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Architektonische Rundschau: Skizzenblätter aus allen Gebieten der Baukunst — 20.1904

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Heft 9
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Tettau, Wilhelm von: Die Brunnen Konstantinopels
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https://doi.org/10.11588/diglit.44901#0075

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1904

ARCHITEKTONISCHE RUNDSCHAU

Heft 9

Achmed-Brunnen.


Die Brunnen Konstantinopels.
Von Wilhelm Freiherr von Tettau.

em Türken gilt das Wasser heilig und seine
Brunnen stehen in der besonderen Obhut der
Moscheen, denn sie spielen eine erhebliche Rolle
in den Religionsübungen. Am Fuße der hohen
Futtermauern der Moscheen kauern die Gläu¬
bigen in langer Reihe bei den vorgeschriebenen Waschungen,
für die ein dünner Strahl aus Schraubhähnen kleinsten Kalibers
genügen muß.
Zu gleichem Zweck regt sich zu bestimmten Stunden ein
buntes Leben um den großen Mittelbrunnen im Vorhof der
Moscheen. Meisterhaft gearbeitete, engmaschige Bronzegitter
bekrönen dessen hohes achteckiges Marmorbassin zum Schutze
gegen Blätter und Zweige der schattenspendenden Platanen
und Zypressen, gegen den Übermut der Kinder und die Scharen
wilder Tauben, die hier ein ungestörtes Dasein genießen.
Über dem Ganzen aber schwebt Kühlung spendend die mächtige
Ausladung eines säulengetragenen Kuppeldaches, das seinen
breiten wohltuenden Schatten mitten hineinwirft in die blen-
dende, widerstrahlende Pracht des buntgeaderten, weißen Mar-
mors, und auf den Bänken, die sich zwischen die Säulen spannen,
hocken die bunten, beturbanten Gestalten, meist übrigens in
weltlicheren Genuß als die fromme Fußwaschung vertieft, in
die Pfeife, Zigarette, den Maiskolben oder die Wassermelone.
Ohne Frage bauten weder die Byzantiner noch auch ihre
türkischen Erben diese Brunnenhöfe mit ihrer märchenhaften
Pracht allein um der Ehre Gottes willen. Sie sind vielmehr
weit über den religiösen Zweck hinausgewachsen und bilden
eine Art von Mittelpunkt für das öffentliche Leben, so daß
der Moscheenvorhof selbst zum Marktplatz werden kann und
seine rings geschlossenen, kuppelgewölbten Säulenhallen zum
ständigen Basar.
Wer öfter unter den Spitzbogenarkaden im Hofe der
Bajesid-Djami dem Volkstreiben zugeschaut hat, der wird es
verstehen, warum und was wir an diesen Brunnenhöfen lernen

können, die wir im Abendlande nur vereinzelt an alten Kirchen
nie aber in solcher Benützung kennen. Abgesehen von dem
Reize ihrer künstlerischen Komposition liegt nämlich ihr Wert

Achmed-Brunnen. Deiail.



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