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Open AccessOriginalarbeit

Effekte des psychologischen Gesellschaftsspiels „That’s me“ als Selbsterfahrungsangebot im (Psychologie)‌Studium

Published Online:https://doi.org/10.1026/1616-3443/a000681

Abstract

Zusammenfassung:Theoretischer Hintergrund: Das als Tutorium angebotene Gesellschaftsspiel That’s me kann bereits Psychologiestudierenden einen niederschwelligen Einstieg in die Selbsterfahrung bieten. Bisher ist nichts darüber bekannt, ob durch das Spiel messbare Veränderungen in Bereichen auftreten, in denen Selbsterfahrung wirken kann. Fragestellung: Wir erwarteten positive Veränderungen in den Bereichen Emotionale Kompetenz, Emotionsregulation, interpersonelle Probleme und motivationale Inkongruenz durch die Teilnahme am Tutorium. Methode: Wir verglichen die Werte vor und nach der Teilnahme an That’s me (EG) und mit einer unbehandelten Kontrollgruppe (KG). Ergebnisse: In der EG zeigten sich signifikante Verbesserungen in allen erhobenen Skalen mit kleinen Effektstärken. Die KG zeigte keine Veränderungen. Schlussfolgerungen: Mit Hilfe des niederschwelligen, ökonomischen Angebots That’s me konnten signifikante Veränderungen in Bereichen erzielt werden, in denen Selbsterfahrung wirken kann.

Effects of the Psychological Board Game “Identity” as Self-Reflection for (Psychology) Students

Abstract:Theoretical background: The board game Identity, offered as a tutorial, can provide a low-threshold introduction to self-reflection to psychology students. To date, however, we do not know whether participation in the game effects changes in variables that are potential targets of self-reflection. Hypotheses: We expected positive changes in emotional competency, emotion regulation, interpersonal problems, and motivational incongruence through participation in the tutorial. Method: We compared scores before and after participation in Identity (experimental group, EG) and with an untreated control group (CG). Results: The EG showed significant improvement in all scales with small effect sizes; the CG showed no changes. Conclusion: Identity achieved significant changes in areas thought to improve with self-reflection.

Von Studierenden der Psychologie hörten wir immer wieder die Klage, dass vor allem die ersten Semester des Studiums sehr theorielastig und „trocken“ seien. Gleichzeitig hatten wir den Eindruck, dass die bisherigen Curricula dem Aspekt der persönlichen Voraussetzungen für eine Arbeit als Psychotherapeut_in (der Berufswunsch einer Mehrheit der Psychologie-Studierenden) nur bedingt Rechnung trugen. Über eine Studierende, die bereits seit einiger Zeit mit einer Gruppe Gleichgesinnter gespielt hatte, erfuhren wir von dem Gesellschaftsspiel That’s me, das einen niederschwelligen Einstieg in die Selbsterfahrung bietet. Dieses Spiel erschien uns als gute Möglichkeit, Studierenden einen Einstieg in das Thema Selbsterfahrung zu bieten und den Fokus auf theoretische Grundlagen gerade in den ersten Semestern anwendungsbezogen zu ergänzen. Nach positiven Vorerfahrungen mit kleineren Gruppen, die im Rahmen von einzelnen Masterarbeiten beforscht wurden, wurde das Tutorium That’s me im Wintersemester 2016/2017 an der KU Eichstätt-Ingolstadt etabliert. Nach dem Wintersemester 2019/20 musste das Tutorium wegen der Coronapandemie eingestellt werden.

