Werner/Lisa Wolf (Hg.): Friedensforschung in Österreich. Bilanz und Perspektiven. Klagenfurt: Drava, 38–53.Search in Google Scholar

Brunner, Claudia 2020: Epistemische Gewalt: Wissen und Herrschaft in der kolonialen Moderne. Transcript.10.1515/9783839451311Search in Google Scholar

Butler, Judith 2010: Raster des Krieges: Warum wir nicht jedes Leid beklagen. Campus Verlag.Search in Google Scholar

Butler, Judith 2023: Die Macht der Gewaltlosigkeit: über das Ethische im Politischen. Suhrkamp.Search in Google Scholar

Celestino, Mauricio Rivera/Gleditsch, Kristian Skrede 2013: Fresh carnations or all thorn, no rose? Nonviolent campaigns and transitions in autocracies. In: Journal of Peace Research 50(3), 385–400.10.1177/0022343312469979Search in Google Scholar

Celikates, Robin 2016: Rethinking Civil Disobedience as a Practice of Contestation – Beyond the Liberal Paradigm. In: Constellations 23(1), 37–45.10.1111/1467-8675.12216Search in Google Scholar

Chenoweth, Erica 2021: Civil Resistance. Oxford University Press.10.1093/wentk/9780190244392.003.0001Search in Google Scholar

Chenoweth, Erica/Shay, Christopher Wiley 2022: Updating nonviolent campaigns: Introducing NAVCO 2.1. In: Journal of Peace Research 59(6), 876–889.10.1177/00223433221092938Search in Google Scholar

Chenoweth, Erica/Stephan, Maria J. 2011: Why Civil Resistance Works: The Strategic Logic of Nonviolent Conflict. Columbia University Press.Search in Google Scholar

Çıdam, Çiğdem/Scheuerman, William E./Delmas, Candice/Pineda, Erin R./Celikates, Robin/Livingston, Alexander 2020: Theorizing the Politics of Protest: Contemporary Debates on Civil Disobedience. In: Contemporary Political Theory 19(3), 513–546.10.1057/s41296-020-00392-7Search in Google Scholar

Clarke, Killian 2022: Revolutionary Violence and Counterrevolution. In: American Political Science Review, 1–17.10.1017/S0003055422001174Search in Google Scholar

Collins, Randall 2008: Violence: A Micro-Sociological Theory. Princeton University Press.10.1515/9781400831753Search in Google Scholar

Delmas, Candice 2018: A Duty to Resist. Oxford University Press.10.1093/oso/9780190872199.001.0001Search in Google Scholar

Dorlin, Elsa 2022: Self-Defense: A Philosophy of Violence. Verso Books.Search in Google Scholar

Duong, Kevin 2022: Violence: Introduction to the Special Issue. In: New Political Science 44(1), 27–41.10.1080/07393148.2022.2031024Search in Google Scholar

Dworschak, Christoph 2023: Civil resistance in the streetlight: replicating and assessing evidence on nonviolent effectiveness. In: Comparative Politics.10.5129/001041523X16745900727169Search in Google Scholar

Fanon, Franz 1961: Die Verdammten dieser Erde. 19. Aufl. Suhrkamp.Search in Google Scholar

Frazer, Elizabeth/Hutchings, Kimberly 2019: Can Political Violence Ever Be Justified? Polity.Search in Google Scholar

Fujii, Lee Ann 2010: Shades of truth and lies: Interpreting testimonies of war and violence. In: Journal of Peace Research 47(2), 231–241.10.1177/0022343309353097Search in Google Scholar

Galtung, Johan 1969: Violence, Peace, and Peace Research. In: Journal of Peace Research 6(3), 167–191.10.1177/002234336900600301Search in Google Scholar

Gelderloos, Peter 2013: The Failure of Nonviolence. Active Distribution.Search in Google Scholar

Grimm, Jannis Julien 2022: Mobilisierungsdynamiken, Hegemoniekrisen und neue Protestakteure: Eine Dekade Protestforschung zu den Umbrüchen im Nahen Osten und Nordafrika. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen 35(2), 404–421.10.1515/fjsb-2022-0029Search in Google Scholar

Harding, Sandra 1992: Rethinking Standpoint Epistemology: What is „Strong Objectivity?“ In: The Centennial Review 36(3), 437–470.Search in Google Scholar

Hart, Lindsay 1997: In Defence of Radical Direct Action: Reflections on Civil Disobedience, Sabotage and Nonviolence. In: Purkis, Jon/Bowen, James (Hg.): Twenty-first Century Anarchism: Unorthodox Ideas for a New Millennium. Cassell, 41–59.Search in Google Scholar

