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Die Kunst-Halle — 9.1904

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Nummer 18
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Board, Hermann: Die internationale Kunstausstellung zu Düsseldorf
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Wolf, Georg Jacob: Münchner Jahresausstellung im Glaspalast
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278

Die Aun st-Halle.

Nr. s8

leben zu lassen, wie Veranlagung -und Ligenart es
bedingen.
In diesem Vorberichte mag es genügen, die An-
wesenheit der deutschen Künstlerverbände, die in eigenen
Sälen ausgestellt haben, zu verzeichnen. Ls sind dieses
die Kunstgenossenschaft und Sezession von Berlin, sowie
eine Gruppe von Berliner Künstlern, die sich zur ge-
meinsamen Ausstellung in Düsseldorf vorübergehend
zusammengeschlossen haben; ferner die Kunstgenossen-
schaft, Sezession, Luitpoldgruppe und Scholle aus
München. In einem besonderen Sale und einem
Theile der oberen Gallerie sind die Werke einer An-
zahl eingeladener deutscher Künstler untergebracht, die
keiner Korporation angehören.
Das Ausland xaradirt, mit Ausnahme der Ameri-
kaner und Oesterreicher, die sich den Deutschen anreihen,
in dem entgegengesetzten, linken Flügel, und der Zufall
hat es gewollt, daß sich die Kunstleistungen in der
Reihenfolge der Säle steigern. Ansetzend in der fran-
zösischen Abtheilung, schwellen sie in der Flucht der
belgischen, englischen und holländischen Räume an, um
dann in den russischen, ungarischen, italienischen, pol-
nischen und schweizerischen Sälen, wenige gute Arbeiten
ausgenommen, bedenklich abzuflauen. Ganz hervor-
ragend ist die französische Plastik vertreten. Auguste
Rodin hat in einer Sonder-Ausstellung, die mit denen
von Menzel und Zuloaga eigentlich an die Spitze dieser
Aufzählung gehört hätte, nicht weniger als 59 Arbeiten,
in Marmor, Bronze und Gips aufgestellt. Sie nehmen
die eine Hälfte des großen Lhrensaales ein. Außer
zahlreichen anderen pariser Bildhauern ist Albert
Bartholoms mit Fragmenten seines mouuinsut, aux
morts und seiner neuesten Schöpfung „Adam und Lva"
vertreten. In besonders hergerichteten Prunksälen ist
eine Sonder-Ausstellung von Werken Adolf v. Menzel's
veranstaltet worden. Der Katalog zählt s29 Oel-
gemälde, Aquarelle, Gouachen und Zeichnungen aus
der ganzen Schaffenszeit des Meisters auf, die ein be-
wundernswerthes Bild seiner universellen Kunst bieten.
L>ne weitere Attraktion bildet die Ausstellung des in
Paris lebenden spanischen Malers Ignacio Zuloaga's,
der mit s8 großen Bildern einen besonderen Saal füllt.
Auch die Vertreter der Kunstwissenschaft in den
Nheinlanden und Westfalen, an der Spitze der pro-
vinzial-Konservator Prof. I)r. Paul Tlemen in Bonn,
haben es sich nicht nehmen lassen, der diesjährigen
Ausstellung wieder eine retrospektive Schau über das
Kunstschaffen ihrer Provinzen anzugliedern. Dieselben
Räume, die s9O2 die unschätzbaren Erzeugnisse der
Goldschmiede- und Bildhauerkunst früherer Epochen
enthielten, nehmen jetzt die köstlichen Werke der primi-
tiven auf. vornehmlich hat die Buch- und Tafelmalerei
vom 7. bis zum s6. Jahrhundert der niederrheinischen
Schulen und der mit diesen sich berührenden mittel-
und oberrheinischen Plätze Berücksichtigung gefunden,
doch sind auch die hervorragendsten rheinischen Privat-
sammler mit ihren Schätzen aus dem s7. Jahrhundert
herangezogen worden.
Hermann Board.

