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Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 15,2.1902

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Heft 20 (2. Juliheft 1902)
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Schultze-Naumburg, Paul: Kulturaufgaben: Arbeiterkolonieen bei Städten
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Lose Blätter
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https://doi.org/10.11588/diglit.8191#0383

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Land zog und schwere Regenschauer niederprasselten, fingen die Tapeten
an sich wässerig zu trüben und naß zu glänzen, bis sie abfielen. Man
war schlimrn hereingefallcn mit dem billigen Bauen, denn man war
nun gezwungen, die Außenwände des Baues neu zu verkleiden. Wic
man auf der Abbildung sieht, verbesserte man den untercn Teil mit
Ziegelsieincn, während der obere Teil mit Holz verschalt wcrden soll.
Natürlich kosten die gesamten Neuaufwendungen zusammen mit der
ursprünglichen Anlage mehr, als wenn man gleich ordentlich solid ge-
baut hätte.

Die übrige trostlose Gestaltung des Hauses spricht für sich sclbst.

Paul Schultze-Naunibura.

Llättsr.

6rotzvater Krckip unct lüenka

von Max Gorjki.

Vorbemerkung. Wir bitten über Gorjki den Aufsatz zu vergleichen,
den BartclS in diesem Hefte bringt. Die ergreifende Erzählung, die wir wieder-
geben, ist der von A. Scholz bcsagten dcutschcn Ausgabe .ausgcwählter Er-
zählungen« Gorjkis entnommen, die bei Bruno Cassirer in Berlin erschicnen
ist. Eine zweite sehr gutc Ausgabe ist in Lcipzig bei Eugen Diederichs erschicnen.
Einzelne Bücher dcs Tichters haben auch noch andere Verlegcr in deutschcn
Uebersetzungen herausgegebcn z. B. Bentcli in Vcrn und N. Wöpka in Leipzig.

*

Die Fähre erwartend, hattcn sie sich beidc in den Schattcn des steil ab-
fallenden Ufers gelegt und schauten lange schweigend auf die rasch dahincilenden,
trüben Fluten des Kuban, der zu ihren Fützen raufchte. Lenka war einge-
schlummert, Grotzvater Archip aber, der einen dumpfen drückenden Schincrz
in der Brust fühlte, konnte nicht schlafcn. Von dcm dunklcn Hintergrunde des
Erdbodens hoben sich ihre abgerissenen und zusammengckrümmten Gestaltcn
wie zwei elende Bündel, ein grötzeres und ein kleineres, ab; und ihre von
Müdigkeit und Hitze erschöpften, sonnenverbrannten, staubbedeckten Gesichter
patzten ganz zu der Farbe der braunen Lumpen, die ihre Glieder bedeckten.

Grotzvater Archip hatte seine lange,hagere Gestalt quer über einen schmalen
Sandstreifen hingestreckt, der sich wie ein gelbes Band am User zwischen dem
jähen Abhang und dem Flusse hinzog, während dcr schlasende Lcnka, klein und
gebrechlich, zusammcngerollt gleich einem 5tringel an seiner Seite ruhte und sich
neben dem Grotzvater wie ein dürrer Ast ausnahm, der vom Stamme abge-
brochen war — von cinem altcn, vertrockneten Stamme, den die kalten Wogen
des Flusses hierhergetragen und mit krüftigem Wurf ans Ufer geschleudcrt hatten.

Den Kopf auf die Ellcnbogcn gestützt, schautc der Altc nach dem jen-
scitigen Ufcr, daZ von Sonnenlicht übergosscn und von dürftigem Wcidengcbüsch
eingesüumt war. Zwischen dcn Wciden schaute an einer Stclle der schwarze
Rand der Fähre hervor. Als grauer Streifen zog sich ein Weg vom Flusse
bis tief in die Steppe; in seiner schnurgeraden Richtung und seincr langweiligen
Eintönigkeit lag ctwas Trostloses, das den Grotzoater traurig stimmte.

Seine trüben und entzündcten Augen mit den rvten, vcrschwollcncn
Lidern blinzelten unruhig, und das von Nunzeln durchfurchte Gesicht war gleich-
sam erstarrt in dem Ausdruck drückendcr Sorge und Pein. Von Zeit zu Zeit

2. Inliheft tdv2
 
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