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Deutsche Gesellschaft für Christliche Kunst [Hrsg.]
Die christliche Kunst: Monatsschrift für alle Gebiete der christlichen Kunst u. der Kunstwissenschaft sowie für das gesamte Kunstleben — 1.1904/​1905

DOI Artikel:
Riehl, Berthold: Albrecht Dürer: ein deutscher Meister christlicher Kunst, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.53156#0022

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ALBRECHT DURER EIN DEUTSCHER

ALBRECHT DURER EIN DEUTSCHER MEISTER CHRISTLICHER KUNST

Von Dr. BERTHOLD RIEHL1)

TAas Nürnberg vom Ende des 15. Jahrhun-
derts, wo Albrecht Dürer geboren wurde,
wo er seine Jugend verlebte und die ersten,
sein künstlerisches Wirken bestimmenden Ein-
drücke empfing, ist uns eine wohlvertraute
Stadt. Nicht nur, daß wir vom Jahre 1493

ALBRECHT DÜRER AUS DER GROSSEN PASSION:
ECCE HOMO


Holzschnitt

in der Schedelschen Chronik ein Prachtbild
der Stadt besitzen, sondern die großen Denk-
mäler alter Kunst, die damals dieselbe schmück-
ten oder als neue Zierde eben erstanden, sind
zum größten Teile erhalten und sie vor
allem wirkten auf den großen Meister.
Die intimen Reize des alten Nürnberg, die

x) Stenogramm der bei der X. Generalversammlung
der Deutschen Gesellschaft für christliche Kunst ge-
haltenen Festrede. D. R.

sich dort natürlich weniger als in stilleren
Städten erhielten, wollen wir deshalb jedoch
auch nicht vergessen, da gerade auf den
feinen Meister der Kunst des deutschen
Hauses sicher auch sie wesentlichen Einfluß
übten.
Uber die Stadt ragt der Felsen, auf dem
die alte Burg steht, die uns zurückführt in
die erste Hälfte des Mittelalters, wo allein die
Kirche die Kunst übte und förderte, wie
denn auch in der Burg künstlerisch bedeutend
aus jener Zeit nur die Burgkapelle des 12.
Jahrhunderts ist.
Aus dem 13. Jahrhundert, währenddessen
Nürnberg ein größeres selbständiges Kunst-
leben zu entfalten begann, stammt die Sebal-
duskirche, in deren Pfarrei Dürer wohnte, in
der er getraut wurde und deren malerische
Reize wohl wesentlich Dürers Vorliebe für
die Kunst des früheren Mittelalters anregten,
die wir wiederholt in den Architekturen
seiner Bilder beobachten.
Im 14. Jahrhundert wurde Nürnberg mittel-
alterliche Großstadt. Als Hauptdenkmal des
bedeutenden Aufschwunges der Baukunst
jener Zeit entstand die große Rivalin von
St. Sebald, die Kirche St. Lorenz mit der
merkwürdigen'Westfassade. An dem Portal
derselben stehen Maria, Adam und Eva, so-
wie zwei Propheten und sitzen die Apostel
und Propheten. Die reichen Reliefs im
Bogenfelde aber erzählen die Kindheit Christi,
die Passion, die Auferstehung des Fleisches
und das Jüngste Gericht.
Der junge Dürer, der so oft an dieser
Kirche vorübergehen mußte, erkannte gewiß
bald an dem altertümlichen Kunstwerk die
mannigfachen Verstöße gegen die Form und
dies weckte in ihm die Erkenntnis, daß der
Künstler vor allem die menschliche Gestalt
beherrschen müsse. Dürer muß aber auch
die reiche Phantasie dieser Reliefs erfreut
haben, sowie Herz und Gemüt derselben,
und so griff er mehr denn anderthalb Jahr-
hunderte später in dem Marienleben und den
Passionsfolgen diese Gedanken wieder auf,
um sie mit voller Kraft und ganzer Innig-
o o
keit auszusprechen.
Am Schlüsse des 15. und zu Anfang des
16. Jahrhunderts wurde Nürnberg Weltstadt,
in der ein bedeutendes geistiges Leben
herrschte, das von wesentlichem Einfluß auf
den Mann war, der durch seine große Bil-
 
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