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' h an dl n n g en, sowie von allenP o stü mtcr n und äW ' W preis für den Band von 2>, Nummern 3 fl. 54kr,

Zeitungsexpcditionen angenommen. od. 2 Rthlr. 5 Sgr. Einzelne Nummern 9 kr. od. 2'/, £nv.

Eine G ebirgsidylle.

(Schluß.)

In dem Orte, den die beiden Reisenden erreichten, war
freilich ein reges Leben. Von weit und breit strömten Schaaren
von Landlenten in ihrer bunten, malerischen Tracht herbei, um
ein Volksfest zn feiern, auf welches sich Groß und Klein das
ganze Jahr im Voraus gefreut hatte. Auf einer großen Wiese
waren Maienbäume aufgepflanzt, geschmückt mit Fähnchen und
Bändern, und rings um einen eingezäunten Platz drängte sich
die liebe Dorfjugend und kämpfte mit Rippenstößen und Fuß-
tritten um den besten Standpunkt. Eben nahte sich der Fcst-
zug; Böllerschüsse krachten und endlose Juchzer erschütterten die
Luft. Voraus schritt die Blechmusik, eine bösartige Bande, die
durch die Fülle ihrer Dissonanzen den Festmarsch in eine wahre
Katzenmusik verhunzte, dann kam ein blondhaariges Knüblein
im Sonntagsstaat, welches aus einem Kissen ein Paar nagel-
neue Bergschuhe bester Gattung trug, hierauf folgte der Fest-
ordner, ein lustiger, alter Kerl, dem Hände und Füße vor
Vergnügen zappelten, und hinter diesem schritten 13 Individuen,
deren wunderliches Aussehen jeder Beschreibung spottete und da-
her auch nicht beschrieben wird. Im bunten Gcwirre wälzte
sich die Schaar der erwartungsvollen Zuschauer hinter dem Zuge
her mit einem Gejubel ohne Gleichen.

Als der Zug auf dem Festplatze angclangt war und die
Hauptpersonen sich innerhalb des eingezäuntcn Raumes aufge-
stellt hatten, bestieg der Festordner einen Tisch, ließ einen grellen
Juchzer erschallen und begann mit weithin vernehmbarer Stimme
seine Ansprache an die Volksmenge: „Grüeß Gott, Ihr liabe
Ländsluit k Do waar mer wieder c Mal binenander bei üscrem
Jahresfescht, und i moin, es sei, vor mer anfanget, dös Gschei-
deste, döß mer all die Ehrcmänner leba lasset, die nebbes bei-
trage hcnt zu Lascht und Kurzweil. Da isch zuvördcrscht üser
liabe Herrgott , der den schöne Tag gemacht hat, und nachher

der Ochsewirth, dem die Wiese g'hört, die mer jetzscht mit uire
Baurefüeß z'sammetramplet, und der Herr Revierförschter, der
die Tannebäum' und dös grüne Zuig gschtiftet hat, und zlctzscht,
moinet i, könnt's gar nix schade, wenn mer unfern allerguädig-
schte Lnndesherrn, für den doch 's Herzkämmerle bei Jedem
von nich e Plützle hat, au mit läbe lasset. — Also oius
— zwoi — drui — sie labet hoch!"

Ein brausendes Hoch, in das sich der Knall der Böller
mischte, wurde hörbar und jubelnd warfen die Bursche ihre Hüte
in die Luft. Als sich der Lärm gelegt hatte, fuhr der Redner
fort: „So — meine liabe Landsluit — mit der Arbet wäret
mer fertig — jetzscht kann's Fcscht losgehc. — Tretet nur
nüchcr, ihr druizehn Manne, und loset, was i uich z'sage ha.
Wie alle Jahr hcnt die druizehn ehrsame Nachbarg'moinde c
Paar funkelnagelnuie Bergschuh für den bschtimmt, der 's
wüeschteste Gsicht schncida ka. Also, ihr erwählte Vertrauens-
männer, probirt uir Glück. Der Herr Schuttes selb und zwanzg
guct beleumundete Baure aus lijere Gmoinde werde richte nach
Pflicht und Gwisse. Komm, Dolfele, Du kannscht glei den
Anfang mache!"

Dolfele Urach, der Gemeindeschweinhirt, eine ungeschlachte
Gestalt mit dem Ausdrucke potenzirter Bornirtheit in jedem Ge-
sichtszuge, drängte sich aus der Reihe seiner Mitbewerber vor.
Er hatte viele Chancen des Erfolges für sich, ja der Ochsen-
wirth wettete sogleich bei seinem Erscheinen mit dem Kirchbaucrn
zehn Mas; Bier gegen eine, daß dieser Kandidat gewinnen
würde. Der göttliche Sauhirt prüludirte mit einigen inferna-
lischen Zuckungen der breiten Mundwinkel, dann zog er die
Augenbrauen weit in die Höhe, streckte seine Zunge aus dem
Munde und schnitt so eine Fratze von wunderbarer Abscheulich-
keit. In dieser Stellung verharrte er fast eine Minute. Tie

18.
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