Das Gesellschaftsspiel „That’s me“

That’s me wurde von der ungarischen Psychologin Györgyi Füzesi mit dem Ziel entwickelt, ein Gesellschaftsspiel zu schaffen, das es den Mitspielenden ermöglicht, sich selbst und andere besser kennenzulernen und positive Erfahrungen in einem Gruppensetting zu machen. Der Grundhaltung der humanistischen Psychologie entsprechend werden Menschen als Individuen wahrgenommen, die sich bewusst und selbstgesteuert entwickeln. Die Aufgabe der Gruppe ist daher nicht, „hilfreich“ einzugreifen, sondern einen Raum zur Verfügung zu stellen, in dem jeder Mitspieler / jede Mitspielerin sich reflektieren und neue Selbsterkenntnis und Inspiration für positive Veränderungen gewinnen kann. Das Spielmaterial besteht aus einem Spielbrett, einem Würfel, Spielsteinen und Karten. Ein Gruppenleiter / eine Gruppenleiterin erinnert vor dem Spiel an die Regeln (vor allem die Verschwiegenheit über während des Spiels Gehörtes sowie das Zuhören ohne Feedback) und achtet währenddessen auf deren Einhaltung, spielt aber ansonsten regulär mit. So soll ein geschützter Rahmen für alle Mitspielenden entstehen. Diese sind nacheinander an der Reihe, würfeln, und ziehen ihren Spielstein um die entsprechende Zahl Felder weiter (die Felder sind in Form einer stilisierten Blume kreisförmig angeordnet, ein Ziel gibt es also nicht). Je nach Feld wird eine Karte aus einer von sieben Kategorien gezogen (Erfahrung, Glück, Liebe, Seelenkraft, Unterstützung, Zitat und Feedback). Die Karten der ersten fünf Kategorien sind gleich aufgebaut und enthalten eine Frage oder Aufgabe, einen kurzen Text, der den Zweck dieser Frage erklärt, sowie eine damit in Zusammenhang stehende „Tipp-Aufgabe“ (siehe Beispiel in Tabelle 1). In der Kategorie „Zitat“ geht es darum, ein Zitat für das eigene Leben nutzbar zu machen, und in der Kategorie „Feedback“ soll einem beliebigen Gruppenmitglied zu einem bestimmten Thema Feedback gegeben werden. Die gezogene Karte wird laut vorgelesen. Dann stehen fünf Minuten zur Beantwortung zur Verfügung, wobei aus der eigenen Erfahrung gesprochen und das Wort „man“ nach Möglichkeit vermieden werden soll. Die Gruppe hört lediglich zu und gibt kein Feedback. Die bearbeitete Karte bleibt vor der Person liegen, die sie beantwortet hat. Zusätzlich gibt es einige „Regelkarten“, um Einfluss auf den Spielverlauf zu nehmen, z. B. kann man durch Spielen der Karte „Eigenes Erleben“ die Frage einer anderen Person ebenfalls beantworten. Danach geht es in der regulären Abfolge weiter.

Tabelle 1 Beispiele für Karten der Kategorien Erfahrung (oben) und Unterstützung (unten)

Da das Spiel kein „natürliches“ Ende hat, sollte die Gruppe vorher eine ungefähre Dauer vereinbaren und so aufhören, dass jedes Mitglied gleich oft regulär an der Reihe war. Im Anschluss reflektieren die Spielenden für sich anhand der gesammelten Karten und einiger Reflexionsfragen den Spielverlauf und entscheiden sich für eine Tipp-Aufgabe, die bis zur nächsten Spielrunde in Angriff genommen werden soll. Entsprechend beginnt die nächste Spielrunde mit einem Feedback zu den Tipp-Aufgaben. Es haben sich etwa 90 bis 150 Minuten Spieldauer (inklusive Anfangs- und Reflexionsrunde) und eine Gruppengröße von zwei bis sechs Personen bewährt (Füzesi, 2014). Nach Angaben der Autorin (G. Füzesi, persönl. Mitteilung, Oktober 2016) wird das Spiel in Ungarn auch mit Patienten und Patientinnen, also therapeutisch, gespielt.

„That’s me“ als Angebot zur Selbsterfahrung

Beim Design der Begleitforschung fragten wir uns, welche Merkmale sich durch das Tutorium That’s me verändern könnten, die Zielvariablen von Selbsterfahrungsangeboten darstellen und für die es etablierte Messinstrumente gibt. Wir beschlossen, die Effekte auf Emotionale Kompetenz, Emotionsregulation, interpersonale Probleme sowie Kongruenz im eigenen Leben zu untersuchen. Aufgrund unserer eigenen Spielerfahrung und des Aufbaus von That’s me erschienen uns positive Veränderungen in diesen Bereichen als möglich, und außerdem erschienen sie uns als Bereiche, in denen Selbsterfahrung wirken sollte. So formulierten Kämmerer, Kapp und Rehahn-Sommer (2011) sieben inhaltliche Bausteine für Selbsterfahrung. Hierbei bezogen sie sich speziell auf die Verhaltenstherapie, jedoch scheinen die meisten dieser Bausteine, die im Einklang mit den Empfehlungen der Bundespsychotherapeutenkammer (2010, zitiert nach Kämmerer et al., 2011) stehen, verfahrensübergreifend bedeutsam:

