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Die Kunst-Halle — 10.1905

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Nummer 18 (15. Juni 1905)
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Galland, Georg: Die Ausstellung deutscher Landschafter des 19. Jahrhunderts, [1]
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Wolf, Georg Jacob: München: IX. Internationale Kunstausstellung, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.66262#0317

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Nr. 18


275

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deutſche Landſchaftsmalerei, etwa ſeit der Seit, der
Meiſter von Barbizon (nur weil die Herren Lieber-
mann und Vonſorten in jenem Kreiſe ihre beſten An-
re gungen fanden), als einen geringfügigen und unſelbſt-
ſtändigen Anhang der franzöſiſchen Entwicklung vor der
Oeffentlichkeit bezeichneten. Dieſe Schauſtellung liefert
keineswegs ein abgerundetes Bild des landſchaftlichen
Schaffens eines langen Jahrhunderts und es bliebe
einem zweiten Unternehmen, das mit größeren Mitteln
und Kräften zu arbeiten vermag, überlaſſen, dieſes
vorläufige Bild zu ergänzen. Aber auch das hier zu
unſerm lebhaften Danke reichlich Gebotene führt uns,
neben mehreren allgemein bekannten Meiſtern wie
J. A. Koch, Rottmann, Preller, Böcklin, Thoma,
Schleich, Lier, A. und O. Achenbach, Wenglein, Schön-
leber u. A., eine nicht geringe Sahl halb vergeſſener
Namen von höchſt verdienſtvollen Landſchaftern vor, die
ſeit Ende des 18. Jahrhunderts geblüht haben. Nach
oben wurde dieſe Reihe der Sugelaſſenen bis ca. 1850
als Geburtsjahr begrenzt. Der im Druck erſchienene
Natalog, der jedem der Künſtler ein paar lexikographiſche
Angaben widmet, verräth eine gewiſſe Unbeholfenheit
in der Anlage, zumal er außerdem ein alphabetiſche
Verzeichniß der Namen vermiſſen läßt, was die Be-
nutzung erſchwert.

Auch mit einigen völlig Unbekannten macht un-
die auf drei Säle des Glaspalaſtes vertheilte Sammlung
vertraut. Was unter dieſen Vergeſſenen und jetzt Neu-
entdeckten z. B. ein Karl Buchholz ( 1889), der in
Weimar 40 Jahre alt, um nicht zu verhungern, durch
Selbſtmord endete, ohne Venntniß der franzöſiſchen
Intimiſten, leiſtete, wirkt ſo erſtaunlich auf die Generation
von heute, daß man dieſe ſo jäh und unglücklich ab-
geſchloſſene Laufbahn faſt ſymboliſch für das Schickſal
der damaligen deutſchen Landſchaftskunſt halten möchte.
Wo aber blieben damals unſere „Intellektuellen“, die ſich
bei jeder Gelegenheit ſo laut brüſten, zur Rettung der
bedrängten Größe berufen zu ſeind Sie waren im
Jahre 1889 vielmehr ſchon ſtark an der Arbeit, die
Inferiorität unſerer heimiſchen Fähigkeit nachzuweiſen.
Und ſie ſind heute ſchnell nur dann zur Hand, wenn
es gilt ihr intellektuelles Verhalten zu Gunſten des
bedrohten Wohlbefindens irgend einer Auslands-
größe à la Gorki zu offenbaren. Sie werden ſich
zweifellos auch heute nicht ſonderlich echauffiren, ſintemal
die Rehabilitirung des unglücklichen Weimarer Malers
nur in den Räumen des Moabiter Kunſtpalaſtes und
nicht im Sezeſſionshauſe ſtattfindet, was ihnen nämlich
ſehr wider den Strich gehen würde. So mag denn
die Stimme der „Intellektuellen“ auch in dieſem Falle
ſchweigen.

