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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Reiners, Heribert: Der Meister von Siersdorf, [2]: Ein niederrheinischer Bildschnitzer aus der ersten Hälfte des XVI. Jahrh.
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Schmid, Andreas: Osterkerze und Osterleuchter
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0110

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183

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr.

184

am ehesten für die Landeshauptstadt Jülich ent-
schließen. Das Jülicher Land stand damals in
einer hohen Blüte, und daß seine Herrscher auch
künstlerische Kräfte zu schätzen wußten, zeigt
die Berufung des Italieners Pasqualini, der
freilich in erster Linie als Festungsbaumeister
tätig war und sein sollte. Es wäre auch eigen-
tümlich, wenn bei der allgemeinen Ausbreitung
des Kunstbetriebes das bedeutende Jülicher
Land keine einheimischen Plastiker gehabt
hätte.

Der Meister der Siersdorfer Werke hat
sich bei fremden Einflüssen — wie ihm diese
vermittelt wurden, ist ungewiß — selbständig
weiter entwickelt zu dem kapriziösen Stile
seiner letzten Werke. Vielleicht ist die Ent-
wicklung so verlaufen, daß er ziemlich ruhig
begann, wobei man die Reliquienbüste aus
Schierwaldenrath als eine frühe Arbeit an-
sprechen müßte. Dann ist er immer krauser
und unruhiger geworden. Die Statue des
Aachener Museums stände wohl auch noch
ziemlich früh. Daran würden sich die Siers-
dorfer Standbilder anschließen und diesen
hinwiederum die Lambertusstatue in Wald-
feucht und ferner die beiden Figuren im
Krefelder Museum mit den anderen Kreuzi-
gungsgruppen folgen. Über den Siersdorfer
Bogen würde dann der Weg zu der Christo-
phorusstatue von Heinsberg führen. Der
krause Stil ist natürlich keine Eigentüm-
lichkeit des Meisters, der war fast seiner
ganzen Zeit gemeinsam und am unteren
Niederrhein ebensogut heimisch, nur mit dem
Unterschiede, daß dieser, auch wenn er
spielerisch wird, wie etwa der Meister des
Krispinusaltares in Kaikar, stets doch noch ein
plastischeres Empfinden bewahrt. Zudem hatte
der Künstler in den Antwerpener Altären seiner

Umgebung Vorbilder genug, die sich ja kaum
genug tun konnten in der Wiedergabe des
Zeitkostüms und den Mangel an seelischem
Gehalte durch technische Bravour und ein
schillerndes, unruhiges Außengewand zu ver-
decken suchten. Gerade das Jülicher Land
ist ungewöhnlich reich an solchen Altären.
Vielleicht sind sie auf den Künstler von
Einfluß gewesen. Sie mögen ihm, wie be-
reits oben gesagt, das Motiv der im Astwerk
verschlungenen Figuren geboten haben, das
er dann künstlerisch verfeinerte; sie mögen
ihm überhaupt in ihren Altarabschlüssen mit
der auf einer Mittelkonsole thronenden Ma-
donna die Anregung zu solchem Bogen ge-
geben haben, wie auch die Figurenauffassung
gerade hier sich sehr den Antwerpener Arbeiten
nähert. Daß solche großen Arbeiten, die aus
der Fremde kommen, auf einen einheimischen
Künstler nicht ohne Einfluß blieben, ist nahe-
liegend.

Die Haupttätigkeit des Meisters ist in das
3.—5. Jahrzehnt des XVI. Jahrh. zu setzen,
und namentlich der Lettnerbogen weist schon
auf die Mitte des Jahrhunderts hin. Archi-
valisches Material hat sich bislang über ihn
nicht finden lassen, und so ist er auch vorläufig
ein Anonymus geblieben.

Man nennt ihn wohl am besten nach dem
Orte, der seine meisten Werke bewahrt, den
Meister von Siersdorf. Daß wir in ihm
keinen Künstler ersten Ranges vor uns haben,
sei nochmals betont. Er ist im letzten Grunde
ein Manierist, der, analog den Antwerpener
Arbeiten, mit technischer Fertigkeit zu glänzen
versteht. Aber er ist ein typischer Vertreter
seiner Zeit und zugleich seiner weiteren Heimat,
und als solcher verdient er Beachtung.

Köln. Heribert Reiners.

Osterkerze und Osterleuchter.

(Mit 2 Abbildungen.)

er Gottesdienst nebst der Tauf-
spendung dauerte in den ersten
3—4 Jahrhunderten die Nacht hin-
durch vom Karsamstag abends bis
Ostersonntag früh, weil der hl. Apostel Paulus
schreibt: Wir sind mit Christus durch die
Taufe zum Tode begraben, damit, gleichwie
Christus auferstanden ist von den Toten durch
die Herrlichkeit des Vaters, also auch wir

in einem neuen Leben wandeln1). Am Anfang
des III. Jahrh. warnt darum Tertullian die
Witwen vor Wiederverheiratung und fragt:
Wer wird es zur Zeit der Osterfeierlichkeiten
ruhig dulden, daß sie die ganze Nacht ver-
bleibe2)? Die apostolischen Konstitutionen
(IV. Jahrh.) ermahnen, bis zum Hahnen-

') Rom. 6, 4.
3) Ad ux. II. G.
 
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