  1. 1.
    Verwirklichung eines humanistischen Menschenbilds
  2. 2.
    Biographiefokussierte Selbstreflexion
  3. 3.
    Emotionales Erleben als Kernthema der Selbsterfahrung
  4. 4.
    Selbstanwendung verhaltenstherapeutischer Interventionen
  5. 5.
    Anleitung zu verantwortungsbewusstem und kompetentem therapeutischem Handeln
  6. 6.
    Sensibilisierung für den sozialen Kontext psychischer Störungen und des therapeutischen Handelns
  7. 7.
    Ressourcenorientierung und Burnout-Prophylaxe

Inhaltlich sollte That’s me vor allem einen Beitrag zu den Punkten 1, 2, 3 und 7 von Kämmerer et al. (2011) leisten.

Humanistisches Menschenbild

Die Grundstruktur des Spiels fördert den Respekt vor dem Erleben der Mitspielenden. Während das „feedbackfreie Zuhören“ anfangs sehr ungewohnt ist, lernt man beim Spielen, tatsächlich nur zuzuhören und dem Gehörten und den eigenen Reaktionen darauf nachzuspüren. Durch das Zuhören erfahren Spieler_innen gegenseitig viel über ihre Selbst- und Weltsicht, Werte, Prioritäten, Grundannahmen und Interpretationsweisen. Auch kann die Devise „Schwächen wir einander nicht in unserer übermäßigen Absicht zu helfen, sondern stärken wir eher unser Vertrauen“ (Füzesi, 2014) möglicherweise gerade für Personen in Psychotherapie-Ausbildung ein Gegengewicht zu dem oft selbst gemachten Druck darstellen, schnell eine passende Intervention parat zu haben.

Reflexion der Biographie

Während That’s me keine systematische Biographiearbeit beinhaltet, wird durch die Betonung des eigenen Erlebens und der eigenen prägenden positiven wie negativen Erfahrungen immer wieder die Auseinandersetzung mit wichtigen biographischen Gegebenheiten angeregt, beispielsweise die Beziehungen zu den Eltern (Kategorie Liebe) oder vergangene Bewältigungserfahrungen (Kategorie Erfahrung).

Emotionales Erleben

Durch die Art der Fragestellung und die Aufforderung, in der ersten Person zu sprechen, spielt das emotionale Erleben in allen Kategorien eine große Rolle, oft werden positive und negative Gefühle aber auch explizit thematisiert. Auch hier bietet das Zuhören, während andere dran sind, die Chance, den Umgang mit Emotionen bei anderen zu verstehen, und gleichzeitig die Möglichkeit zur „stillen“ Selbstreflexion und zur Wahrnehmung von eigenen beim Zuhören erlebten Emotionen.

Ressourcenorientierung und Burnoutprophylaxe

Die Ressourcenorientierung zieht sich ebenfalls durch viele der Spielkarten, sowohl durch die lösungsorientierte Grundhaltung der Fragen und Texte insgesamt als auch explizit.

Somit werden wichtige Aspekte der Selbsterfahrung für angehende Psychotherapeut_innen durch das Spiel That’s me abgedeckt, weshalb es als Angebot zur Selbsterfahrung geeignet erscheint. Eine Beforschung des Spiels schien uns auch im Hinblick auf die neuen approbationsrelevanten Masterstudiengänge interessant, in deren Rahmen auch Selbstreflexion verpflichtend angeboten werden muss (PsychThApprO § 11).