Havercroft, Jonathan 2021: Why Is There No Just Riot Theory? In: British Journal of Political Science 51(3), 909–923.10.1017/S000712342000085XSearch in Google Scholar

Hillenkamp, Sven 2022: Klimaaktivismus: Störung und Wirkung. In: Die Zeit.Search in Google Scholar

Hoebel, Thomas 2019: Verkettungen und Verstrickungen. In: Zeitschrift für Theoretische Soziologie 1/2019.Search in Google Scholar

Hoebel, Thomas/Beck, Teresa Koloma 2019: Einleitung: Theorizing Violence: Über die Indexikalität von Gewalt und ihrer soziologischen Analyse. In: Zeitschrift für Theoretische Soziologie 8(1), 4–11.Search in Google Scholar

Hoebel, Thomas/Knöbl, Wolfgang 2019: Gewalt erklären! Plädoyer für eine entdeckende Prozesssoziologie. Hamburger Edition.10.38070/9783868549669Search in Google Scholar

Hooker, Juliet 2016: Black Lives Matter and the Paradoxes of U.S. Black Politics: From Democratic Sacrifice to Democratic Repair. In: Political Theory 44(4), 448–469.10.1177/0090591716640314Search in Google Scholar

Imbusch, Peter 2017: »Strukturelle Gewalt«. Plädoyer für einen unterschätzten Begriff. In: Mittelweg 36. Zeitschrift des Hamburger Instituts für Sozialforschung 26(3), 28–51.Search in Google Scholar

Kadivar, Mohammad Ali/Ketchley, Neil 2018: Sticks, Stones, and Molotov Cocktails: Unarmed Collective Violence and Democratization. In: Socius 4.10.1177/2378023118773614Search in Google Scholar

Kalyvas, Stathis N. 2012: Micro-Level Studies of Violence in Civil War: Refining and Extending the Control-Collaboration Model. In: Terrorism and Political Violence 24(4), 658–668.10.1080/09546553.2012.701986Search in Google Scholar

Karatnycky, Adrian/Ackerman, Peter 2005: How Freedom is Won. Freedom House.Search in Google Scholar

Khalili, Laleh 2013: Thinking about Violence. In: International Journal of Middle East Studies 45(4), 791–794.10.1017/S0020743813000913Search in Google Scholar

Klusemann, Stefan 2010: Micro-Situational Antecedents of Violent Atrocity. In: Sociological Forum 25(2), 272–295.10.1111/j.1573-7861.2010.01176.xSearch in Google Scholar

Loick, Daniel 2012: Kritik der Souveränität. Campus Verlag.Search in Google Scholar

Madhok, Sumi 2018: coloniality, political subjectivation and the gendered politics of protest in a ‚state of exception‘. In: Feminist Review 119(1), 56–71.10.1057/s41305-018-0121-zSearch in Google Scholar

Malthaner, Stefan 2023: Paradigmatische Gräben: Zum Verhältnis von Protest- und Gewaltforschung. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen 36(2).10.1515/fjsb-2023-0020Search in Google Scholar

Manemann, Jürgen 2020: „Hope dies – Action begins“ (Extinction Rebellion) – Plädoyer für eine politische Umweltphilosophie. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen 33(4), 829–833.10.1515/fjsb-2020-0073Search in Google Scholar

Martin, Brian 1970: Advice for dissident scholars. In: Thought & Action 14(1), 119–130.Search in Google Scholar

Martin, Brian 2015: The Dynamics of Nonviolence Knowledge. In: Mobilization 20(4), 533–545.10.17813/1086-671X-20-4-533Search in Google Scholar

Mbembe, Achille 2011: Necropolitik. In: Atzert, Thomas/Karakayali, Serhat/Tsianos, Vassilis (Hg.): Biopolitik – in der Debatte. VS Verlag für Sozialwissenschaften, 63–96.10.1007/978-3-531-92807-4_3Search in Google Scholar

Menke, Christoph 2018: Kritik der Rechte. Suhrkamp.Search in Google Scholar

Nassauer, Anne 2010: Protest und Gewalt. Zur Notwendigkeit einer empirischen Untersuchung situativer Interaktion. Berlin Graduate School of Social Sciences.Search in Google Scholar

Nassauer, Anne 2019: Situational breakdowns: understanding protest violence and other surprising outcomes. Oxford University Press.10.1093/oso/9780190922061.001.0001Search in Google Scholar

Nepstad, Sharon Erickson 2011: Nonviolent resistance in the Arab Spring: the critical role of military-opposition alliances. In: Swiss Political Science Review 17(4), 485–491.10.1111/j.1662-6370.2011.02043.xSearch in Google Scholar

