Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Der Kunstwart: Rundschau über alle Gebiete des Schönen ; Monatshefte für Kunst, Literatur und Leben — 11,2.1898

DOI Heft:
Heft 15 (1. Maiheft 1898)
DOI Artikel:
Hugo Wolf
DOI Artikel:
Sommer, Hans: Die Wertschätzung der Musik, [3]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.7956#0092

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
'lebendiger Erzähler, bei dem alle Gcstalten in ihrer Art sofort leben und sich
einprägen. (Eins der bedeutendsten Stücke dieser Art ist »Epiphanias init den
drei Königen«. Gravitätisch der erste, beweglich der zweite, kokett der dritte.)
Er ist ein unwiderstehlicher Humorist, er ist sinnig und zart, und ebenso ver-
steht er sich aufs Kecke und Ausgelassene. Er beherrscht die Allgemeingefühle
und weiß uns ebenso zwingend in die besonderen und nbsonderlichsten Lagen
und Stimmungen zu versetzen. Er zeichnet einen Griesgram, cinen Alberich
ebenso zum Greifen, wie eine Philine, einen Mephisto. Sieht man aus den
Nmschlügen der Hefte, daß cr sich an Goethcs Harfner und Mignonlieder macht,
so glaubt man vor einer Neberhebung Schubert und Schumann gegenüber zu
stehen. Aber tritt man in die Kompositionen ein, kommt vor Stellen, wie
»Dahin, o mein Geliebter«, so kann man nur gestehen, daß daS keiner vor Wolf
so getroffen hat. Vergleicht man daS Heft der Gesänge aus dem Schenkenbuch
in seinem tollen, barbarischen, bacchautischen Uebermut mit dcn Suleikaliedcrn
in ihrer zarten, von aller Sentimentalität freien Weiblichkeit, ihrer, die ver-
zehrende Leidenschaftlichkeit doch andeutendcn Jnnigkeit — sicht man, wie er
in den Mörikeschen Gesängen Volkstümlichkeit und Seelcngröhe verbindct, daS
Aeußere und Jnncre gleich meisterhaft darstcllt — so ist dcs Erstaunens über
die Kraft und dcn Umfang dieses Talents kein Ende. Dieser Wolf ist ein
Gcnie, von dessen Glanz dereinst mehrere Strahlen auf die ganze Liederkompo-
sition seiner Zeit fallen werdcn.'"

DLe lAertscbützuirg der Kmsikr.

(Schluß statt Fortsetzung.)

Wie schon oben erwähnt, ist jcdcs Musikwcrk, desscn Urheber seit drcißig
Jahrcn tot, gcsetzlich für Druck und Aufsührung frei. Wodurch ist das ge-
rechtfcrtigt? — Ein Grundstück, ein 5tapital, daS auf meine Erbeu und dann
auf deren Erbcn übergeht, darf auch spüter von Nicmand angetastet werden.
Weshalb aber verfüllt dann das geistigc Eigentum? WcShalb gerade dieses,
das häufig zu jcner späteren Zeit erst zu vollcr Würdigung gelangt, dann erst
beginnt, seine Zinsen zu tragen? Soll damit etwa der Schutz bezahlt werden?
Ein rccht kostspieliger Schutz, fürwahrl Aber mein andcres Eigcntum wird
doch auch geschützt, ohne daß es mich mehr als die schlichte Erfüllung meiner
Staatsbürgerpflichten kostete?! Handelt es sich etwa um eine Expropriation?
Dafür aber müßte doch ein öffentliches Jnteresse vorliegen. Die Bereicherung
unserer Verleger und Thenterunternehmcr kann indeß dafür nicht ins Treffen
geführt werden; ebensowcnig die — zu verderblichen Zkonseguenzen führcnde
— Massenproduktion billiger Ausgaben. Profitabel mag es sein, die beste
Musik zu Schleuderpreisen zu erhalten; profitabel würde es aber nicht mindcr
sein, wenn der Nachlaß aller unserer Kapitalisten dreißig Jahre nach ihrem
Tode zur allgemeinen Verteilung gclangtc, oder der Wald, den Jemand an-
gepflanzt, den er aber kaum zu verwerten vermocht hat, nach Ablauf jener
gesetzlichen Frist Jedermann zur Ausholzung preisgegeben würde. Ein öffent-
lichcs Jnteresse wäre aber gewiß in dem cinen Falle ebensowenig wie im an-
dern geltend zu machcn.

Doch sei's darum! An der Expropriation — darauf läufts doch hinaus —
möge nicht gerüttelt, nach Ablauf dcr Schutzfrist soll das musikalische Eigentum
enteignet werden! Jst eS aber deswegen nötig oder ratsam, ferner diese Schätze
 
Annotationen