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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 2.1886-1887

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Pecht, Friedrich: Unsere Bilder, [23]
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Personal- und Ateliernachrichten - Denkmäler etc. - Ausstellungen, Sammlungen etc. - Vermischte Nachrichten - Kunst-Literatur und vervielfältigende Kunst - Vom Kunstmarkt
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https://doi.org/10.11588/diglit.9417#0366

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Unsere Bilder. vom kerausgeber — personal- und Ateliernachrichten — Denkmäler rc.

285

Pantoffel geraten wird, wer möchte daran zweifeln?
Diese stolze Mannhaftigkeit wiederzugeben, welche den Kampf
mit einer halben Welt nicht aufzunehmen zögerte, den
andere mit Gift und Dolch führten, das ist Paul Thumann
— Dank seinem Vorbild Cranach — vortrefflich dar-
zustellen gclungen. Warum sollten wir auch die Erb-
schaft unserer Väter nicht benützen, da wir ihre Schulden
so oft bezahlen müssen? Es ist hier überdies ein ächt
künstlerisches Verdienst, wie der nationale Zug, der durch
das Ganze geht und ihm immer seinen Wert erhalten
wird.
Ächte kleine, flachshaarige deutsche Dickköpfe gibt uns
dann Hugo Havenith in seinen spielenden Kindern,
welche sich da im Grünen gelagert haben, nachdem sie sich
auf der Wiese Blumen gesammelt. Jetzt sehen sie zu, wie
sich dem jüngsten ein Schmetterling aufs Händchen gesetzt,
den es mit seinen großen Kinderaugen bewundert. Das
ist nun in lebensgroßen Figuren mit so viel Naturgefühl
und malerischem Talent gegeben, daß das liebenswürdig
harmlose Frühlingsbild mit Recht allgemein gefiel auf der
letzten Berliner Ausstellung. Kein Zweifel, daß der
einstige Schüler des Löfftz und Diez, eine schöne Znkunft
verheißt, wenn er sich diese Eigenschaften zu erhalten weiß,
was keineswegs so leicht ist, als man oft meint. Denn
nirgends gilt mehr, als in der Kunst, daß man keinen
Tag seines Besitzes sicher ist und ihn beständig vermehren
oder — schwinden sehen muß. — Am allerschwersten
scheint es aber, sich die jugendliche Frische und Naivität
der Empfindung zu bewahren, die uns auf diesem, wie auf so
vielen Erstlingsbildern junger Künstler entzückt und dann
nur zu ost schou beim zweiten über dem ewigeu Räsonieren
und Dreinreden der Genossen geschwächt worden ist. Darum
wird, wer ein gesnndes Talent besitzt, imnier am besten
thnn, sich beim Arbeiten gleich Diez oder Leibl ganz ab-
zuschließen, statt sjch in seiner Empsindung von den Dingen
beständig irre machen zu lassen.
Nur selteu gelingt es aber einem Künstler, sich lange
auf gleicher Höhe zu erhalten, wenn er sich keine neuen
Aufgaben mehr stellt, wie dies bei dem Frankfurter
Schreyer, der Fall zu sein scheint, der seit Jahrzehnten
die schlechten Landstraßen Ungarns und der Wallachei sort-
während mit seinen Postgäulen besährt wie auf unserem
Bilde. Wenn ihm dieses dennoch glückte, so hat es seinen
Grund wohl darin, daß Schreyer vor allem ein koloristisches
Talent ist und sich demgemäß auch nur neue Farbenpro-
blenie stellt. Damit kann man es lange aushalten, wie wenn
man Sonaten oder Lieder ohne Worte komponiert. Daß
unser Frankfurter aber gute Musik macht, das kann man
auch auf dieser Komposition voll Feuer und Leben nicht
verkennen.
Von den Pferden zu den Eseln oder Schafen ist
nur ein Schritt und so gehen wir denn auch gar leicht
zu deu letzteren über, wie sie uns Braith so meisterhaft
in seiner lebensgroßen Studie vorführt. Ohne Zweifel fällt
niemandem weniger als ihm ein, gleich Landseer den Tieren
menschliche Antriebe zu leihen und durch solche Maskerade
nnser Jnteresse erst fesseln zu wollen. Die Parallelen
bieten sich ja dennoch von selbst dar. Oder wer könnte
verkennen, daß wir hier eine wollhäbige bürgerliche Familie
bei ihrem Sonntagsspaziergang vor uns sehen, die lieben
Kinder lnstig hüpfend vorans, die würdigen Eltern hinter-
drein, Papa botanisiercnd und Mama an ihn gelehnt,
sorglich die Kleinen bewachend. Welch' jugendlicher Mut-

wille in den beiden jüngsten, wo die Schwestcr einstweilen
das schwarze Brüderchen neckt, während die ältere offen-
bar bereits hangend nnd bangend, gedankenvoll über fremde
Böcklein nachsinnt. Man sieht, es ist eine Szene voll
tiefer Gemütlichkeit, bei der es eigentlich ja gar keinen
Unterschied macht, ob die einzelnen auf vier oder auf
zwei Beinen gehcn, da sie das Jägerkostüm alle miteinander
bereits eingeführt haben. Sieht man aber die großartige
Meisterschaft, mit der alles dargestellt ist, so wünscht man
unwillkürlich, daß doch unsere Historienmaler ihre Helden
mit ebenso viel Wahrheit ausstatten lernen möchten, als
Braith an diese Schilderung stillen Familienglücks gewendet.

