Römisch-germanisches Korrespondenzblatt
(Fortsetzung des Korr.-Bl. der Westd. Ztschr. f. Gesch. u. Kunst).
Nachrichten für die römisch-germanische Altertumsforschung.
Herausgegeben von Dr. E. Krüger, Museumsdirektor in Trier.
Das Korrespondenzblatt erscheint alle 2 Monate. — Abonnementspreis pro Jahr 3 Mark.
Verlagsbuchhandlung von Jacob Lintz in Trier.
Mai u. Juni. Jahrgang II, 1909. Nr. 3.
NEUE FUNDE.
Giessen. A. Neolithische Siedelung am Südausgang von Leih-
gestern 7 Kil. südlich von Giessen.
Im Laufe des Monats März 1908 wurde das hiesige Museum benachrichtigt,
dass bei Gelegenheit der Abtragung eines Ackers zur Errichtung von Neu-
bauten am Südausgang des Dorfes Leihgestern, Steingeräte und Gefässscherben
in grosser Anzahl gefunden seien. Ein Teil der Steinartefakten sei aus Un-
kenntnis von den Arbeitern als Schleifsteine verschleppt worden. Eine un-
mittelbare Besichtigung am 19. März 1908 ergab, dass ein Acker von 87:17 m
von einer ehemaligen neolithischen Bevölkerung besiedelt war. Der sehr
schwere Lehmboden, in dem einzelne Sandnester eingesprengt sind, barg eine
Fülle von verzierten und unverzierten Scherben, Knochen grösserer Säuge-
tiere, zum Teil gespalten, Lehmverputz und Holzkohle in wechselnder Tiefe
von 0,50—1,20 m. Die ganze Bodenschicht zeigte intensive Benutzung und
tiefdunkle Färbung. Im
nordwestlichen Teil wur-
den eine abgebrochene
Steinaxt (Abb. 14,6), so-
wie allenthalben im Erd-
boden zerstreut verzierte,
der Spiralmäanderkera-
mik angehörige und un-
verzierte Scherben ge-
funden (Abb. 13). Bei
einerScherbe, (Abb .13,4
Mitte), ist das Bogenband
plastisch ausgeführt. Die
ursprüngliche Form der
Gefässe dürfte nach den
vorgefundenen Bruch-
stücken eine bomben-
oder cylinderförmige ge-
wesen sein. Viele An-
sätze in Form von War-
zen, ITenkel, darunter
Schnurösen sind bei den
Gefässresten angebracht
(vgl. Abb. 13). Mehrere
Schleif- und Mahlsteine
wurden dem Boden entnommen. Ein Schleifstein (Abb. 14,1) zeigt eine Neben-
rinne zum Schleifen für pfriemenartige Werkzeuge. Am 6. April wurde ein
einseitig erhöhter Breitmeissel (Abb. 14,5) und der Boden eines grossen Gefässes
(Fortsetzung des Korr.-Bl. der Westd. Ztschr. f. Gesch. u. Kunst).
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Herausgegeben von Dr. E. Krüger, Museumsdirektor in Trier.
Das Korrespondenzblatt erscheint alle 2 Monate. — Abonnementspreis pro Jahr 3 Mark.
Verlagsbuchhandlung von Jacob Lintz in Trier.
Mai u. Juni. Jahrgang II, 1909. Nr. 3.
NEUE FUNDE.
Giessen. A. Neolithische Siedelung am Südausgang von Leih-
gestern 7 Kil. südlich von Giessen.
Im Laufe des Monats März 1908 wurde das hiesige Museum benachrichtigt,
dass bei Gelegenheit der Abtragung eines Ackers zur Errichtung von Neu-
bauten am Südausgang des Dorfes Leihgestern, Steingeräte und Gefässscherben
in grosser Anzahl gefunden seien. Ein Teil der Steinartefakten sei aus Un-
kenntnis von den Arbeitern als Schleifsteine verschleppt worden. Eine un-
mittelbare Besichtigung am 19. März 1908 ergab, dass ein Acker von 87:17 m
von einer ehemaligen neolithischen Bevölkerung besiedelt war. Der sehr
schwere Lehmboden, in dem einzelne Sandnester eingesprengt sind, barg eine
Fülle von verzierten und unverzierten Scherben, Knochen grösserer Säuge-
tiere, zum Teil gespalten, Lehmverputz und Holzkohle in wechselnder Tiefe
von 0,50—1,20 m. Die ganze Bodenschicht zeigte intensive Benutzung und
tiefdunkle Färbung. Im
nordwestlichen Teil wur-
den eine abgebrochene
Steinaxt (Abb. 14,6), so-
wie allenthalben im Erd-
boden zerstreut verzierte,
der Spiralmäanderkera-
mik angehörige und un-
verzierte Scherben ge-
funden (Abb. 13). Bei
einerScherbe, (Abb .13,4
Mitte), ist das Bogenband
plastisch ausgeführt. Die
ursprüngliche Form der
Gefässe dürfte nach den
vorgefundenen Bruch-
stücken eine bomben-
oder cylinderförmige ge-
wesen sein. Viele An-
sätze in Form von War-
zen, ITenkel, darunter
Schnurösen sind bei den
Gefässresten angebracht
(vgl. Abb. 13). Mehrere
Schleif- und Mahlsteine
wurden dem Boden entnommen. Ein Schleifstein (Abb. 14,1) zeigt eine Neben-
rinne zum Schleifen für pfriemenartige Werkzeuge. Am 6. April wurde ein
einseitig erhöhter Breitmeissel (Abb. 14,5) und der Boden eines grossen Gefässes