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Kunstchronik: Wochenschrift für Kunst und Kunstgewerbe — 22.1887

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Rosenberg, Adolf: Die akademische Kunstausstellung in Berlin
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Korrespondenz Düsseldorf, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4107#0332

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Korrespondenz aus Düsseldorf.

560

demie, Geheimcr Regierungsrat Zöllner, mit Genug-
thuung konstatiren, daß im ganzen 1302 Werke gegen
1067 im Jahre 1884 ausgestellt werden konnten.
Es sind 970 Ölgemälde, 132 Aguarelle und Zeich-
nungen, 39 Werke der graphischen Kunst, 147 plastische
Bildwerke und 14 architektoniscbe Entwnrfe.

Wenn wir die Ansstellung im allgemeinen cha-
rakterisiren wollen, so ergeben sich folgende Merkmale.
Ohne daß die Malerei und die Plastik großen Stils,
namentlich die historische vernachläsiigt wird, giebt sich
eine entschiedene Abkehr von Romantik und Phantastik
zum Leben der Gegenwart kund. Nach den Vorgange
der Franzosen, Jtaliener, Spanier und Engländer ist
eine stetig wachsende Zahl von Künstlern bestrebt,
Augenblicksbilder aus dem sie umgebenden Leben zu
bieten. Einerseits wird dies mit Hnlfe von technischen
Verfahren erreicht, die eine rasche Vollendung ermög-
lichen (Aguarell, Pastell, kleine Thonmodelle), anderer-
seits tritt die moderne Hell- oder Ln xlsin-nir-
Malerei und in der Plastik der Natnralismus in den
Dienst dieser die Gegenwart abschildernden Kunst.
Jnsbesondere treten Maler, welche ihre Modellstudien
im Freien machen, auch wohl Bilder, wenn sich Zeit
nnd Gclegenheit bietet, ini Freien fertig malen, so
zahlreich auf, daß wir nicht mehr von vereinzelten
Erscheinungen zu reden haben. Dabei ist es eine er-
freuliche Bevbachtung, daß die deutschen Hellmaler
sich nicht in den groben, geistlosen Naturalismus der
Franzosen verirren. F. v. Uhde („ Selig sind, die da geistlich
arm sind, denn das Himmelreich ist ihr!"), Hermann
Nenhaus (Marienplatz in München), Hellgvist, Max
Fleischer und Karl Sterry sind auf unserer Ans-
stcllung die entschiedensten Vertreter dieser Richtung.

Wir wollen hier nicht das bekannte Ausstellungs-
register ableiern, welches stcts mit A. und O. Achen-
bach anhebt und mit A. v. Werner schließt, sondern in
dieser vorläufigen Übersicht nur die Spitzen berühren.
Anf dem Gebiete der monumentalen Plastik steht R.
Siemering mit seinen vier kolosialen Reitersiguren
des Königs Albert von Sachsen, des deutschen Kron-
prinzen, des Fürsten Bismarck und deS Grafen Moltke
für das Leipziger Siegesdenkmal obenan. Jhni zu-
nächst kommt Robert Bärwald mit einer Kolossal-
statue des Kaisers für das Kriegerdenkmal in Posen.
R. Begas hat eine geniale Personisikation des elek-
trischen Lichts geschaffen, welches cr dnrch den Kuß eines
Liebespaares versinnlicht, das an deni schlanken Stamme
eincr Palme emporstrebt, unter deren Blättern aus
Glasglöckchen gebildete Blütentrauben hervorblicken.
Jn derGenreplastikstehenAdolf Hildebrand (Florenz)
mit der knieenden Marmorfignr eines kugelspielenden
jungen Mannes, welche in der Strenge, Objektivität
und Naivetät der Formenbehandlung die besten grie-

chischen Muster in Erinnerung ruft, und Adolf Brütt
mit der außerordentlich fein durchgebildeten Gruppe
eines alten Fischers, der ein junges vornehmes Mäd-
chen, das beim Baden verunglückt ist, gerettet hat,
obenan, auf dem Gebiete der Porträtplastik R. Begas
(Prinz Wilhelm, Fürst Bismarck), Tilgner (Wien) nnd
P. Otto mit einer Statue Chodowiecki's, der sich auch
in einem für das Danziger Museum gemalten Bildnisie
von P. Meyerheim auf der Ausstellung befindet.

Die Historienmalerei ist durch einige Kartons von
Geselschap, dnrch ein dekoratives Gemälde für das
Textilmuseum der Webeschule in Krefeld, „Mönche
bringen dem Kaiser Justinian die ersten Seidenraupen
aus China", von Albert Baur, durch ein figuren-
reiches Kolosialgemälde von Ernst Hildebrand-
Berlin, „Tullia Uber den Leichnam ihres Vaters
hinwegsahrend", ein Ceremonienbild von Hugo Vogel
(Ernst der Bekenner von Lüneburg und Braunschweig
empfängt zum erstenmal das Abendmahl in beiderlei
Gestalt) nnd ein äußerst bizarres Parisurteil von Max
Klinger, die erste größere Arbeit dieses Künstlers,
der bisher meist nur alsRadirer thätig gewesen war, ver-
trcten. Jndem wir uns eine eingehendere Wllrdigung
der hervorragendsten Kunstwerke für den Hauptbericht
in der „Zeitschrist" vorbehalten, wollen wir hier nur
noch auf die Bildnisse von Koner, Stauffer-Bern,
Vilma Parlaghy (eine bei F. A. Kaulbach gcbildete
Ungarin), W. Gentz und Gussow, auf die Land-
schaften und Marinen von E. Körner (die Aus-
grabung der Sphinx), Ludwig, Saltzmann, E.
Fischer, Hallatz, die Genrebilder von A. Holm-
berg, Habermann, F. Stahl, H. Herrmann,
Warthmüller, F. Skarbina, Röchling und T. E.
Rosenthal, sowie auf ein Stillleben, das beste der
Ausstellung, von Elise Hedinger hinweisen. Trotz
des großen Namens gehört A. v. Werners „Fürst
Bismarck im Reichstage", nnr die Halbfigur des Kanzlers
hinter dem Bundesratstische in äußerst nüchterner Um-
gebung, nicht zu den Spitzen der Ausstellnng. Diese
büreaukratische Behandlung des großen Mannes steht
noch unter dem Nivean der Farbenphotographie, die, mit
einigem Geschick gehandhabt, ab und zu den Blitz des
Genins wenigstens imitiren kann. Adolf Roftnberg.

Aorrespondenz.

Düsseldorf, im Juli.

Die permanenten Ausstellungen gaben in den
letzten Wochen ein unrnhiges Spiegelbild von der Be-
teiligung unserer KUnstlerschaft an der diesjährigen
akademischen Ausstellung in Berlin. Schon vor längerer
Zeit hat Hugo Crola bei Schultc ein Porträt seiner
Tochter ausgestellt, das ebenso sehr durch seinen Ge-
samtreiz als durch die Lösung des technischen Problems
 
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