Personal- und MlrliLrnnchrichien
vm Die Stadt Paisau hat dem Maler Ferdinand
Wagner, dein Schvpser der sehr gelungenen Festdekoration der
Stadt gelegentlich der jiingsten Durchreise des Prinzregenten von
Bayern das Ehrenbiirgerrecht verliehen.
— Maler Philipp Schmitz, eine heitere Knnstlernatnr
und eines der beliebtesten Mitglieder der Düsseldorfer Malerkolonie,
ist im dllter von 63 Jahren gestorben. Jhm verdankt der Dnssel-
dorfer „Malkasten" die Erfindung seines Namens.
vm Die deutsche Bildhauerkunst hat am Pfiiigstmontag, dem
30. v. Mts., einen ihrer bedeutendsten Bertreter in Prof. Friedrich
Wolff im Alter von 71 Jahren durch einen Schlagslnß verlvren.
Sein Spezialgebiet war bekanntlich die Tierplastik, in welcher er
sich namentlich dnrch die Darstellung leidenschaftlich erregter Tiere
vor allen Zeitgenossen auszeichnete. Wohl sein bekanntestes Werk
ist die prachtvolle bronzene Löwengrnppe im Tiergarten bei Berlin.
— Am 14. Mai starb in Mnnchen Prof. Wilhelm Hau-
schild, welcher, im Jahre 1827 im Negierungsbezirk Breslan ge-
boren, sich aus eigener Kraft vom Webergehiilfen znm Kunstler
durcharbeitete und sich in letzter Zeit speziell der Dekorations-
malerei zuwandte. Sein bedeutendstes Ölgemälde ist die Kren-
zigung Christi im Maximilianeum zn Miinchen.
— Professor Kaspar Zumbnsch in Wien hat den kgl.
bayr. Maximiliansorden erhalten.
ss DaS Porträt des Prinzregenten von Bahern im Hubertus-
ordenskleide, welches Winfried von Miller im allerhöchsten
Auftrage malt, nahl seiner Bollendung. Es wäre zu wiinschen,
daß dieses erste authentische Bild des Prinzregenten, zu welchem
derselbe wiederholt Sitzungen bewilligt hat, in Miinchen verbliebe.
js München. Die Maler Moritz Röbbecke und Ed.
Ilnger, welche bereits den Wandschmuck des Case Gaßner in
Miinchen in eigenartiger, höchst sinnreicher Weise ausführten,
arbeiten gegenwärtig an der kiinstlerischen Ülusschmiickung eines
großen Cafe in Halle a. S.

Denkmälrr rkr.
vm ?lm Geburtstage Richard Wagners — dem 22. Mai —
wurde in Weimar die von dem allgemeinen deutschen Musik-
verein gestiftete Büste F-ranz Liszts enthüllt, welche das in der
großherzogl. Gärinerei anzulegende Liszt-Mnseum zu schmücken
bestimmt ist. Liszt hat dem Künstler — Bildhauer Lehnert in
Leipzig — hierzn noch im Juni vorigen Jahres gesessen. Die
Büste ist somit auch als das letzte nach der Natur gefertigte
Bildnis des großen Tomneisters interessant. Sie gibt ihn, dem
Vernehmen nach, mit rühmenswerter Porträtähnlichkeit und Wahr-
heit der Charakteristik wieder, ohne darum doch einer gewissen monu-
mentalen Wirkung zu entbehren.
vm Jn Wien wurde am 31. Mai das Hahdn-Denk-
mal von Heinrich Natter in Gegenwart des Kaisers und des
Kronprinzen seierlich enthüllt. Die Statue des Tondichters ist
8 V- Fuß hoch in karrarischem Marmor ausgeführt und als treff-
lich gelnngen zu bezeichnen. Natter hat damit nicht nur die
Stadt Wien um ein bedeutendes Knnstwerk bereichert, sondern
gleichzeitig auch eine That seltener iineigennützigkeit vollbracht,
insofern er das Denkmal dem Komitee kostenlos übergab.
vm Gottfried Semper ist am 21. vor. Mts. im Poly-
technikum seiner Vaterstadt Zürich ein Denkinal, bestehend in
einer vom Bildhauer Kißling lebensvoll ausgeführten Marmor-
büste, errichtet worden.
 
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