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Deutsche Kunst- und Antiquitätenmesse [Hrsg.]
Die Weltkunst — 6.1932

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Nr. 3 (17. Januar)
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17. JANUAR 1932

VI. JAHRGANG, Nr. 3

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ARTo/theWORLD

ILLUSTRIERTE WOCHENSCHRIFT

NST
LMONDE^AKTS

Das INTERNATIONALE ZENTRALORGAN FÜR KUNST / BUCH / ALLE SAMMELGEBIETE und ihren markt

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früher:

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He rau sgeberDr. J. Lyon Saxe


WERTHEIM : das BIBLOGRAPHIKON
Berlin w 9, Leipziger str. Alte Graphik Seltene Bücher Moderne Kunst

Französische Kunst in London
Von
Dr. Gustav Delbanco, London

Die große französische Kunstausstellung in
London hat ihre Pforten geöffnet. Diese re-
präsentative Schau französischer Malerei ist
die fünfte in der Reihe der nun bereits zu
einer Tradition gewordenen jährlichen Aus-
stellungen in der Royal Academy, die jeweilig
der Kunst eines Landes gewidmet sind. Es
Sei von vornherein gesagt, daß das Unter-
nehmen als Ganzes wieder hervorragend
°fganisiert ist und sich ebenbürtig seinen Vor-
sängern anschließt; daß es natürlich manches
kritisieren gibt, gewisse Akzente zu will-
kürlich gesetzt scheinen, versteht sich fast
Von selbst, wirken doch bei einem derart weit-
ßefaßten Unternehmen zu viele verschiedene
Meinungen zusammen, und ist es doch häufig
Schwierig, gerade diejenigen Werke zu be-
kommen, die man hätte da haben wollen. Es
ist — wie das mit Ausnahme der persischen
auch die vorhergehenden Ausstellungen waren
— wiederum im wesentlichen eine Bilderschau
geworden. Kunstgewerbe und Plastik sind nur
als lockere Ergänzungen dazu gekommen; das,
Was aus beiden Gebieten — vor allem der
Plastik — jedoch da ist, genügt, um einerseits
die Bilderräume zu beleben und andererseits
eine ungefähre Vorstellung von der historischen
Entwicklung dieser Kunst in ihren Haupt-
Phasen und Hauptmeistern zu vermitteln.
Der Plan ist historisch: beginnend im hohen
Mittelalter bricht die Darstellung an der
letzten Jahrhundertwende ab; so reizvoll es
gewesen wäre, diese museale Grenze zu über-
schreiten, und das Wirken unserer Tage, das
einen so bedeutenden Knotenpunkt noch immer
hi Frankreich hat, mit einzubeziehen: der
Gegensatz der Meinungen wäre zu groß ge-
wesen, es war fast eine Forderung der Not,
sich zu bescheiden, wie man es tat. Und doch
steht diese Ausstellung naturgemäß ganz
anders als ihre Vorgänger der lebendigen
Parteilichkeit unserer Gegenwart nahe. Das
19. Jahrh. ist die große Zeit der französischen
Malerei; geht auch ihre Weltherrschaft be-
reits auf die Epoche Ludwigs XIV. zurück,
Und ist Paris auch bereits während des ganzen
18. Jahrh. das Zentrum Europas, so entfaltet
sich doch unserer Meinung nach die originalere
Produktivität des französischen Geistes in
her Malerei erst mit der Revolution. Von
dieser späten Phase aus gewinnt das Vor-
gehende eine neue und bereicherte Bedeutung,
Pinter einer anfangs scheinbar nur brillanten
Und' leichten Dekoration wird Persönlicheres
sichtbar; Manet, Corot, Renoir, sie führen
’hren Stammbaum leicht lesbar ins 18. Jahrh.
Zurück, und was sie uns als einmalige Er-
scheinungen, als sehr persönliche Interpreten
einer bildlichen Anschauung bedeuten, das
finden wir zu einem Teil im Werke der

Meister des Rokoko angebahnt. In dieser Ver-
bundenheit wird die Rasse als der maßgebliche
Faktor sichtbar, und erkennt man dann, einen
wie starken Anteil er an der Bildung jener
großen, unserem Herzen so nahen Künstler
des vergangenen Jahrhunderts hat, färbt sich
auch unser Verhältnis zu ihren Vorgängern in
einer neuen und menschlicheren Weise.
Es versteht sich aus all dem, daß wir es
als eine sehr glückliche Entscheidung be-

grüßen, daß auf das 19. Jahrh. der Haupt-
akzent der Ausstellung gelegt wurde. Die
Zahl der Künstler dieser und auch der
früheren Epochen, von denen Arbeiten zu-
sammengebracht wurden, ist relativ klein.
Man hat gut getan, nur die wirklich bedeuten-
den sprechen zu lassen, dadurch war es mög-
lich, viel von jedem zu zeigen, der Chor ist
desto reiner und eindrucksvoller geblieben. Er