Nepstad, Sharon Erickson 2013: Mutiny and nonviolence in the Arab Spring: exploring military defections and loyalty in Egypt, Bahrain, and Syria. In: Journal of Peace Research 50(3), 337–349.10.1177/0022343313476529Search in Google Scholar

Nepstad, Sharon Erickson 2015: Nonviolent struggle: theories, strategies, and dynamics. Oxford University Press.Search in Google Scholar

Nixon, Rob 2013: Slow Violence and the Environmentalism of the Poor. Harvard University Press.Search in Google Scholar

Orazani, S. Nima/Leidner, Bernhard 2019: The power of nonviolence: Confirming and explaining the success of nonviolent (rather than violent) political movements. In: European Journal of Social Psychology 49(4), 688–704.10.1002/ejsp.2526Search in Google Scholar

Pasternak, Avia 2018: Political Rioting: A Moral Assessment. In: Philosophy & Public Affairs 46(4), 384–418.10.1111/papa.12132Search in Google Scholar

Pinckney, Jonathan 2016: Making or Breaking Nonviolent Discipline in Civil Resistance Movements. International Center on Nonviolent Conflict.Search in Google Scholar

Pineda, Erin R. 2021: Seeing Like an Activist: Civil Disobedience and the Civil Rights Movement. Oxford University Press.10.1093/oso/9780197526422.001.0001Search in Google Scholar

Rawls, John 1979: Eine Theorie der Gerechtigkeit. 23. Auflage. Suhrkamp.Search in Google Scholar

Rucht, Dieter 2023: Die Letzte Generation: Eine kritische Zwischenbilanz. In: Forschungsjournal Soziale Bewegungen 36(2).10.1515/fjsb-2023-0018Search in Google Scholar

Schock, Kurt 2005: Unarmed Insurrections: People Power Movements in Nondemocracies. University of Minnesota Press.Search in Google Scholar

Scott, James C. 1985: Weapons of the weak: everyday forms of peasant resistance. Yale University Press.Search in Google Scholar

Shantz, Jeffrey 2000: A post-Sorelian theory of social movement unity: social myth reconfigured in the work of Laclau and Mouffe. In: Dialectical Anthropology 25(1), 89–108.10.1023/A:1007101423112Search in Google Scholar

Sharp, Gene 1973: The politics of nonviolent action. P. Sargent Publisher.Search in Google Scholar

Sorel, Georges/Lichtheim, George 1981: Über die Gewalt. Frankfurt am Main.Search in Google Scholar

Svensson, Isak/Lindgren, Mathilda 2011: Community and consent: Unarmed insurrections in non-democracies. In: European Journal of International Relations 17(1), 97–120.10.1177/1354066109350049Search in Google Scholar

Teorell, Jan 2010: Determinants of Democratization: Explaining Regime Change in the World, 1972–2006. Cambridge University Press.10.1017/CBO9780511762727Search in Google Scholar

Thaler, Mathias 2018: Naming Violence: A Critical Theory of Genocide, Torture, and Terrorism. Columbia University Press.10.7312/thal18814Search in Google Scholar

Volk, Christian 2014: Ziviler Ungehorsam in modernen Demokratien. Eine Nachlese in demokratietheoretischer Absicht. In: sub\urban. zeitschrift für kritische stadtforschung 2(2), 137–142.10.36900/suburban.v2i2.144Search in Google Scholar

Wedderburn, Alister 2021: Violence, justice and justification. In: Radical Philosophy (211), 56–60.Search in Google Scholar

Wikström, Per-Olof H./Treiber, Kyle H. 2009: Violence as Situational Action. In: International Journal of Conflict and Violence 3(1), 75–96.Search in Google Scholar

Winter, Yves 2012: Violence and Visibility. In: New Political Science 34(2), 195–202.10.1080/07393148.2012.676397Search in Google Scholar

Yuval-Davis, Nira/Stoetzler, Marcel 2002: Standpoint Theory, Situated Knowledge and the Situated Imagination. In: Feminist Theory 3(3), 315–333.10.1177/146470002762492024Search in Google Scholar

Published Online: 2023-06-03
Published in Print: 2023-06-02

© 2023 bei den Autorinnen und Autoren, publiziert von De Gruyter.

Dieses Werk ist lizensiert unter einer Creative Commons Namensnennung 4.0 International Lizenz.

Downloaded on 30.4.2024 from https://www.degruyter.com/document/doi/10.1515/fjsb-2023-0019/html
Scroll to top button