Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Zeitschrift für christliche Kunst — 7.1894

DOI Artikel:
Stiassny, Robert: Jörg Breu von Augsburg, [2]
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.3824#0072

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
101

1894. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 4.

102

Jörg Breu von Augsburg.

IL!) die seit Langem ein kunsthistorischer Paternitäts-

hader schwebt. Derselbe darf heute als zu
Gunsten Jörg Breu's entschieden gelten, den
wir als Zeichner für Glasgemälde bereits oben
im Dienste der Fugger angetroffen hatten (vgl.
Sp. 298 des vor. Jahrg.).2)

Die Malereien auf den kleinen Thüren, den
Flügeln des Spielwerks, sind offenbar
älteren Ursprungs als die auf den grofsen
Flügeln des Pfeifenwerks. Diese Beobachtung
bestätigt das bisher übersehene Datum 1512,
das sich auf einem Ziertäfelchen des linken
Innenbildes findet. Es kehrt wieder auf dem
Original-Entwurf zu den Rückseiten-
bildern, der aus der Sammlung Vasari's in
die Uffizien zu Florenz gelangt und dort
als Burgkmair ausgestellt ist (Nr. 1339; Photo-
graphie Braun 956 und Brogi 1839). Die hier
auf einer Säulenbasis rechts unten angebrachte
Jahreszahl scheint dem ersten Blick 1527 zu
bedeuten, doch ergibt sich die richtige Lesart
aus einer Rekonstruktion der beiden letzten
verwischten Ziffern. Die Komposition dieses
Blattes, einer Helldunkelzeichnung auf grün-
grundirtem Papier (352 x 331 mm), ist in den
beiden Aufsenbildern gleichsinnig und mit
wenigen Abweichungen beibehalten.

Die noch nirgends gewürdigten Gegenstände
der vier Gemälde stehen im sinnigen Bezüge
zu dem Werke, das sie zieren. Die ge-
schlossenen Flügel veranschaulichen die

m zweiten Jahrzehnt des XVI. Jahrh.
hatte sich der Renaissancegeschmack
ganz allgemein in Augsburg einge-
bürgert. Aus den Gemälden und
Holzschnitten Burgkmair's war er durch die
Kapelle der Fugger bei St. Anna (1512) und
den Damenhof des Fuggerhauses (1515) in die
architektonische Wirklichkeit getreten. Wie
eine Reminiscenz an die letztgenannte Hof-
anlage nimmt sich die Hintergrundarchitektur
auf dem Koblenzer Dreikönigsbilde Breu's von
1518 aus. Aber schon früher hatte der Künstler
die entscheidende Wendung zur neuen ita-
lienischen Formenbehandlung vollzogen. Die
irrige Ansicht, dafs die Arbeiten des alten
Breu nicht diesem allein, sondern zwei Malern
gleichen Namens in ebensovielen Generationen
angehörten, beruhte vorab auf der Unkenntnifs
zweier Frühwerke von ausgesprochenem Re-
naissancecharakter, die zu den späteren Er-
zeugnissen des Künstlers hinüberleiten. Da
sie mit diesen weit mehr gemeinsam haben
als mit den voraufgegangenen Arbeiten, em-
pfahl es sich, den chronologischen Faden fallen
zu lassen und sie erst im Zusammenhange mit
der jüngeren Gruppe von Werken zu besprechen.
In der Entwicklung Breu's bezeichnen diese
beiden Schöpfungen einen Höhepunkt, inner-
halb seines Gesammtwerkes stehen sie aber in
manchem Betracht noch isolirt da. Indefs ist
zu bedenken, dafs für die Jahre 1504—1512
beglaubigte Leistungen und damit die ver-
bindenden Zwischenglieder vorläufig fehlen,
während spätere Rückfälle in eine alterthüm-
liche Darstellungsweise sich zum Theil durch
den Brauch der Zeit erklären, demzufolge auch
angesehenen Künstlern manche Aufgabe als
Handwerksarbeit gestellt und bezahlt wurde.
An das Werk, das uns zunächst beschäftigt,
hat Breu jedenfalls seine beste Kraft gesetzt.
In der Fugger'schen Grabkapelle, die
1509—1512 an das Westende der Anna-
kirche in Augsburg angebaut worden war,
gelangte noch im Vollendungsjahre eine reich
ausgestattete Orgel zur Aufstellung. Ihre kleinen
und grofsen Thüren schmücken Gemälde, über

!) Vgl. »Zeitschrift für christliche Kunst« VI.
Sp. 289—298.

Nr. 10,

2) Die beiden Kabinetscheiben aus dem
Fuggerhause, gegenwärtig bei Konservator von
Huber in Augsburg, sind nur Reste eines Cyklus von
Monatsbilderu, für welche sich ■— wie ich durch die
Gefälligkeit Dr. Dan. Burckhardt's erfahre — zehn
Vorzeichnungen auf der Stadtbibliothek zu Bern
erhalten haben (Bd. I, 52—61). Dem von Iluber'schen
Glasgemälde mit der Wirthschaflsszene liegt die Dar-
stellung des „Oktober" zu Grunde. Die kreisrunden,
von einem Ringe mit astronomischen Zeichen einge-
schlossenen Kompositionen (Durchm. 29 cm.) sind
rezvoll erfunden und in nicht immer korrekter aber
höchst kräftiger Federzeichnung ausgeführt. Ohne
Frage gehörten zu dieser Folge die sechs Scheiben-
risse Breu's mit Monatsbildern, die sich ehemals in
der Sammlung des Erzherzogs Leopold Wilhelm be-
fanden (s. Sp. 298 des vor. Jahrg.) Einer der beiden
in Bern fehlenden Blätter „Juli oder August" wird das
Monogramm des Künstlers getragen haben. Das Zeichen
LA auf dem Januarbilde hingegen dürfte der Nainens-
zug des Glasmalers sein. Die Kunstsammlung in Basel
besitzt alte Durchzeichnungen dieser Berner Visirungen.
 
Annotationen