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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 3.1889-1890

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Heft 11
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K. L.: Sprechsaal: in Sachen: Mozart contra Wagner
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Aus der Bücherei
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https://doi.org/10.11588/diglit.8793#0184

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-A

Mode-Haus wird dem still segensreich wirkenden!No°
zarteum sehr fragwürdig geholfen. ksat ^err v. Frei-
sauff keine stichffaltigen Gründe für die Festsxielidee,
so müssen wir schon in unserer wohlbedachten Mppo-
sition beharreir. Deutschland braucht die Lsebung seiner
Gxernbühnen, braucht fleißigste Mozartpflege, aber

kein Spiegelbild von Bayreuth an der Salzach."

wir unsererseits haben dem Festausschusse doch
wohl kaum zu bemerken, daß unsere Gegnerschaft
gegen den plan uns nicht abhalten würde, etwa that-
sächlich vorliegende Leistungen s. Z. anzuerkennen. Die
Sache ist für uns vorläufig erledigt. R.-L.

Rus der WücbereL.

Ä» Geistesblitze grosser /Ibänner. Für freio Dcnker
gesammelt von R. A. Brodtbeck. tLeipzig, L. G. Nau-
mann.) Den Standpunkt dieser Anthologie von Ausspriichen
bezeichnet der Nebentitel. Der verfasser ist „während mehrerer
Iahre rüstigen Stndiums der deutschen Literatur .... — leicht-
sinnig zu reden — so nebenbei zu dem Zitatenschatze ge-
kommen"; dieser trägt denn auch das Gepräge der Zufällig-
keit an sich. Giebt man dem verfasser seinen Standpunkt
zu, so wird man trotzdem nur einen wesentlichen lVunsch
äußern können: daß nämlich der Titel lautete etwa „Geistes-
blitze aus Fr. Nietzsches nnd einiger Anderer tverken". Nietzsche
nämlich steht im Nkittelpunkte des Ganzen, und so wäre der
Titel in letzterer Fassung bezeichnender. Daß auf Nietzsche,
diese Verkörperung des im engeren lVortsinn „Geistreichen"
in unserer Philosophie, durch diescs Buch wieder einmal
energisch hingewiesen wird — das zn tadeln, wären wir frei-
lich die letzten. Denn Nietzsche ist eine Lrscheinung, die Freund
und Gegner in sich verarbeiten müssen, ehe sie sagen dürfen,
wir verstehen, ja nur: wir kennen unsere Ieit.

Lvvei »drscblvvcrke hat die „Deutsche verlagsanstalt"
in Stuttgart dem Publikum fchon aus den Meihuachts-, uns
aber leider erst kürzlich anf den Redaktions-Tisch gelegt. Aommen
wir deshalb mit ihrer Empfehlung post testum, so hoffentlich
für Manche doch nicht zu spät — deun es handolt sich um
veröffentlichungen, die auch ein anderes Licht als das des
Aerzenbaumes vertragen. Insbesondere L. von Gonzen-
bachs „Nilfahrt" sgeb. M. 20), mit 20z Illustrationen im
Text, 40 Lichtdruckbildern und vielcn Randvignetten von Ra-
faello lklainella, ist eine in jeder Beziehung gediegene
Publikation. Das Tagebuch, das der verfasser bescheiden nur
herauszugcben „wagt" zum Geleite der Bilder Mainellas, mit
dem gemeinschaftlich er die Nilfahrt unternahm, hat doch auch
selbstsrändigen lvert; Alainellas Bilder aber, mit dcr vollsten
Beherrschung der neuen italicnischen Ieichen- nnd besonders
Tuschtechnik die Ergebnisse ebenso fcharfer wie charakteristischer
Beobachtung festhalteud, gehören zum Bcsten, was in Lgypten
überhanpt gemalt oder gezeichnet worden ist. Die Reproduktion
in Lichtdrnck ist vorzüglich; Blätter wie z. B. Lhan Lhalil
wirken im Reichtum der Töne fast so farbig wie ein italienisches
Aquarell. Aurz: ein ernsthaft zu cmpfehlcndes gutes Buch.
Das zweite aus gleichem verlage ist: „Airchw e i h", Gcdrchte
in oberbayrischer Nundart von Aonrad Dreher, illustrirt
von Alünchner Künstlern M. ;o). Dreher gehört zu den talent-
vollen jener oberbavrischen Dialektdichter, die iin Anschluß an
Stieler mit Vorliebe die kurze, dem Lpigramme verwaudte,
kennzeichnende Anekdote pflegen. Die Gattung,, zu der auch
diese jdublikation gehört, leidet unter eincm Übelstand, von
dem ich nicht begreife, daß ihn auch feiueres ästhetisches Ge-
fühl so selten zn empfinden scheint: es däncht mir mißlich, ein
einheitliches lverk von verschiedenen Aünstlern illustriren zu
lassen. Auf der Scite des Terts ein einheitlicher Geist, auf
der andcrn eine Buntheit aus verschiedonen Aünstlerpersönlich-
keiten — es geht nicht znsammen. Macht ein Schriftsteller zu
allerhand Studienblättern einen „verbindenden" Text, so wird
die Sache dadurch nicht besser: nur zwei Allnstlerpersönlichkeiten
können sich, sozusagen, znin Schaffen eines künstlcrisch wahrhaft
lebendigen Illustrationswcrkes verheiraten, nicht mehr, gleich-
viel, ob in dieser Aunstohe Maler oder Poet der eigentliche
kserr der Schöpfung ist. Als einzelne Blätter sind viele im
vorliegenden Buche erfreulich: so einer der besten Vberländer,
die wir kennen, und zum Teil fehr gute Blätter z. B. von
Samberger, Diez, Grützner, Ll. lNeyer, F. A. Kanlbach,
Schretter, Firle, Aauffmann.

