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Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 11./​12.1929/​30

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1./2. Januarheft
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Kubsch, Hugo: Angst vor dem Kitsch?
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Aus dem nordischen Kunstleben
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https://doi.org/10.11588/diglit.26238#0194

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Kops, dessen Blätter von dem Lithographen Robida so
oft verkitscht wurden, bekennt einmal: „Mit der glei-
chen glücklichen Freude zeichne ich die großen bemal-
ten Augen der Pariserin und das benedeite und üppige
Fleisch meiner flandrischen Schwestern“. Das ist es,
was den Künstlern von heute fehlt: die von innen strö-
mende, beglückende Freude über die Schönheit, die
hemmungslose Hingabe an sie. Es gibt einige, die
diese Hingabe noch aufbringen: ich will hier keine
Namen nennen, ich will nur an einen Toten er-
innern, der von der Schönheit des Weibes wirk-
lich besessen war: an Egon Schiele. Es gibt also
einige Schönheitsbegeisterte, doch sie dienen nur spo-
radisch der Schönheit, stillen ihre Sehnsucht lieber im
Genuß: sie leben mehr als sie schaffen oder sie sind gar
durch Millionenerbschaften steril geworden. Sie alle

sollten einmal in Paula Modersohns wunderbaren Brie-
fen blättern, vielleicht stoßen sie auf die Stelle, die das
ganze Sein dieser seltsamen Frau enthüllt: „Morgens
zeichne ich Frau M., eine strotzende Blondine, ein
Prachtstück der Natur, einen leuchtenden Hals in der
Form der Venus von Milo. Sie ist sehr sinnlich: doch
Sinnlichkeit, natürliche Sinnlichkeit, muß sie nicht mit
dieser zeugenden, strotzenden Kraft Hand in Hand
gehen? Diese Sinnlichkeit hat mir etwas von der
großen Mutter Natur mit den vollen Brüsten. Und Sinn-
lichkeit, Sinnlichkeit bis in die Fingerspitzen, gepaart
mit Keuschheit, das ist das Einzige, Wahre, Echte für
den Künstler“. Es gibt Künstler, die noch diese Sinn-
lichkeit bis in die Fingerspitzen haben und die Kraft
zum Dienst an der Schönheit. Möge ihnen der Teufel
nicht die Angst vor dem Kitsch ins Gebein jagen.

Georges des Marees
Bildnis der Erzherzogin
Joseph, späteren Königin
von Bayern

Aus dem noedt{eben Kunßleben.

Am 5. Dezember ist Oscar B j ö r c k , Professor an der
Stockholmer Kunstakademie, im Alter von fast 70 Jahren verstor-
ben. Er zählte zu jener Gruppe der „Pariser Schweden“, an die
die Entwicklung der modernen schwedischen Malerei anknüpft.
Nachdem er zunächst an der Stockholmer Akademie (unter Per-
seus) studiert und den üblichen Weg der Geschichtsmalerei ein-
geschlagen hatte, ging er 1883 mit einem Stipendium nach Paris,
wo er sich zur Freiluftmalerei bekehrte. Aber er hat sich doch
nicht auf den französischen Stil eingeschworen; 1884/85 hat er zu
seiner Fortbildung München aufgesucht, und schon 1883 hatte er
sich zu den dänischen Skagenmalern gesellt. Dort entstand der
„Notschuß“, der sein erster ■ entschiedener Erfolg wurde: eine

Skagener Familie, die bei ihrem bescheidenen Mahle durch einen

Notschuß aufgestört wird. Es folgte ein italienischer Aufenthalt;
Björck malte italienische Volks- und Straßenbilder, unter denen die
„Markthalle in Venedig“ von 1887 (Nationalmuseum Stockholm)
das Hauptwerk bildet. Die im Jahre zuvor vollendete „Römische
Schmiede“ weist nach Motiv und malerischer Auffassung auf die
„Italienischen Dorfhutmacher“ Kröyers, mit dem er freundschaftlich
verbunden war. Seitdem er sich 1888 in Stockholm fest ansässig
gemacht hatte, schuf er Arbeiten der verschiedensten Art: die sehr
gediegene „Fütterung im Stall“ (1890, Stockholm, Museum), Land-
schaften, die Dekorationen für den Speisesaal des „Opernkellers“
(1894/95), deren Akte Bedenken erregten und sogar zum Gegen-
stände einer Interpellation im Reichstage gemacht wurden. Vor
allem aber eroberte sich Björck als Porträtist eine große Stellung;

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