Forschung zur Selbsterfahrung

Es ist überraschend, wie wenig empirische Forschung es zur Psychotherapieausbildung allgemein und speziell zur Selbsterfahrung gibt, vor allem in Zeitschriften mit Peer-Review-Verfahren. Dies liegt teilweise sicher daran, dass die Ausbildungslandschaft international sehr uneinheitlich ist und das Thema Selbsterfahrung lange gerade in der einflussreichen anglo-amerikanischen Literatur kaum vertreten war (Hill & Knox, 2013; Laireiter, 2000). In den letzten Jahren gibt es hier allerdings zunehmend Veröffentlichungen zu Programmen für die psychotherapeutische Aus- und Weiterbildung unter der Bezeichnung „self-practice / self-reflection“. Dabei geht es um die Anwendung verhaltenstherapeutischer Interventionen bei sich selbst und die Reflexion der dabei gemachten Erfahrungen (Bennett-Levy et al., 2001; Bennett-Levy & Finlay-Jones, 2018). Wir beziehen uns im Folgenden vor allem auf deutsche Veröffentlichungen zu den Effekten von Selbsterfahrung.

Relativ häufig finden sich retrospektive Befragungen von Teilnehmenden darüber, wie zufrieden sie mit der Selbsterfahrung waren und / oder wie sehr sie subjektiv profitiert haben (z. B. Lieb, 2000; Sedlacek, 2019) oder wie sehr die vorher gehegten Erwartungen erfüllt wurden (Lieb, 2000). Insgesamt wird Selbsterfahrung / Eigentherapie an dritter Stelle gesehen, was die Bedeutung für die Entwicklung psychotherapeutischer Kompetenz angeht, nach der eigenen supervidierten therapeutischen Tätigkeit und der Supervision (Laireiter, 2014).

Solche Ergebnisse sind schwierig zu interpretieren. Erstens ist bekannt, dass Psychotherapeut_innen dazu neigen, ihre Kompetenzen zu überschätzen (Tracey, Wampold, Lichtenberg & Goodyear, 2014; Walfish, McAlister, O’Donnell & Lambert, 2012), was sich möglicherweise auch auf deren Veränderung erstreckt. Zweitens bedeutet die Teilnahme an Selbsterfahrungsangeboten zumeist einen deutlichen zeitlichen und auch finanziellen Aufwand, sodass allein im Sinne der Verminderung kognitiver Dissonanz eine positive Einschätzung wahrscheinlich erscheint.

Informativer sind hier Studien, in denen interessierende Variablen vor und nach der Intervention gemessen werden. So fanden Sulz und Gräff-Rudolph (2019) nach einem Jahr Selbsterfahrung entsprechend dem Konzept der strategischen Selbsterfahrung (Sulz, 2015) im Rahmen der ärztlichen Weiterbildung oder psychotherapeutischen Ausbildung bei einer Stichprobe von 20 Teilnehmenden eine signifikante Reduktion dysfunktionaler Persönlichkeitszüge sowie eine geringere Bedeutsamkeit dysfunktionaler Überlebensregeln im vorher-nachher-Vergleich, wobei die Konzepte teilweise mit selbst entwickelten Instrumenten gemessen wurden. Eine weitere, ähnlich zusammengesetzte Stichprobe (Sulz & Gräff-Rudolph, 2019) zeigte eine tendenzielle Abnahme dysfunktionaler Emotionsregulation, sowie eine signifikante Abnahme von allgemeinen psychischen, Angst- und Depressionssymptomen (letzteres auf Trend-Niveau) im prä-post-Vergleich. Dies zeigte sich, obwohl die Symptome von vornherein gering ausgeprägt waren. Durch das Design mit zwei Messzeitpunkten erscheinen hier Verzerrungseffekte unwahrscheinlicher als bei einer rein retrospektiven Erhebung. Kritisch anzumerken ist aber, dass die genannten Studien meist keine Kontrollgruppen haben und die verschiedenen Ausbildungsbausteine parallel laufen. So ist nicht auszuschließen, dass die beschriebenen Veränderungen durch andere Faktoren verursacht wurden, sei es durch andere Bausteine der besuchten Aus- oder Weiterbildung, sei es durch persönliche Reifung. Auch in der Selbsterfahrungsforschung wäre also randomisierten kontrollierten Studien der Vorzug zu geben. Allerdings sind diese mit Ausbildungsteilnehmenden nur schwer durchführbar, weil die verschiedenen Ausbildungsbausteine gleichzeitig angeboten werden und eine tatsächlich vollständig „unbehandelte“ Kontrollgruppe, die gar keine Selbsterfahrung erhält, durch die gesetzlichen Vorgaben nicht möglich ist.

