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Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 1.1890

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Hofmann, Albert: Der "Saal" im romanischen Mittelalter, [2]
DOI Artikel:
Behr, Carl: Ueber Dekoration und Möblirung unserer Wohnräume, [7]
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https://doi.org/10.11588/diglit.11255#0090

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Leite 78.

Fachblatt für Innen-Dekoration".

Nr. 10.

Kissen ein Hauptschmuck, der dem Möbel besonders in den früheren
Zeiten, in welchen es noch eine verhältnißmäßig schlichte Ausbildung
hatte, sehr zu statten kam. Be-
sonders ausgezeichnet wurde der
Thron- und Ehrensitz; seine ganze
Rückwand wurde durch einen reichen,
oft figurengeschmückten Teppich
bekleidet und darüber ein Bal-
dachin aus kostbarem goldge-
schmücktem Stoff mit goldenen
Fransen behängt, befestigt. Der
obere Abschluß des Saales wurde
entweder durch eine reich durch
Schnitzwerk, öfter aber durch
Malerei gebildete Balkendecke mit
Unterzügen, welche an der Wand
auf skulpirten Konsolen ruhten, ge-
bildet, oder aber der Raum wurde
durch ein Gewölbeüberdeckt, welches
— wenn der Saal große Breiten-
dimensionen hatte — in der Mitte
durch eine Säulenreihe getragen
wurde, wodurch der Saal den
Karakter einer zweischiffigen An-
lage erhielt. Im Parcival, 565,

13 geschieht eines gewölbten
Saales mit folgenden Worten Er-
wähnung :

„Innen war der Saal geziert,

„Mit allem Reichthum ausstafsirt;

„Die Fenstersäulen wohl zu loben,

„Ein hoch Gewölbe drauf erhoben."

Der Ehrenplatz im Saale war
durchgängig am Kamine. Es ist dies
eine Reminiscenz an den Brauch
in der ursprünglich einfachen und
schlichten Wohnung, in welcher
die Plätze um das Feuer die best
erwärmten und die best erleuchteten waren und daher dem Hausherrn zu-
standen und dem willkommenen Gaste angeboten wurden. Auch während
des Mittelalters waren diese praktischen Rücksichten noch maßgebend für

Abbildung 38. Hintergrund ?u einer Welt-Dekoration.

Ausgeführt in Applikation und Stickerei
nach Angabe von Carl Gluckert, Hof-Tapezirer in Därmstadt.

die Anordnung des Ehrenplatzes, eins Sitte, dis sich noch tief bis in

die Renaissance hinein erhalten hat (ich erinnere nur an die seitlichen

Sitze der mächtigen Schweizer
Thonöfen, besonders an jene aus
dem Seidenhofe in Zürich), bis
in eine Zeit, wo der Ofen schon
zu einer hervorragenden Wärme-
quelle ausgebildet war und die
Durchbildung der Fenster bereits
einen solchen Fortschritt erlangt
hatte, daß auch die Plätze und
Sitze am Fenster nicht mehr zu
den gemiedenen gehörten, vielmehr
durch ihren Ausblick auf die
Straße, der durch die Verbesserung

des Glases oft ermöglicht war,

gesucht wurden.

Die Stelle des Ehrenplatzes
war deshalb im romanischen Saal
auch Gegenstand eines besonderen
Schmuckes. Die Ruinen des Kaiser-
palastes zu Gelnhausen zeigen
an jener Stelle am Kamin reichen
Skulpturschmuck. Der Kamin
war ein Hauptschmuck des großen
Saales; erreichte dieser Dimen-
sionen, daß ein Kamin nicht mehr
ausreichte, so wurden mehrere
angelegt, wie eine Stelle aus
Parcival, 230, 1 bezeugt, wo es
heißt:

„Von Marmor waren aufgemauert
„Drei viereck'ge Feuerrahmen,
„Da brannt' ein Holz, das man
mit Namen

„Nannte li^num uloö."

