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Zeitschrift des Kunst-Gewerbe-Vereins zu München — 25.1876

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Eingabe des Münchener Kunstgewerbe-Vereins an das kgl. Staatsministerium des Inneren
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müsse, damit sind wir sehr einverstanden, es liegt im eigenen In-
teresse der Aussteller.

Dagegen kann der Grundsatz, bloß größere und ange-
sehenere Firmen zuzulassen, bei uns wenigstens ans das Gebiet
der Kunst-Industrie keine Anwendung finden; Deutschland be-
sitzt wenige große kunstindustrMe Anstalten und es ist eine
auch durch unsere Ausstellung bewährte Erfahrung, daß sehr
häufig die Perlen des Kunstfleißes in den Werkstätten kleiner
Meister zu suchen und zu finden sind.

Bei einer strikten Anwendung des oben erwähnten Grund-
satzes würde eine richtige Darstellung der Leistungen deutscher
Kunstindustrie gar nicht möglich sein.

Ein fernerer höchst wichtiger Punkt für die Abtheilung
der Kunst-Industrie ist die Frage, in welcher Form und in
welchem Zusammenhänge die Gegenstände nach dem Programme
der französischen Regierung zur Anschauung gebracht werden
können.

Hier möge nun gestattet sein, auf die Erfahrungen zurück-
zukommen, welche in dieser Hinsicht bei der deutschen Kunst-
und kunstgewerblichen Ausstellung in München gemacht wor-
den sind.

Obgleich die Art und Weise der Aufstellung, wie solche
durch Verbindung der Kunst mit der Kunst-Industrie und
durch die Bildung vollständig eingerichteter Jnnenräume in
München zur Ausführung gebracht wurde, zunächst als ein
erster Versuch auf diesem Gebiete sich darstellt, so hat diese
Methode des Arrangements nach dem allgemeinen llrtheil der
Sachverständigen solchen Beifall erhalten, daß diese Methode
bei allen Knnst-Jndustrie-Ausstellnngen eine große Bedeutung
erlangen und behalten wird.

Daß Gegenstände der Kunst-Industrie — welche einzeln
ohne Belang erscheinen — in einem gewissen Zusammenhänge
und harmonischem Gesammtbilde und nach einem künstlerisch
durchdachten Plane zur Darstellung und Anschaunng gebracht,
für den Beschauer ganz anders wirken und zur angestrebten
Geltung gelangen, hierüber wird keine nähere Erläuterung
nothwendig erscheinen.

Gerade der französischen Knnstindnstrie gegenüber bedarf
es einer solchen zusammenfassenden künstlerisch ge-
ordneten Darstellung der deutschen Kunst-Industrie, um sie
nach ihrer Eigeuthümlichkeit und nach ihrem wirklichen Werthe
zur Anerkennung zu bringen.

Wenn man die Räume der Münchener Ausstellung durch-
gieng, so weilte das Auge des Beschauers am liebsten in den
abgeschlossenen Cabineten von Seidl, Pössenbacher, Steinmetz rc.
und noch eher in den minder hervorragenden Räumen von
Bembe, Pallenberg rc., als auf den jahrmarktartigen Auf-
häufungen der Arbeiten im mittleren Raume des Glaspalastes.

Sicherlich wäre es den künstlerischen Kräften in München
gelungen, diese Aufstellung zu noch größerer Vollendung zu
bringen, wenn nicht die Kürze der Zeit, welche der Ausführ-
ung zugemessen war, die Unerfahrenheit bei dem ersten Ver-
suche und die Scheu vor diesem neuen Prinzip hindernd eut-
gegengetreten wären.

Bei entsprechender Raumzuweisnng in Paris würde es
leicht gelingen, eine harmonisch ineinander greifende Reihe voll-
ständig eingerichteter Räume, Salons, Speisesäle, Schlafcabinete,
Ranch- und Bibliothekzimmer bis zur deutschen Küche herab,
mit angemessenen Vorhallen in einer Weise herzustellen,' daß
dadurch die Leistungen und die Eigeuthümlichkeit der deutschen
Kunstindustrie höchst wirksam zum Ausdrucke kämen.