Ävr klldorlvenscbalz Mr dtc grapbtscben Hrünsle.
80 Tafeln als zwei Sammlungen, je Nl. s8 in lNappen.
(Wien, Thiel Schkerl.) — Lin vorlagenwerk, „auf Anregung
von Fachleuten von bekannten lViener und Münchner Aünst-
lern geschaffen", enthaltend „eine große Answahl von lNnstern

zu Arbeiten, wie sie dem graphifchen Aünstler täglich vor-
kommen", um diesem „fowohl als wichtiges ksilfsmittol zu
dienen, wie auch Anregung zu eigenem Schaffen zu bieten".
Also: Allegorien, Lmbleme, Brieftöpfe, Linladungen, Tanz-,
Tisch- u. a. Aarten, Ltiketten, Iierrahmen usw. Dem kllnst-
lerischen lverte nach bietot die Sammlung sehr Ungleiches:
manches ist sowohl stillos wie schlecht gezeichnet, anderes mag
als Anregung für die jdhantasie willkommen sein, anderes ist
an und für sich gut. Ium letzeren gehören die zahlreichen
Arbeiten von A. Uloor, die allein unserer Meinuiig nach die
Anschaffung des Werks für die Areise, dio in Frage kommen,
rechtfertigen würden: sie sind sast ohne Ausnahme iu dem
oder jenem interessant, während einzelne Blätter unter ihnen
getrost musterhaft genaunt werdcn dürfen.

Ä-r Tanagraklguren in Nachbildungen aus R. Lech-
ners Aunstverlag in lVien. — Sie haben einen Sieges-
lauf ohne Gleichen durch d>e bferzen derAunstfreunde genommen,
die kleinen Auferstandenen aus den Gräbern von Tanagra,
die in Tausenden von Nachbildnngen in den letzten beiden
Iahrzehnten durch die lVelt reisten. lvohin sie kamen, da
hat man sie bejubelt, Aüustler wurden von ihnen begeistert,
Gelehrte ließen zu ihrem Preise die „Nüchternheit" ihrer
Sprache b iseit, Dichter haben sie besungen. Ieder weiß von
ihuen, und eben deshalb ist auch unfere Aufgabe heut wahrlich
nicht, sie zu beschreiben. lvas aber macht sie so wundersam
geeignet zu kleiuen ksausgenoffen, daß sie jedem, dem ihr Reiz
überhaupt erst aufgegangen, nie langweilig, daß wir ihrer
nie müde werden? Das Beruhigende, das ihnen eignet.
lvas wir hier sehen, ist wedcr an Lmpfindung und Absicht
sonderlich tief, noch ist es bewußt geistreich, es ist nur an-
mutig, aber aumutig im höchsten Grad. Daß diefer höchste
Grad nicht übertricben ward, das ist der Beweis unbefangener
Ursprünglichkeit des edelsten antiken Aunstgefühls, — will
man aninutig sein, so geht es leicht, wie es in solchen Fällen
zumeist uns kseutigen geht: statt der Aninut erzeugen wir
nnr ihr Surrogat, die Lleganz. In der Iwanglosigkeit ihrer
Bewegung, die sich doch gleichsam abwiegt in Lurhythmie, in
der anspruchslosen Linfachheit der Motive, in der lvahl der
Alittel, von denen, dem Gesetze vom kleiusten Araftmaß ent-
sprechend, ganz gefühlsgemäß nie mehr verwendet scheinen,
als nätig sind zur Lrreichung des Iwecks — in all dem sind
die Tanagrafiguren echt anmutsvoll, nicht elegant. Und wie
das lvie dieser Aunst den Aünstler und den Beschauer über
dem lverklcin sich selber vergessen macht, daß wir nicht im
Gcringsten crregt werdcn durch dies oder das Absichtliche,
Vordringliche oder versteckte, daß alles klar, schlicht, woblthuend
und somit beruhigend auf uns einwirkt wie eine leise und
holde Ulelodie, so thut das lvas, der Gegenstand solcher Alein-
bildnerei das Seinige dazn, das friedliche Behagen zu erhöhen.
Ls ist heitere, gehaltenc Daseinsfreudigkoit, die uus gezeigt
wird. Nun wurdc aber bisher in der Nachbildung der Tanagra-
siguren für den Aunsthandel oft oin bischen „gefext". Älan
modellirte von den Vriginalen, so zu sagen, auch die Nage-
spuren des Zahns der Zeit mit ab, man machte anfangs die
Risse und Sprünge mit nach, den Schmutz, die Folgen des
Abspringens nnd verderbens der Farbstoffe, man gab auch
technische Ulängel und Nachläsfigkeiten, gehorsam dem Zufall,
wieder. Das thaton nun u. A. dre Aünstler nicht, die für
die Lechnersche Anstalt arbeiten: sic stellten sich den Antiken
gcgenüber nicht wie unterthänige Bediente, die zu jeder Außcr-
ung des kferrn ergebensten Beifall lächeln, sondern wie treu
verstehende Freunde, die eben deshalb, weil sie das innere
Leben des Frenndes mitempsinden, es auch bemerken, wenn
es ihm einmal nicht glückte oder wenn er ein wenig zu be-
quem dazu war, sich auch für andere recht verständlich zu
machcn. Sio formten, um nnbildlich zu sprecheu, das nur
Skizzirte sorgsam weiter, ergänzten kleine Mängel, über-






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