Die Kamine waren mit ihren
mächtigen Schloten, die bis an
die hohe Decke reichten, meist an die Wand angelehnt, sehr oft aber auch
behielt die Halle bis in das 16. Jahrhundert hinein ihre Heizstelle
in der Mitte des Raumes. (Fortsetzung folgt.)

'MeVer ^Dekoration unö

unserer ^Eohnräume.

Von Carl Behr.

n. Vas deutsche Waus und seine Wäumr.

(Fortsetzung.)

W>ie Fenster dieser Räume werden meistens init farblosen Butzenscheiben,
welche versetzt übereinander angebracht sind, verglast, und sind
die Flächen derselben zu groß, so eignen sich hübsche alte Schweizerwappen
oder ähnliche Glasbilder und deren Nachbildungen, welche ganz will-
kürlich und unsimetrisch eingesetzt werden können, vortrefflich zur Unter-
brechung. Vor Glasmalereien, in moderner Art ausgeführt, sei ausdrücklich
gewarnt. Das Fenster ist für den Raum immer ein sehr einflußreicher
Faktor, und da die modern gehaltenen Glasbilder meist ein etwas süß-
liches Aussehen zeigen, so kann dieser Theil der Dekoration alles Uebrige
derselben verderben.

In vielen Häusern werden Marmortreppen der Feuersgefahr wegen
verlangt; ja in einigen Städten ist eine steinerne Treppe sogar Vor-
schrift der Baupolizei. Dann wird das Treppenhaus, wenigstens
der zu ebener Erde gelegene Theil, gerne ganz in Marmor ausge-
bildet und meist in einfachen Quadern gehalten. Die einfach aber
würdig komponirten Thürverkleidungen in Eichen- oder geschliffenem
Nußbaumholze sitzen dann meist unvermittelt auf diesen polirten Quadern.
Die Decken solcher Räume werden am besten aus Holz in einfachen
Kassetten ausgeführt. Ist dann die Treppe freiliegend oder doch so an-

geordnet, daß der Beschauer leicht vom untern Raum in den darüber
liegenden Theil des Treppenhauses sehen kann, so ist es wünschenswsrth,
diesen oberen Theil in warmen Farben zu halten.

Es bestehen Beispiele dieser Art, bei welchen die 1. Etage mit
niederer Holzverkleidung, einfachen Gobelins in landschaftlicher Behand-
lung darüber und reich gemalten figürlichen Plafonds im Treppenhaus
durchgesührt wurden und welche mit den einfachen Marmorquadern des
'Parterres wahrhaft entzückend wirken. Selbstredend ist diese Art der
Dekoration keine billige und nur in sehr kostbar gehaltenen Häusern
durchführbar.

Bei einfachen Vorplätzen mit Holztreppen, in welchen bei niede-
rem Holzsockel die Wand geweißt wurde, empfiehlt es sich, die weiße
Wand oftmöglichst durch Fenster und Nischen zu unterbrechen. Leicht
ist oft dem Raum, durch ein Fenster, welches im Zimmer beispielsweise
über der Thür angebracht ist und diesem so wie dem Vorplatz zum
Schmuck gereicht, mehr Licht zu geben. Ein solches Fenster kann, wie
gesagt, im Thüraufsatz angebracht und mit einem Gitter aus geschmiedetem
Eisen verziert sein, es kann aber auch ganz unvermittelt in der Wand
sitzen und dem Raume doch als Schmuck dienen.

Das Tapeziren der Wände in den Vorplätzen ist allerdings nichts
Ungewöhnliches, immerhin aber wohl kaum besonders empfehlenswertst.
Vorplatz und Treppenhaus, wenn sie auch zur Wohnung gehören, sind
doch keine Zimmer, und der papierene Karakter der Tapeten wirkt in
diesen der Straßenluft immer noch etwas ausgesetzten Vorräumen leicht
unsolide. Die japanischen Tapeten machen davon eine Ausnahme;
durch das Relief derselben und das bedeutend zähere Material, sowie
durch die ganze Behandlung dieses Fabrikats, macht dasselbe mehr einen
gediegeneren lederartigen Eindruck und wird deshalb auch häufig zum
 
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