Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Donath, Adolph [Hrsg.]
Der Kunstwanderer: Zeitschrift für alte und neue Kunst, für Kunstmarkt und Sammelwesen — 7./​8.1925/​26

DOI Heft:
1/2. Juniheft
DOI Artikel:
Schneider, Max: Wege und Ziele der neuen Porzellankunst
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.25878#0457

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
IDcqc und Btete det? neuen Poeeeüankunil

üon

jviax Scbncidct?

|ie künstlerischen Gestaltungsmöglichkeiten des
Porzellans erschöpfen sich weder im altmeister-
iichen Stil des 18. Jahrhunderts noch im Naturalismus,
der in den letzten Jahrzehnten sich der Porzellanplastik
bemächtigt hat. Ihre Grenzen liegen da, wo der Werk-
stoff dem Modellschöpfer die Gefolgschaft versagt. Diese
Grenzen werden bestimmt nicht nur durch die Formbar-
keit des Porzellans, die ja sehr weit geht, sondern haupt-
sächlich durch die Veränderungen, welche die Porzellan-
form im Brennofen erfährt. Der Garbrand des Hart-
porzellans verändert die Struktur der Pozellanmasse und
zugleich die Dimensionen der Porzellanform, damit auch
die künstlerischen Verhältnisse. Der die Porzellanform
schaffende Künstler muß daher die Vorgänge im Brenn-

Porzellan einer starken Stilisierung der Form in neuzeit-
lichem Sinne zugänglich ist, und wie das reine Form-
ornament im Porzellan zur Wirkung kommt. Das stilisti-
sche Beiwerk, anfangs eine selbständige Zutat zu dem
F'igürlichen, schließt nun Sockel und Figur zu einer
ornamentalen Einheit zusammen. — Grundlegende Neu-
erungen in der Tierplastik des Porzellans bringt Richard
Scheibe, dessen Tierfiguren aller Zufälligkeiten und
Nebensächlichkeiten entkleidet sind. Hier ist Porzellan-
plastik zu einer Kunst des Wesenhaften und Allgemein-
giltigen geworden. — Milly Steger überzeugt uns davon,

Ernst Wenck, Leda. Rosenthal-Porzellan

ofen kennen, um materialgerecht arbeiten zu können.
Nur aus der Materialerkenntnis heraus kann Porzellan-
kunst richtig verstanden werden, denn sie ist durchaus
werkstofflich gebunden. Im Brennofen liegt das Ge-
heimnis der Porzellantechnik und letzten Endes auch der
Porzellankunst verborgen.

Zur Fortbildung der Porzellanform als reiner Mate-
rialkunstform im Geiste und Empfinden unserer Tage
sind innerhalb des letzten Jahres Künstler hervorgetre-
ten, die berufen erscheinen, sich von der Porzellantradi-
tion loszuringen und neue Wege zu finden. Gustav
Oppel, der von der stilgetreuen Wiedergabe des histori-
schen Vorbildes ausgegangen ist und schließlich die For-
mensprache unserer Tage gefunden hat, zeigt die Ent-
wicklungslinie, die an den altmeisterlichen Stil anknüpft
und in die Moderne mündet. — Die Porzellanschöpfun-
gen Gerhard Schliepsteins lassen erkennen, wie weit

daß das Porzellan nicht nur für die Wiedergabe leichter,
graziöser und kapriziöser Motive sicli eignet, sondern es
auch ermöglicht, die Form mit einem starken Gefühls-
inhalt zu erfüllen. — Friedrich von Graevenitz versteht
es, bei ganz geringen Dimensionen die Formen groß-
zügig zusammenzufassen und eine vorzügliche Silhouet-
tenwirkung zu schaffen. Seine Art, zu modellieren,
geht auf ein feinsinniges Formenspiel aus. Alles Gegen-
ständliche ist vermieden. An Stelle der sonst im Por-
zellan üblichen Durcharbeitung im einzelnen tritt eine
großzügige Behandlung auf Licht- und Schattenwirkung.
— Das Porzellanschaffen Ernst Wencks läßt erkennen,
daß Porzellan nicht immer zierlich und zerbrechlich
scheinend behandelt zu werden braucht, sondern daß
auch die geschlossene Form mit weichem Fluß der
Linien, reinen Konturen und reichem Glanzlichterspiel
echt porzellanig wirkt.

411
 
Annotationen