Im Gegensatz zur postgradualen Ausbildung bestand während des Psychologiestudiums zur Zeit der Datenerhebung noch keine Verpflichtung zur Selbsterfahrung und somit die Möglichkeit, die Effekte von That’s me unter Nutzung einer unbehandelten Kontrollgruppe zu untersuchen. Gleichzeitig weist die Zielgruppe der Psychologiestudierenden große Überschneidungen mit der der späteren Ausbildungsteilnehmer_innen auf.

Mithilfe eines kontrollierten Designs sollte in dieser Studie die Veränderung in verschiedenen selbsterfahrungsrelevanten Bereichen durch das Tutorium That’s me untersucht werden. Wir erwarteten, dass sich durch eine Teilnahme am Tutorium Veränderungen in Emotionaler Kompetenz und Emotionsregulation sowie im zwischenmenschlichen Bereich (Reduktion interpersonaler Probleme) zeigen würden. Wir erwarteten ebenfalls eine Reduktion der Inkongruenz bezüglich motivationaler Ziele. Inkongruenz bezeichnet die unzureichende Umsetzung motivationaler Ziele, wie beispielsweise das Erreichen von Autonomie oder das Vermeiden von Verletzlichkeit. Wir erwarteten im Hinblick auf alle diese Bereiche eine signifikante Verbesserung in der Experimental-‍, nicht aber in der Kontrollgruppe von der Prä- zur Postmessung. Weiterhin erwarteten wir, dass sich dieser Effekt auch in einer multivariaten Messwiederholungs-Varianzanalyse zeigen würde.

Methode

Stichprobe

Die Stichprobe besteht aus Studierenden der Katholischen Universität Eichstätt-Ingolstadt, die zwischen den Wintersemestern 2016/17 und 2019/20 am Tutorium That’s me teilgenommen haben. Es handelte sich um eine freiwillige Veranstaltung ohne Anrechnung auf die Studienleistung. Im Oktober 2016 konnte die Autorin des Spiels zur Durchführung eines zweitägigen Workshops zur Schulung der Spielleiterinnen gewonnen werden. Seitdem führte eine hier ausgebildete und spielerfahrene frühere Studentin die Schulungen durch. Das Tutorium wurde vor allem in den psychologischen Studiengängen (Bachelor- und Masterstudiengang Psychologie sowie Schulpsychologie) beworben, jedoch wurden auch interessierte Studierende anderer Fachrichtungen aufgenommen, wenn Plätze verfügbar waren.

Die Organisation des Tutoriums übernahm jeweils für ein Jahr eine Kleingruppe spielerfahrener Studierender aus dem Masterstudiengang Psychologie, die in dem Projekt ihre Masterarbeiten schrieben. In der vorliegenden Studie waren diese Spielleiterinnen ausschließlich weiblich. Interessent_innen nahmen zunächst an einem Probespiel teil und trafen dann die Entscheidung über eine Teilnahme am Tutorium. Das Ziel, innerhalb eines Semesters zehn Spielrunden von 1,5 – 2,5 Stunden Dauer abzuhalten, wurde nicht immer erreicht, es fanden teilweise nur acht oder neun Treffen statt. Für die Spielleiterinnen fanden monatliche Treffen statt, in denen Probleme in den Gruppen besprochen wurden. Dazu zählten sowohl inhaltliche Fragen (berichtete Inhalte, Probleme bei der Einhaltung der Spielregeln) als auch organisatorische Fragen der Begleitforschung. In diesem Rahmen wurde auch immer wieder auf die Bedeutung der Datenerhebung hingewiesen, Daten zu Anzahl und Dauer der Sitzungen wurden aber nicht systematisch erhoben. Wenn die Gruppen eingeteilt waren, organisierten sie Ort und Zeitpunkt der Spielrunden selbst. Wenn einzelne Mitglieder krank waren oder keine Zeit hatten, spielten die Gruppen auch „unvollständig“. Die Erfassung der Daten erfolgte durch die Spielleitungen der Gruppen vor Beginn des Tutoriums (prä) und nach seinem Abschluss (post). Die Kontrollgruppe rekrutierte sich teilweise aus Personen, die aufgrund begrenzter Plätze ein Semester auf eine Teilnahme warten mussten, vor allem aber aus Studierenden, die eigens für die Kontrollgruppe rekrutiert wurden und Versuchspersonenstunden gutgeschrieben bekamen. Da die im Studienzeitraum rekrutierte Kontrollgruppe zu klein war, führten wir im Sommersemester 2022 eine Nacherhebung lediglich der Kontrollgruppe durch. Spielgruppen fanden in dieser Zeit nicht statt, da durch die coronabedingten Einschränkungen die Machbarkeit unsicher schien und außerdem der normale Ablauf (Tätigkeit ehemaliger Teilnehmer_innen als Spielleiter_innen) durch die lange Phase ohne Gruppen abgerissen war. Der Abstand zwischen prä- und post-Messung lag in beiden Gruppen bei etwa drei Monaten.

