Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Das Buch für alle: illustrierte Blätter zur Unterhaltung und Belehrung für die Familie und Jedermann — 40.1905

DOI Heft:
Heft 7
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.59361#0154
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

W7. JUnMievte Fnurilieir-Zeiinng.

Iahrg. 1905.

>ie Jagcl nach äem ^Dann.
I^oman von Ndaximilian Göttcher.
(Fortsetzung.)
- -
(Nachdruck verboten.)
^^^jeim Wenden des Blattes fand Hans
Fleidner noch folgende Nachschrift:
?. 8. „Antwort ans meinen Brief
schicke mir um Gottes willen nicht
direkt, sondern durch Fräuleiu Baden,
mir geschworen hat, das; sie uns nie verraten
d, und die mir aus den Karten geweissagt hat,
wir nach vielen Kämpfen und Stürmen doch
> Zusammenkommen werden." —
Aber nicht nur bei Frankes und Fleidners, son-
l auch bei Brennerts gab cS in der Folge des

nach allgemeinem Urteil „so herrlich" verlaufenen
Stiftungsfestes schmerzliche Ernüchterungen in Menge.
Daß Finchen, die sich ans Verzweiflung über
Brömels energisches Vorgehen einen kleinen Schwips
angetrunken, nächsten Tages am regelrechten grauen
Elend kitt, war noch die geringste dieser Ernüchte-
rungen.
Viel schlimmer schon war Fran Brennert daran,
die sich über Finchen und den Hungerleider Brömel
so geärgert hatte, daß sie mit Atembeschwerden und
Magendrücken daniederlag und jeden Augenblick den
Eintritt ihrer letzten Stunde erwartete — wahrlich
kein Vergnügen für eine Frau, die zwei und einen
halben Zentner wiegt.
Am schwersten aber litt unstreitig die überschlanke
Flora.
Die begeisterten Hochs und Hurras der Festgesell-
schaft, die Major Mosenthins Rede gefolgt waren,
hatten ihr von Anfang an keinen Zweifel darüber ge-

lassen, daß man sie und Assessor Bogenschütz wirklich für-
heimlich verlobt hielt, und nachdem Frau Kommerzien-
rat Fleidner und Baron Weistritz ihr über die Tafel
hinweg glückwünschend zugetrunken, waren alle Be-
kannten der Reihe nach wie in einer großen Defilier-
cour angetreten, um mit dem „Brautpaar" anzustoßen.
Kein Protestieren hatte geholfen; wie eine Sturm-
flut, vor der es kein Entrinnen gibt, waren die Gratu-
lationen über sie hingebranst. Schließlich, nachdem
er wohl eingesehen, daß aller Widerstand zwecklos
wäre, hatte der Assessor gute Miene zum bösen Spiel
gemacht, jedem, der daher kam, sein Sektglas zum
Anklingen mit verbindlichem Lächeln entgegengestreckt
und für jeden Glückwunsch mit höflicher Verbeugung
gedankt. Flora war in dem Gedanken: „Er fügt
sich, er liebt mich wohl wirklich und kommt gewiß
morgen, um meine Hand anznhalten," schon ganz
selig gewesen und hatte die Schar der Gratulanten
behandelt wie er. Gleich nach Aufhebung der Tafel

Das Ncltpostverems-Venlnnal für Sern. Entwurf von I7enö ckc Saint-Marceaux. (S. IS2)
Nach einer Photographie von gt»nl Bollenweider l» Bern.


VN. >905.
 
Annotationen