Das veröffentlichte Programm der Pariser Ausstellung
würde in der Gruppe III die Durchführung einer solchen Me-
thode größtentheils ermöglichen, ohne die angenommene allge-
meine Classification zu stören; freilich dürfte die Verbind-
ung von Kunst und Industrie in keiner Weise uns erschwert
werden.

Als eine wesentliche Voraussetzung müßte aber angenommen
werden, daß die Ausführung der Ausstellung in diesem Gebiete
nicht den einzelnen Ausstellern überlassen, sondern erfahrenen
künstlerischen Kräften unter Zugruudelage eines bestimmten
Planes und Systems anvertraut würde.

Ans diesem Wege allein würde nach den in München
gemachten Erfahrungen eine würdige Repräsentation der Kunst-
industrie der einzelnen Ländergruppen Deutschlands zu er-
reichen sein und unter solchen Voraussetzungen würden auch die
hervorragenderen Kuustindustriellen München's gerne zu
einer regen Betheiligung an der Pariser Ausstellung sich ent-
schließen.

Faßt man vorstehende Erläuterungen zusammen, so läßt
sich das Resultat der Berathungen dahin bezeichnen, daß in den
kunstindustriellen Kreisen anerkannt wird, daß Deutschland von
einer Betheilignng an der Pariser Weltausstellung sich nicht
ausschließeu könne und solle, daß auch in diesen Kreisen die
Bereitwilligkeit zu einer Betheiligung angenommen werden
kann, daß aber diese Antheilnahme durch die Gewährung ent-
sprechender Hülfe und Unterstützung und durch die Möglich-
keit bedingt erscheint, die Kunstindustrie Deutschlands in der
hier angedeuteten, ihr entsprechenden Form und in einem künst-
lerisch geordneten Zusammenhänge zur Darstellung zu bringen.

Gerne bereit, diese Gedanken, wenn es nöthig sein sollte,
noch näher zu erläutern und die Möglichkeit der Ausführung
klarer zu beleuchten, verharret ehrerbietigst

Eines

hohen königl. Staatsministeriums
gehorsamster,

Ausschuß des Münchener Kunstgewerbevereins.

Vom Michertisch.

Stillehre der architektonischen Formen des Alterthums von
Alois Hauser.

Wien. Alfred H olde r.

L. Dieses neue Werk des Architekten Hauser ist im Auf-
träge des k. k. Ministeriums für Kultus und Unterricht ver-
faßt. Die vier Theile, aus welchen das ganze Werk bestehen
soll, werden die Styllehre der architektonischen Formen des Alter-
thnms, des Mittelalters und der neueren Zeit und die kunstge-
werblichen Formen aller Zeiten behandeln. Jeder Theil wird
auch einzeln abgegeben. Der erste ; vor Kurzem erschienene
Theil enthält zur Erläuterung des Textes 173 Originalbolz-
schnitte.

Hauser ist Lehrer an der Kunstgewerbeschule des öster-
reichischen Museums, und kennt also hie Bedürfnisse des Lehrers
und des Schülers aus eigener Erfahrung. Wer irgend einmal
unterrichtet hat, weiß den Werth, welchen gute Lehrmittel für
deil Lehrer wie für den Schüler haben, wohl zu schätzen. Zu
den Kennzeichen guter Lehrmittel aber gehört es, daß aus dem
betreffenden Lehrstoff die Hauptsachen herausgegriffen und als
solche deutlich und bündig mitgetheilt werden. Es ist nämlich
beim Lehren schon ein großer Schritt gethan, wenn dem Schüler
beigebracht wird, warum irgend eine Form eine Grundform,
warum irgend eine Thatsache eine Hauptthatsache ist, von welchen
aus die übrigen Formen und Thatsachen leichter überblickt und
zu einem großen Ganzen zusammengefaßt werden können. Die
guten Lehrmittel bieten dem Lehrer das feste Skelet, die festen
Anhaltspunkte, von welchen aus er die Fülle des zu behan-
delnden Lehrstoffes zu gliedern vermag; sie leisten natürlich
 
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