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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 55.1944

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Eckstein, Hans: Karl Scheffler
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https://doi.org/10.11588/diglit.10970#0033
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INNEN-DEKORATI ON 31

KARL SCHEFFLER

Man wird die Geschichte der Kunstgeschicht-
schreibung und der Kunstkritik in Deutsch-
land dereinst nicht schreiben können, ohne dabei
Karl Scheffler, der am 27. 2. sein fünfundsiebzig-
stes Lebensjahr vollendet, an erster Stelle zu
nennen. Seinen Weg vom Malergesellen zum Kunst-
schriftsteller hat er selbst in dem autobiographischen
Entwicklungsroman »Der junge Tobias« dargestellt.
»Die Kunst«, heißt es dort, »trat damals in einigen
Punkten an die Stelle der Religion, sie wurde zum
Gleichnis ringender Weltanschauungen und rief lei-
denschaftliche Kämpfe und Parteiungen hervor. In
diesen Kampf wurde Johann nicht nur hineinge-
zogen, sondern es wurde ihm dieser Kampf recht
eigentlich zum Schicksal.« In den meisten der damals
umstrittenen Künstler, für die sich Scheffler ein-
gesetzt hat, sieht man heute schon die Klassiker von
gestern, und die entscheidenden Wertungen der neue-
ren französischen und deutschen Kunst sind wesent-
lich mitbestimmt von der kritischen Tätigkeit, die
Scheffler über drei Jahrzehnte lang mit gleich-

bleibender Kraft durchgeführt hat. Er machte sich
nicht zum Wortführer einer Partei und hat auf
billige Erfolge verzichtet: »Kunst und Künstler« jene
vor zehn Jahren in ihrem 32. Jahrgange erloschene,
ausgezeichnete Kunstzeitschrift, die er ein Viertel-
jahrhundert lang leitete, hatte einen nur kleinen
Kreis von Freunden, aber wenn ihr die Wirkung in
die Breite versagt blieb, so wirkte sie desto mehr in
die Tiefe und für die Dauer. Was, verknüpft mit der
aktuellen Kunstdiskussion, scheinbar nur Tages-
kritik war, erweist sich nun aus der Distanz noch
deutlicher in seinem dauerhaften Werte. Das Er-
gebnis einer aus zweckfreier Anschauung und mit
einer seltenen Lauterkeit des Charakters, mit Leiden-
schaft und sicherem Instinkt, aber auch immer mit
kühlem Kopf geübten kunstkritischen Tätigkeit ist
ein geistvoller Stil der verantwortungsbewußten
Kunstkritik, der im deutschsprachigen Bereich
Schule gemacht hat. In jedem Aufsatz und in jedem
Buche, wozu die Aufsätze in »Kunst und Künstler«
oft die Keimzellen waren, rang Scheffler von neuem
 
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