Messinstrumente

Emotionale Kompetenz

Der Emotionale Kompetenz Fragebogen (EKF; Rindermann, 2009) misst vier Aspekte der Emotionalen Kompetenz (Subskalen Erkennen und Verstehen eigener Emotionen, EE; Erkennen von Emotionen bei anderen, EA; Regulation und Kontrolle eigener Emotionen, RE und Emotionale Expressivität, EX) mit insgesamt 62 Items, sowie, mit zusätzlichen 29 Items, zwei verbundene Konstrukte (Zusatzskalen Regulation der Gefühle anderer, RA und Einstellungen zu Gefühlen, EU). Die Zustimmung zu den Items wird auf einer fünf-stufigen Likert-Skala von „stimmt überhaupt nicht“ bis „stimmt vollständig“ eingeschätzt. Der EKF ist ein reliables (Cronbach’s α der Subskalen zwischen .89 und .93) und valides Maß (Rindermann, 2009). In der aktuellen Stichprobe lag Cronbach’s α in den Subskalen zwischen .81 und .95.

Emotionsregulation

Der Fragebogen zur Erfassung der Emotionsregulation bei Erwachsenen (FEEL-E; Grob & Horowitz, 2014) besteht aus 24 Items zur Emotionsregulation, die jeweils in Bezug auf die Emotionen Angst, Wut und Traurigkeit beantwortet werden sollen (also insgesamt 72 Items). Hierbei lassen sich jeweils sechs adaptive Strategien (z. B. Problemorientiertes Handeln) und sechs maladaptive Strategien (z. B. Rückzug) quantifizieren. In der vorliegenden Studie wurden nur die Sekundärskalen Adaptive und Maladaptive Strategien betrachtet, die sehr gute Reliabilitätskennwerte aufweisen (Cronbach’s α .91 bzw. .88) und veränderungssensitiv sind (Grob & Horowitz, 2014). In unserer Stichprobe ergab sich für die Adaptiven Strategien Cronbach’s α = .91 und für die Maladaptiven Strategien α = .88.

Interpersonale Probleme

Das Inventar zur Erfassung Interpersonaler Probleme – Deutsche Version (IIP-D; Horowitz, Strauß & Kordy, 1994) ist ein etabliertes Maß in der internationalen Psychotherapieforschung (Brähler, Horowitz, Kordy, Schumacher & Strauss, 1999; Horowitz, Rosenberg, Baer, Ureño & Villaseñor, 1988). Durch die Selbsteinschätzung interpersonaler Verhaltensweisen, die den Befragten entweder schwerfallen oder die sie im Übermaß zeigen, erlaubt es einen Rückschluss auf Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen. Die hier verwendete Version besteht aus 64 Items. In der vorliegenden Studie wurde der Gesamtwert zur Auswertung herangezogen, der einen psychometrisch sehr guten Indikator für die Belastung durch interpersonale Probleme insgesamt darstellt (Horowitz et al., 1994). In unserer Stichprobe ergab sich Cronbach’s α = .89.

