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Die Kunst-Halle — 3.1897/​1898

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No. 3
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Der erste wirthschaftliche Künstlerverband
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Thomas, B.: London: Die neue Tate-Gallerie
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https://doi.org/10.11588/diglit.63304#0047

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Nr. 3

Die Kunst-Halle

35

aanzen Illustratorenstande nicht unbeträchtliche ideelle
und materielle Vortheile bringen.
Hochachtungsvoll

I- A.:
L. Manzel, I. Schlattmann,
Vorsitzender. Schriftwart.
Alb. Baur, Prof. w. Claudius. L. Doepler, Prof.
M. Hasemann, Prof. F. Iüttner.
5. Kallmorgen, Prof. Arthur Kampf, Prof.
Lhr. Kröner, Prof. Reim Reinicke. Fritz Reiß.
F. Skarbina, Prof. M. Sinunler, Prof.
H. Vogel-Plauen. A. Zick.

Zuschriften sind an Herrn I. Schlattmann
Berlin LV., Nettelbeck-Str. 2ch zu richten.

on 6 on:
Die yecie ^gte-Gnllei-ie.
von B. Thomas, London.

ine unrühmliche Ausnahme machte unsere Metro-
(Lch pole bis vor Kurzem darin, daß sie keine Stätte
zur permanenten öffentlichen Ausstellung neuerer
Kunstwerke besaß. Dank der Freigebigkeit eines
Privatmannes ist diesem Mangel nun endlich nach
langem Zögern abgeholfen worden. Die Vollendung
und die Juli d. I. erfolgte Eröffnung der „Neuen
National-Gallerie für die britische Kunst", wie das
der Nation von Mr. Henry Täte, einem reichen
Kunstfreund, gespendete, der modernen Kunst ge-
weihte Haus benannt ist, darf als das wichtigste Er-
eigniß gelten, welches in letzter Zeit das englische
Kunstleben berührt hat.
Die Sache schwebte schon lange, denn es ist eine
beträchtliche Reihe von Jahren verflossen, seit Mr.
Täte dem Staat sein Anerbieten unter der Bedingung
machte, daß die Regierung das Terrain für den Bau
bewilligen und für die Verwaltung Sorge tragen
wolle. Beides ist in feder Hinsicht zufriedenstellend
erledigt worden. An einem freiliegenden Platz, auf
dem vorher das unlängst abgetragene Millbank-Ge-
fängniß stand, der Themse gegenüber nahe der
Vaurhall-Brücke, erhebt sich fetzt der freundlich an-
muthende neue Tempel der Kunst. Die Verwaltung
ist dem Direktorium der National-Gallerie am
Trafalger Square übertragen worden. Den Stil des
Gebäudes bezeichnet der Baumeister desselben, Mr.
Sidney R. I. Smith als „freiklassisch." Mas der
Bau, für den eine spätere Erweiterung in Aussicht
genommen ist, an Symmetrie in seinen jetzigen

Dimensionen etwa vermissen läßt — für den Zweck,
Gemälden zur Schaustellung zu dienen in einer Stadt
mit vorherrschend trüber Atmosphäre, ist die Kon-
struktion ausnehmend geeignet, von einem schönen
Portikus, zu welchem eine Treppe hinanführt, ge-
langt man in einen hohen achteckigen Raum, der mit
zur Aufstellung von Skulpturen dienenden Nischen ver-
sehen ist und sein Licht durch eine glasgedeckte Kuppel
erhält. Die Gemäldesäle sieben an der Zahl,
welche mit diesen: Raum in Verbindung stehen und
alle in derselben Höhe liegen, haben ebenfalls Ober-
licht. Für das Doppelte an Platz hat Mr. Täte,
sobald erforderlich, durch Vergrößerung des Baues
zu sorgen versprochen, eines Baues, der ihn schon
jetzt über (00,000 St. kostet, und dem er die werth-
volle Gabe von 62 modernen Gemälden aus seiner
eigenen Sammlung hinzugefügt hat, die zu den an-
ziehendsten der Gallerte gehören. Unter ihnen be-
finden sich Millais' „Ophelia", dieses interessante
Erzeugniß aus dessen praeraffaelitischer Periode, und
„vale of Rest" (das Thal des Todes), eins
der schönsten Bilder, das dieser Künstler je gemalt
hat. Mr. Matts hat (7 Merke gespendet, darunter
eine Variation seines in: Palais Lurembourg be-
findlichen „Liebe und Tod" und eine Replik von
„Liebe und Leben", deren Original die Metropolitan-Art
Gallery von New Hork besitzt. Gegen hundert Oel-
gemälde verstorbener britischer Künstler dieses Jahr-
hunderts sind der National-Gallerie entnommen und
können von Zeit zu Zeit mit anderen aus deren
Räumen vertauscht werden. Auch die 73 Gemälde
und (2 Skulpturen, welche die Royal Academy nach
und nach aus dem ihr von dein Bildhauer Chantrey zur
Erwerbung von Kunstwerken vermachten Fonds für die
Nation angekauft hat, wurden der neuen Gallerie einver-
leibt. Obwohl die meisten unserer modernen Künstler
durch gute Merke in der Sammlung vertreten sind, kam:
von derselbe:: ihren: jetzigen Bestand nach nicht ge-
sagt werden, daß sie die britische Kunst des (9- Jahr-
hunderts vollgültig repräsentirt. Es ist nur ein An-
fang gemacht, doch immerhin einer von keiner ge-
ringen Bedeutung. Beim Durchwandern der Ab-
teilungen finden sich allerdings in einer jeden einige
Merke, die der ihnen gewordenen Auszeichnung nicht
würdig zu erachten sind. Dies gilt z. B. von vielen
der aus der National-Gallerie nach hier gebrachten
Bilder, die eben einer Periode unserer Kunst ent-
stammen, da dieselbe so von Vulgarität ergriffen war,
daß es dem heutigen Beschauer schwer fällt, die
Technik derselben gebührend zu würdigen. Man
findet die Protestbewegung des praeraffaelismus be-
greiflich als eine unvermeidliche Reaktion, und deren
ärgste Uebertreibungen erscheinen Einem verzeihlich.
Ls wäre indessen voreilig, mit den: soeben erst ins
Leben getretenen Institut zu hadern, weil dasselbe
noch nicht vollständiger ist, oder ihm einen Vorwurf
daraus machen zu wollen, daß die Maler anderer
 
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