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Heidelberger Akademie der Wissenschaften [Hrsg.]
Jahrbuch ... / Heidelberger Akademie der Wissenschaften: Jahrbuch 2012 — 2013

DOI Kapitel:
I. Das Geschäftsjahr 2012
DOI Artikel:
Strohm, Christoph: Religion und Recht. Beobachtungen zu ihrem Verhältnis in der Frühen Neuzeit
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.55656#0057
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76 | SITZUNGEN

5. Diskussion und Wahl des „Ausschusses für die Wahl von Vorstandsmitgliedern“
Die Klasse diskutiert den in einer Aktennotiz bekanntgegebenen Vorschlag für
eine Vorgehensweise bei der Wahl von Sekretären und Präsidenten und benennt
die Altsekretare Volker Selim und Eike Wolgast sowie die Klassenmitglieder Wolf-
gang Frisch und Ernst A. Schmidt als Vertreter der Klasse in der Findungskom-
mission für die anstehende Präsidentenwahl.
6. Mitteilungen
Joachim E Quack erklärt sich bereit, das Buchmanuskript „Arabische Briefe auf
Papier aus der Heidelberger Papyrus-Sammlung“ bei der nächsten Klassensitzung
vorzustellen.
WISSENSCHAFTLICHE SITZUNG
HERR CHRISTOPH STROHM HÄLT EINEN VORTRAG:
„Religion und Recht. Beobachtungen zu ihrem Verhältnis in der Frühen Neuzeit“.
Rechtsetzung und Rechtsfindung sind mit kulturellen, weltanschaulichen oder reli-
giösen Grundentscheidungen verbunden. Das mag in den einzelnen Rechtsgebieten
in unterschiedlich starkem Maße der Fall sein, so zum Beispiel im Eherecht mehr als
im Prozessrecht. Immer aber beruht die rechtliche Regelung von Lebensverhältnis-
sen auf Einschätzungen des Wesens der Person, des Eigentumsbegriffs, der Funktion
staatlichen Handelns etc. In einer globalisierten Welt stellt sich die Frage, welche
Rolle kulturelle, weltanschauliche oder religiöse Kontexte für die Rechtsentwick-
lung spielen, in besonders drängender Weise. Sie ist heute aber auch aus einem spe-
zifisch historiographischen Grund zu erörtern. Im Gegensatz zu einem lange Jahre
dominanten Forschungskonsens, der dem Protestantismus einen Modernitätsvor-
sprung gegenüber dem tridentinischen Katholizismus zusprach, besteht heute unter
Historikern eine weitgehende Einigkeit, dass die Konfessionen in gleicherweise zur
Genese der Moderne beigetragen haben.
Blickt man auf die Rechtsentwicklung in der Frühen Neuzeit, ist dieser Kon-
sens unbefriedigend. Schon immer hatten religiöse Grundentscheidungen einen
erheblichen Einfluss auf die Rechtsentwicklung gehabt. So war zum Beispiel die
mittelalterliche Rezeption des römischen Rechts durch das zuvor im kirchlichen
Kontext entwickelte kanonische Recht geprägt. Im 16. Jahrhundert beförderte die
reformatorische Abwertung wesentlicher Teile des kanonischen Rechts die Bestre-
bungen, systematische Darstellungen des Rechts zu entfalten, die ausschließlich zivil-
rechtlich konzipiert waren, d.h. allein auf das römische, nicht das kanonische Recht
zurückgriffen. Autoren entsprechender Werke waren überwiegend protestantische
Juristen, zu deren konfessionellen Grundentscheidungen es gehörte, die im kanoni-
schen Recht diagnostizierten päpstlichen Herrschaftsansprüche zurückzuweisen.
Auch im Bereich der Diskussionen, aus denen am Anfang des 17. Jahrhunderts
die Disziplin des öffentlichen Rechts hervorgegangen ist, lässt sich ein deutliches
 
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