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Deutsches Archäologisches Institut [Hrsg.]; Archäologisches Institut des Deutschen Reiches [Hrsg.]
Jahrbuch des Deutschen Archäologischen Instituts: JdI — 12.1897

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Graef, Botho: Die Amazonenstatuen des Kresilas und Polyklet
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https://doi.org/10.11588/diglit.39821#0093
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DIE AMAZONENSTATUEN DES KRESILAS
UND POLYKLET.
(Tafel 3-)

Durch Untersuchungen Loeschcke’s steht es fest, dafs der Diadumenos,
dessen Hauptvertreter die Statue von Vaison ist, einen Kopf gehabt hat vom Typus
des Casseler und Dresdener Kopfes1. Ein neuer Fund von Delos2 -— eine gut
erhaltene Statue eines Diadumenos mit ungebrochenem Kopfe, gefunden in einem
Hause des II. oder I. Jahrhunderts, hat dieses Resultat glänzend bestätigt und, was
wichtiger ist, damit auch die Methode, durch die es gewonnen wurde. Wer bisher
glaubte, dafs der Kopftypus Cassel-Dresden ein Polykletischer Kunst fremder, durch-
aus attischer sei —- und ich selbst habe mich in Pauly’s R.-E. in dem Artikel
»Amazonen« zu dieser Ansicht bekannt — ist durch diese neue Wahrheit zu einer
Revision seiner Anschauungen gezwungen. Es giebt nur zwei Wege: entweder man
hält sein Urteil über den Kopftypus aufrecht, dann mufs man die Statue dem Poly-
klet absprechen; oder man hält daran fest, dafs die Statue die Polykletische sei,
dann mufs man seine Ansichten über den Kopf opfern.
Ich bin geneigt daran festzuhalten, dafs der Diadumenostypus Vaison der
Polykletische ist, bestärkt durch die Ausführungen Petersens [Bull, comunale 1890,
weitere Vermehrung des Materiales bei Furtwängler, Meisterwerke S. 437) und durch
die Erkenntnis, dafs der Kopftypus des Diadumenos doch nicht schlechterdings mit
dem des Doryphoros unvereinbar ist.
Wenigstens einige Beziehungen zwischen beiden lassen sich finden. Es ist
ja schwer mit dem vorliegenden Material sich eine deutliche Vorstellung davon zu
machen, wie eigentlich der Kopf des Diadumenos ausgesehen haben mag, und einen
eingehenden Versuch, die Repliken zu würdigen, wird man gern verschieben wollen,
bis die Delische Statue dem Studium ganz und gar zugänglich gemacht ist3.
Eine wertvolle Bereicherung bringt der in London neu erworbene Kopf,
welcher in der Revue arch. XXVI (1895) pl- XI, XII abgebildet ist. Die Form des
Kinns und die etwas gröfser geöffneten Augen nähern sich — nach der Abbildung
zu urteilen — einigermafsen dem Doryphorostypus.
Auf der anderen Seite scheint mir die Vermittelung zwischen beiden Typen
der Kopf zu übernehmen, in welchem ich — auf Anregung von Wolters -— einen
Herakles des Polyklet nachzuweisen versucht habe (Röm. Mittheil. IV 215). Der

b Furtwängler, Meisterwerke S. 440 Anm. 2; eine 3) Das ist jetzt geschehen durch L. Couve, Monu-
ausführlichere Darlegung steht zu erwarten. ments et Mem. {Fondation Piot) Tome III fase. 2
2) Bull. d. C. H. 1896, p. 484 nr. 12, pl. VIII. p. 137 und pl. XIV. XV.
 
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