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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 7.1891-1892

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Brandes, Otto: Die Pariser Salons 1892, [2]
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Eine Kunstausstellung in Baden-Baden
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https://doi.org/10.11588/diglit.10735#0394

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Der pariser Salon ^892. von Gtto Brandes — Line Kunstausstellung in Baden-Baden, von p. S.

öl2

Nummern des umfangreichen Skulpturenkataloges. Tie
Anregung zu dem in den Linien so harmonischen, in
dem7Köpfchen so fein empfundenen Werke ward Beer
durch des Reformators Mahnung: Verachtet nicht die
Schelme, die um Gotteswillen um ein Stückchen Brot
bitten — punein proprer Oeum. Der künftige Ver-
fasser von „Ein' feste Burg" hält in der einen Hand
ein Buch, während der Körper leicht auf dem linken
Fuß ruht. Ter Mund des herrlichen, so kindlich frommen
Köpfchens ist zum frohen Sange geöffnet. Wenn man

den Kopf einer genaueren Prüfung unterzieht, so ent-
deckt man die Rudimente zu den Linien des energischen
Kopfes des großen Mannes von Worms und von Witten-
berg, was begreiflich, da Beer nach trefflichen Doku-
menten gearbeitet hat. So und nicht anders, sagt man
sich, muß der kleine Luther ausgesehen haben, den Ursula
Cotta in ihr Haus aufnahm. Beer wird zweifellos mit
dieser Figur eine Tradition schaffen, und sich da-
durch fest in die Herzen der Mit- und Nachwelt ein-
schreiben.

Line AunstauMelluna in Baden-Buden

von p. S.

/ilT's hat dem badischen Lande immer zur Ehre gereicht,

daß seine künstlerische Entwicklung nie die Blüte
aufgepfropfter Reiser gewesen, sondern daß der Volks-
stamm es war, der sie trieb. Und das gilt in erster
Linie nicht einmal von der Hauptstadt selber, wo der
Einwand nahe liegt, daß fremde Elemente viel zur
Weiterentwicklung beigetragen haben — wenn schon ge-
rade der Zuzug fremder Kräfte für das Kunstbedürfnis
der Bewohner spricht — sondern vom ganzen Lande.
So z. B. von Mannheim und Heidelberg, die rege Pflege-
stätten der Kunst sind, mit denen, wenigstens der Ein-
wohnerzahl nach gerechnet, nicht viel gleichgroße Städte
im ganzen Reich rivalisieren können. Auch von Freiburg
gilt dies, wo erst vor kurzem die Dombau-Lotterie
135,000 M. zum Ankauf von Kunstwerken aussetzte.
Baden-Baden zählte bis jetzt wenig; es war Luxusbad
und wo die Kunst austrat, da that sie es eben auch im
Gewände des Luxus, zum Behagen und zur Unterhaltung
der Fremden, und das hat nicht viel zu bedeuten. Vor
etlichen Jahren zwar hatte man auch in Baden-Baden
einen kräftigen Anlauf genommen; eine Lotterie zum
Verlosen von Kunstwerken wurde veranstaltet und mehrere
Jahre wiederholt; leider jedoch schlief das wieder ein.
Dieses Jahr ist es nun der thätigen Kurverwaltung in
Person des Herrn Baron v. Balikan gelungen, dort
eine wirkliche Kunstausstellung ins Leben zu rufen, die
am 15. Juni in Anwesenheit des Großherzogs eröffnet
worden ist.

Selbstverständlich handelt es sich hier nicht um eine
Ausstellung im größeren Sinne, die Anspruch darauf
macht, lauter neue Bilder zu bringen; trotzdem sind aus
Karlsruhe und auch aus München eine ganze Anzahl
eben entstandener Werke gekommen, die, wenn sie auch
nicht von epochemachender Bedeutung, so doch durchweg
gediegene Leistungen sind. Und damit ist die Absicht
vollauf erfüllt. Eine hübsche Anzahl guter und erster
Namen ist vertreten und daß keine Ware — der
teriuinus teclluicus lautet: Kunstvereinsbilder — unter-
lief, dafür sorgte die Jury, die von der Karlsruher
Kunstgenossenschaft gewählt war. Ohnehin konnte man
des geringen zu Gebote stehenden Raumes halber nur
eine beschränkte Anzahl Kunstwerke zulasten und so wählte
man denn die Perlen aus; manche tüchtige Leistung
mußte wohl aus Raummangel zurücktreten. —

Die beiden Winterlesesäle des Konversationshauses
sind mit Bildern und Skulpturen gefüllt und machen

(Karlsruhe)

einen vornehmen Eindruck. Zwar sieht man wie gesagt
viel alte Bekannte darunter, aber es sind gute alte Be-
kannte und die sieht man jederzeit gern. Da ist ein
Kaiserbildnis von Lenbach, das für Baden-Baden, wo
der alte Kaiser so gern weilte, besonders interessant sein
muß; wenn ich nicht irre, malte ihn Lenbach sogar ein-
mal dort. Auch sein Lisztporträt ist da und einige
weibliche Studienköpfe. Dann von F. A. v. Kaulbach
ein bekanntes Pastell; von Otto Seitz eine Madonna
und die bekannte Szene vor dem Wirtshaus, die heut
ein wenig braun erscheint; von Ernst Zimmermann
die Madonna aus der letzten Jahresausstellung. Ferner
die köstliche „Bildergalerie" von Brütt, die unbegreif-
licherweise noch keinen Käufer gefunden. Aber auch
einige Bilder sind da, die man längere Zeit nicht ge-
sehen hat und die deshalb Anspruch auf umso größeres
Interesse haben; so jene Leihhausszene von Munkascy,
die bei ihrem Erscheinen berechtigtes Aufsehen erregte;
auch ein älteres Bild von O. Achenbach; ein Grützner,
ein Mathias Schmidt, ein Alex. Wagner. Von
den Sachen, die eben erst die Staffelei verlassen haben,
fällt natürlich dem benachbarten Karlsruhe, das die
meisten Interessen dabei hatte, der Löwenanteil zu und
ist die Landschaftsschule reichhaltiger vertreten als die
Figurenmalerei. Da wäre nur zu nennen ein reizvolles
Damenbildnis in Pastell von Prof. Keller; der Ma-
rinemaler Prof. Grethe schickte die Studienköpfe einiger
alter Seebären; Prof. Klaus Meyer und Prof. Ritter
genrehafte Interieurs. Recht bemerkenswert ist ein
kleines allerliebstes Bildchen von Oskar Bluhm, eine
Mutter nebst Baby in sonnendurchschimmerter Laube, an
dem ein jeder seine Freude haben wird und ein vor-
zügliches Aquarellblatt von Franz Hein. Das wären
so ziemlich alle Karlsruher Figurenbilder; unter den
Landschaften fällt zunächst ein kleiner Schön leb er auf,
ein hochaufgebautes Torf von der Südküste Englands,
eine wahre Perle; ein größerer Baisch; von Manuel
Wielaudt eine italienische Strandlandschaft; außerdem
sind noch vertreten v. Ravenstein, Kallmorgen,
Eit n er, Hoch; Hellway mit einer äußerst malerisch
behandelten „Küste von Wisby"; ferner die Tiermaler
Bergmann und N. Kinsley und die Blumenmalerin
Frau Hormuth - Kallmorgen mit einem Ofenschirm.

Dank der persönlichen Bekanntschaft des Herrn von
Balikan mit vielen hervorragenden Künstlern in München,
an die direkte Einladungen ergingen, brachte man von
 
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