Offenſichtlich ſteht im Mittelpunkte des Ganzen der
ältere Friedrich Preller (geb. 1804), an welchen auch
einige figürliche Seichnungen und der Gipsabdruck einer
charakteriſtiſchen Büſte und einer Beiſchrift Goethe's er-
innern. Was er in dieſem Fache Glänzendes und Her-
vorragendes geleiſtet, merkt man wohl an jeder Lein:-

wand, beſonders an den wundervollen nordiſchen, theil-
weiſe mit romantiſchen Figuren ſtaffirten Baumland-
ſchaften, die den entſprechenden Werken eines
K. F. Leſſing völlig ebenbürtig erſcheinen. Neu für
unſer Publikum ſind auch die köſtlichen kleinen gerahmten
Farbenſkizzen Preller's zur OGdyſſee, die im Privatbeſitze
ſind und ſonſt die Vorhalle eines Eiſenacher Candhauſe-
ſchmücken. Da ſich Berlin die Feier des hundertſten
Geburtstages des Meiſters im vorigen Jahre leider
entgehen ließ, darf dieſe mit Geſchmack gewählte
Kollektion als eine nachträgliche Huldigung der Berliner

Kunſtkreiſe gelten.
G. G.
(Ein II. Artikel folgt.)

München:
IA. Internationale Kunskaus stellung.

S I Donbenent
S 9 ünchen iſt keine Stadt ſchroffer Gegenſätze und
880 kampfluſtiger Kunſtfehden, hier herrſcht unter den

verſchiedenen Kunſt- und Künſtlerparteien ein ver-
ſöhnlicher, beinahe ein freundſchaftlicher Geiſt. Die zwei
großen und führenden Künſtlervereine, die „Genoſſenſchaft“
und die „Sezeſſion“ ſcheinen ſich an das berühmte Feldherrn-
wort zu halten: „Getrennt marſchiren und vereinigt
ſchlagen“, denn ſo oft unſere Künſtlerſchaft zu einer
internationalen Kunſtausſtellung einlädt, reichen ſich die
„Alten“ und die „Jungen“, die ſich anderswo oft ſo
feindlich gegenüberſtehen, zu gemeinſamer Arbeit die
Hand und in luſtigem Wirrwarr ſchließen ſich die übrigen
Künſtlervereine, voran die Luitpoldgruppe und die
Scholle, den beiden großen Bünden an. In den Glas-
palaſt zieht unbedenklich die Sezeſſion, und im Sezeſſions-
gebäude wird durch eine auserleſene Sammlung von
Gemälden das Gedächtniß des langjährigen Präſidenten
der Genoſſenſchaft Franz von Lenbach geehrt.

Am J. Juni ſind die beiden vorzüglich arrangirten
Ausſtellungen mit dem üblichen feierlichen Prunk er-
öffnet worden. Die Ausdehnung der internationalen
Ausſtellung im Glaspalaſt iſt koloſſal und es iſt vor-
läufig ſchwer, einen Ueberblick zu gewinnen, das Weſent-
liche, Gute vom beſchwerenden Ballaſt, der hier ſo
wenig fehlt, als auf irgend einer anderen Ausſtellung,
zu trennen. Man muß ſich mit einigen ſtatiſtiſchen
Notizen behelfen. In 80 Sälen ſind — nach dem vor-
läufigen Katalog — etwa 1500 Oel- und Tempera-
gemälde aufgeſtellt, 550 plaſtiſche Werke ſchließen ſich
an und der Reſt von etwa 500 Katalognummern ver-
theilt ſich auf Aquarelle, Paſtelle, Seichnungen, graphiſche
und — heuer einmal gut vertretene — architektoniſche
Arbeiten. Außer den meiſten deutſchen Gruppen ſind
folgende fremde Staaten der Einladung zur Ausſtellung
gefolgt: Belgien, das u. a. Werke Meunier's bringt,
Dänemark, England, Frankreich (mit Werken Carriere's,
Roll's und Cottet's), Italien mit einer ſehr ſtattlichen,
fünf Säle füllenden Vollektion, die Niederlande (mit
Werken Israbls und Toorop's), Rumänien, Schweden,
die Schweiz (mit Arbeiten Welti's, Giron's und Hodler’s),
Spanien, Ungarn, Amerika und Geſterreich, das die
 
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