beginnt im 14. Jahrh., aus dem ja nur wenige
Bilder auf uns kamen, die mit einiger
Sicherheit als französisch zu bestimmen sind.
Aus dem Louvre kam das wesentlichste Stück
dieser Gruppe, das Parament aus Narbonne,
eine vielfigurige Grisaille, die eigentlich in die
Folge der Zeichnungen gehört, aus West-
minster das große Porträt Richards II., die
Sammlung Arthur Sachs lieh eine schöne
kleine Verkündigung. Auf der Wende zum
15. Jahrh. steht die wundervolle starkfarbige
Tafel Broderlams aus dem Museum Meyer
v. d. Bergh. Diese burgundische Kunst führt
in die neue Zeit hinüber, in der die van Eycks
und ihre Nachfolger in Flandern tonangebend
auch für das, was auf französischem Gebiet
entstand, wurden. Aus der ersten Hälfte ist
vor allem der Meister der Verkündigung von
Aix zu erwähnen, dessen Triptychon sich hier

aus verschiedenem Besitz wieder zusammen-
fand, so wie es vor einiger Zeit schon einmal
im Louvre zu sehen war, auch Fouquets Dipty-
chon, dessen eine Hälfte Berlin, dessen andere
Antwerpen gehört, ist wieder vereint. Sehr
reich ist der Maitre des Moulins vertreten,
selbst sein Hauptwerk hat man herüber ge-
sandt.
Das 16. Jahrh. spricht vor allem durch


Francois Boucher, Liegende Frau, verm. Porträt Mme. de O’Murphy
Coll. Otto E. Bemberg, Paris
Ausstellung — Exposition — Exhibition :
Burlington House, London

Porträts von der Hand der Clouets und des
Corneille de Lyon und mancher reizvollen
kleinen Arbeit ihrer Ateliers; es war nicht
schwierig, viele dieser miniaturmäßigen Bild-
chen zusammenzutragen, es wäre jedoch inter-
essanter gewesen, sich darin etwas mehr zu
beschränken, und statt dessen die Historien-
maler der sog. Schule von Fontainebleau ein
wenig reichhaltiger zu repräsentieren. Das
alles aber wirkt nur wie ein Auftakt; im
15. Jahrh. vor allem unter dem Einfluß der
Niederlande, im 16. unter dem Italiens beginnt
die französische Malerei sich erst im Barock
eigentlich zu verselbständigen. Poussin ist die
bedeutende Persönlichkeit dieser Wende, er
und sein Zeitgenosse Claude Lorrain hatten
immer schon eifrige Liebhaber in England ge-
funden, so war es möglich, eine große Anzahl
von Werken beider Meister zusammenzubrin-
gen, die sonst großenteils in schwer zugäng-
lichen Privatsammlungen versteckt hängen
(Abb. S. 6). Man hat sich wohlweislich nur
auf wenige importante Proben der Akademiker
in der Gefolgschaft Poussins beschränkt. Da-
gegen treten die Genrekünstler Les Nains
recht reichhaltig und mit manchem Bild, das
sonst nicht leicht zu studieren ist, heraus; bei
weitem am eindrucksvollsten die „Schmiede
Vulkans“ aus dem Reimser Museum. Von
Georges Dumesnil (de la Tour), jenem erst
seit kurzem wieder in das Licht unseres In-
teresses gerückten Caravaggio-Anhänger, ist
ein Halbfigurenbild einer Karten spielenden
Gesellschaft aus einer Pariser Privatsammlung
ausgestellt, das, mag es auch nicht zum
Reifsten, was diese Epoche schuf, gehören, so
doch zu dem, was unserer Zeit, weil am ver-
wandtesten, am reizvollsten erscheint. Es ist
zu bedauern, daß die großen Porträtisten
Ludwigs XIV., Rigaud und Largilliere, so stief-
mütterlich behandelt wurden, es wäre ein
leichtes und lohnend gewesen, Anziehenderes,
Unbekannteres und mehr von ihnen zu zeigen.
Aus dem Saal mit den großen, feierlichen,
dunklen Bildern geht es nun hinübei’ in die
Räume, die dem so ganz anders gearteten
18. Jahrhundert gewidmet sind. Quantitativ am
reichsten unter den Großmeistern ist Frago-
nard mit etwa 15 Bildern repräsentiert. Sie
alle haben den Charme, den dieser Virtuose
des Pinsels allem, was er hervorzauberte, ver-
lieh, ohne daß diese Reihe jedoch einen Be-
griff von den allerhöchsten Gipfeln seines
Könnens vermittelt, auch in diesem Falle hätte
vielleicht eine noch bessere Auswahl getroffen
werden können. Watteau — das eigentliche
Genie des ganzen französischen 18. Jahrh. —
tritt auch hier mit dem, was von ihm ge-
zeigt wird, über seine Umgebung weit heraus.
Mehr noch als die Werke aus öffentlichen eng-
lischen und französischen Sammlungen fesseln
zwei Bilder, die ehemals im Besitz des
früheren deutschen Kaisers waren, von denen
eines als jetzt in Schweizer Privatbesitz be-
findlich angegeben wird und das andere als
bei Moser (Berlin). Boucher tritt hinter
Fragonard zahlenmäßig etwas zurück, aber
das, was von ihm gezeigt wird, ist gut ge-
wählt; es wäre noch besser gewesen, ihn auch

BERUH

J. & S. GOLDSCHMIDT


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