Mnckner MrersurLteilrmg im tzlszpslsrt.
I.
(^»m ersten Juni sind die beiden großen Münchner
Sommerausstellungen eröffnet worden. Im
Glaspalast haben sich die Münchner Künstler-

gruppen „ Genossenschaft ", „ Luitpoldgruppe " und
„Scholle" mit einer Reihe auswärtiger Korporationen
und Vereine zur großen Iahresausstellung zusammen-
gethan; hier sind in 75 Sälen rund 2300 Werke
aufgestellt. Annähernd die Hälfte aller dieser Ar-
beiten trifft auf die Mitglieder der veranstaltenden
Vereinigung, der Münchner Künstlergenossenschaft,
und auf jene Künstler, die sich der Jury dieser
Gruppe unterstellt haben. Im Ganzen ist es
eine verwirrende Fülle, ein buntes Thaos von theil-
weise nur zu wahllos unter einander gehängtem Guten,
Unbedeutenden und Nichtsnutzigen. Man möchte eine
sorgfältigere Wahl herzlich gern wünschen, was läge
viel daran, wenn einmal ein paar Säle und Kabinette
leer stehen blieben? Das wäre immer noch besser, als
wenn man die perlen, an denen es ja nicht fehlt, unter
einer Menge von überflüssigem und nichtssagendem
Zeug mühsam heraussuchen muß.
Lin paar Hundert Kunstwerke — man ist auf
solches approximatives Schätzen angewiesen — mögen
sicherlich einen künstlerischen Werth haben, und einige
Dutzend ragen sogar bis zu einer respektablen Höhe
empor. Nun, man muß sich eben Zeit und Mühe nicht
verdrießen lassen und die Fahrt durch die endloseu Säle
mit etwas Muth und Ausdauer antreten.
Ueberrascht ist man von einer Anzahl nicht un-
bedeutender Porträts. Man merkt es, daß Lenbach
nicht umsonst ein Menschenleben lang in München ge-
schaffen und angeregt hat. Das Porträt, das nicht nur
das Aeußere des Menschen festnagelt, sondern in die
Tiefe geht und in den Seelen seltsame und unerhörte
Dinge liest, hat Lenbach den Münchnern malen gelehrt.
Man braucht nur in das pietätvoll arrangirte Lenbach-
kabinett zu treten und sich die zehn prächtigen Werke
des Meisters aus den verschiedenen Zeiten seines
Schaffens anzusehen und darauf hin zu prüfen, was
sonst an Porträts in der Ausstellung hängt. Man wird
frappirt sein, wie fast überall, selbst bei so originellen
Künstlern wie Georg v. Papperitz, der Lenbach'sche
Einfluß sich bemerkbar macht. Ls braucht ja nicht
immer gerade ein so bewußtes, krampfhaftes Nach-
ahmen zu sein, wie etwa auf den Damenbildnissen
Bongö's oder Saussure's, die meinen, wenn man
„garnirte Augen" male, dann sei es schon gethan und
das Bild sei dann einem Lenbach „zum ver-
wechseln ähnlich". Selbst Künstler, die ganz andere
Absichten haben, die sich ihre Originalität um jeden
Preis wahren wollen, wie z. B. der eben genannte
Papperitz, kommen der versengenden, übermächtig
strahlenden Sonne Lenbach's nur zu leicht nahe. Ls
soll darum den Hößlin, Janowski, Richard Scholz rc.
kein Vorwurf gemacht sein, wenn ich sage, sie haben
das Beste ihrer tüchtigen Porträtkunst von Lenbach ge-
lernt. Lenbach besaß eben in hohem Grade alle jene
Eigenschaften, die den großen Porträtisten ausmachen,
und wer ihm nachstrebt, den kann man deshalb so
wenig tadeln, als wenn er sich beispielsweise die alten
Venetianer oder die Schule von Sevilla zu Vorbildern
nimmt.
Am Maßstab Lenbach's gemessen, nehmen Bilder
wie Bredt's Prinz Rupprecht nur eine mäßige Stellung
ein, auch die etwas konventionellenporträtsvonAlexander
Fuks und G. Schachinger, noch mehr R. wimmer's ge-
spreiztes Herrenbildniß müssen zurücktreten, von Kota-
nowski's allzu flachem und gleichgültigem Familienbild
gar nicht zu reden. F. A. Kaulbach, der uns sonst
regelmäßig einige interessante Bildnisse zu zeigen pflegt,
hat bis jetzt noch nichts geschickt, es scheint nun einmal
sein Vorrecht zu sein, daß er um einen Monat zu spät
 
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