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Moderne Bauformen: Monatshefte für Architektur und Raumkunst — 25.1926

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Nr. VI
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Bonatz, Paul: Hochhäuser von Paul Bonatz und F.E.Scholer teils in Gemeinschaft mit Karl Bonatz
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https://doi.org/10.11588/diglit.61845#0265

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193

HOCHHÄUSER VON PAUL BON ATZ UND F.E. SCHÖLER
TEILS IN GEMEINSCHAFT MIT KARL BONATZ
VON PAUL BONATZ

Die hier folgenden Abbildungen zeigen Arbeiten aus
denjahren 1921 bis 1925, meistWettbewerbsarbeiten,
von denen nur das Stummhaus in Düsseldorf zur Aus-
führung kam.
Gemeinsam ergab sich bei allen diesen Entwürfen aus
Forderungen des Bauprogramms oder des Bauplatzes
die Notwendigkeit, einen Teil der Baumassen als Hoch-
körper zu entwickeln. In der Gliederung dieser Hoch-
körper und deren Oberleitung in die Seitenbauten zeigen
die einzelnen Arbeiten große Ähnlichkeiten. Es ist der
natürliche Vorgang bei der Arbeit, daß ein Thema so
lange variiert wird bis
es entweder erschöpft
oder gebaut ist.
Während beim Stumm-
haus der ganze Hoch-
hauskörper in eine
gleichmäßige Vertikal-
struktur aufgelöst ist,
wurde bei den anderen
Entwürfen auf eine
breitere Flächenwir-
kung der Hochwände
hingearbeitet. Um das
Hochstrebende zu
unterstreichen, wurden
diese hohenWände ge-
faltet, eingeschnürt, in
der Mitte zurückge-
setzt, kurz, der Hoch-
körper in ein Bündel
einzelner hoch wach-
sender Teile zerlegt.
Diese Faltung ist das
Thema, die Variationen bestehen in der Einzelgliederung.
Die vertikalen Einzelteile sind einmal durch horizon-
tale Gurte in jedem Stockwerk zu binden versucht, teils
sind sie neutral, bei der letzten Arbeit für Köln ragen
die Seitenteile ohne jede horizontale Unterbrechung frei
auf. Die geschlossenen Seitenwände ergeben den wirk-
samsten Kontrast zu dem vollständig aufgelösten Mittel-
teil. Diese Mittelteile sind erweiterte Korridorenden mit
Fenstern vom Fußboden bis zur Decke, Fenster, die in
ganzer Bauhöhe durchlaufen und bei Abend hell er-
leuchtet sein müßten.
Der erste Versuch, ein Turmhaus durch die Faltung
der Wand zu gliedern, war der Wettbewerbsentwurf zum
Bürohaus in Königsberg 1922, der inzwischen bei
vielen anderen Wettbewerben Gevatter stand. Das Turm-
haus ist von den Flügelbauten so weit losgelöst, daß
es frei in die Höhe ragt. Es ist gleichzeitig organisch
in die horizontalen Bauteile eingegliedert.
Eine ähnliche Aufgabe bescheideneren Umfangs war bei
dem Entwurf zu dem Hotel am Bahnhofsplatz
Stuttgart zu lösen. Der Bauplatz ist ein spitzwink-
liger Keil am oberen Platzende. Auch hier ist das eigent-

liche Turmhaus deutlich abgesetzt, an der linken Seite
tritt der niedere Flügel vor, rechts ist der Seitenflügel
stark ausgeklinkt und abgebogen. Dadurch entsteht eine
deutliche Plastik und lebendige Bewegung der Baumasse.
WETTBEWERB TEMPELHOFER FELD
Beim Wettbewerb Tempelhofer Feld handelte es sich
um die Randbebauung einer von Breuning erbauten
Siedelung gegen das Flugfeld. Der zur Verfügung ge-
stellte Platz ist ein Streifen von 40 m Breite und
700 m Länge in Nord-
Süd-Richtung. Dieser
ganze Streifen soll mit
3-4 Zimmerwohnungen
in viergeschossigen
Miethäusern bebaut
werden. An der Kreu-
zung der langen Haupt-
allee mit der Ost-
West-Straße, welche
in das Flugfeld hinein
eine gradlinige Ver-
längerung hat, sollte
ein Turmhaus für die
Junkerswerke errichtet
werden. Dieser Turm
konnte in der Achse
selbst stehen, er
konnte auch neben
das Straßenkreuz ge-
stellt werden. Im ersten
Falle war der Verkehr
in Schleifen um den
Turm herum oder durch den Turm hindurchzuführen.
Achsenfanatiker traten dafür ein, daß der Turm in
der Achse stehe. Ein Turm auf quadratischer oder recht-
eckiger Basis wirkt aber dann am besten, wenn man
ihn nicht nur in einer Front, also flächig sieht, sondern
wenn von der zweiten Front noch ein schmaler Streifen
mit in die Erscheinung tritt. Der Turm wirkt erst dann
körperlich. Diesen Vergleich kann man beim Bahn-
hofsturm in Stuttgart anstellen, wo alle andern Bilder
des Turms günstiger sind als die rein axiale Wirkung
zur Königstraße.
Die körperliche Wirkung eines Turmhauses, also die
leichte Diagonalansicht, ergibt sich, wenn der Turm an
einer Straßenknickung steht — oder aber, wenn der
Turm seitlich der Straße gestellt wird. Deshalb wurde
der Turm im vorliegenden Entwurf seitlich zur Quer-
achse gestellt, die Querstraße selbst wurde freigelassen.
Die Wirkung von der Querstraße aus war übrigens
bei dieser Aufgabe nicht das Ausschlaggebende. Wesent-
licher war die Wirkung der Bauten vom freien Feld aus
im Zusammenhang gesehen, ebenso wichtig die Wirkung
des langen Baustreifens in der Verkürzung. Der große


Paul Bonatz und F. E. Schöler
Wettbewerb für ein Büro- und Geschäftshaus in Königsberg i. Pr.

MOD. BAUFORMEN 1926. VI, 1.
 
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