Inkongruenz

Der Inkongruenzfragebogen (INK, Grosse Holtforth, Grawe & Tamcan, 2004) ist ein Maß für die unzureichende Umsetzung motivationaler Ziele und wurde eigentlich für Patient_innen in der Psychotherapie entwickelt. Mit 94 Items wird die Inkongruenz in Bezug auf 14 Annäherungsziele (z. B. Geselligkeit, Autonomie) und 9 Vermeidungsziele (z. B. Spannungen mit anderen, sich verletzbar machen) gemessen. In dieser Studie wurden die übergreifenden Gesamtwerte je für Annäherungs- und Vermeidungsziele analysiert, welche gute Reliabilitätskennwerte aufweisen (.89 bzw. .92 bei gesunden Personen). Dabei sind die Annäherungsziele positiv formuliert (höhere Werte entsprechen weniger Inkongruenz) und die Vermeidungsziele negativ (höhere Werte entsprechen mehr Inkongruenz). In unserer Stichprobe lag Cronbach’s α für Annäherungs- und Vemeidungsziele bei .95.

Evaluation

Ein eigens für die Studie konstruierter Evaluationsbogen enthielt Fragen zu verschiedenen Aspekten des Spiels, wie z. B. Lieblingskategorie, am wenigsten gemochte Kategorie, Erleben der Spielrunden. Im Rahmen dieser Auswertung betrachteten wir aus Platzgründen nur die Fragen „Können Sie sich vorstellen, weiter an Spielrunden teilzunehmen?“ und „Würden Sie That’s me anderen Studierenden weiterempfehlen?“

Statistische Analysen

Wir verglichen die Interventionsgruppen hinsichtlich grundlegender demographischer Merkmale mit Hilfe von t-Tests bei unabhängigen Stichproben bzw. dem Kontingenzkoeffizienten. Wir entschieden uns für dieses Maß, da manchmal erwartete Zellengrößen < 5 vorkamen, was den gewöhnlichen Chi-Quadrat-Test ausschließt.

Wir führten für alle elf erhobenen Skalen gemeinsam eine 2 (Messzeitpunkte) * 2 (Interventionsgruppe) multivariate Messwiederholungs-Varianzanalyse durch (Quadratsumme vom Typ III). Um die Größe der Effekte zu quantifizieren, berechneten wir im zweiten Schritt mit Hilfe der Freeware auf www.psychometrica.de (Lenhard & Lenhard, 2017) prä-post-Effektstärken für die einzelnen Maße. Bei der verwendeten Variante erfolgt eine Korrektur für die Korrelation zwischen den aufeinanderfolgenden Messungen ρ, indem statt der gepoolten Standardabweichung die folgende Formel verwendet wird: (Morris & DeShon, 2002). Die Effektstärken zwischen den Gruppen berechneten wir ebenfalls mit dem Rechner auf psychometrica.de (Lenhard und Lenhard (2017). Dabei verwendeten wir die von Morris (2008) vorgeschlagene Korrektur, da hier die Präwerte mit in die Berechnung einfließen:

(wobei)

(und)

()

Ergebnisse

Stichprobe

Im Rahmen des Tutoriums fanden in sieben Semestern 33 Spielgruppen statt, wobei 31 Personen als Spielleiterinnen beteiligt waren. Der Ablauf der Studie ist in Abbildung 1 dargestellt. In dem Diagramm sind nur Teilnehmer_innen berücksichtigt, von denen mindestens ein Fragebogen vorlag. Aufgrund der dezentralen Organisation der Datenerhebung ist es möglich, dass weitere Personen an dem Tutorium teilgenommen haben, ohne Daten zur Verfügung zu stellen. Für die Analysen wurden Personen ausgeschlossen, von denen weniger als 5 Spielrunden dokumentiert waren.

Von 41 Personen lag eine Prämessung vor, aber die Postmessung fehlte und / oder es waren weniger als fünf Spielrunden dokumentiert. Diese als „Dropouts“ bezeichnete Gruppe unterschied sich von den eingeschlossenen Personen nicht in Bezug auf Alter, Familienstand, Studiengang oder das Vorhaben, eine Psychotherapieausbildung zu beginnen. In den erhobenen Maßen zeigte sich als einziger signifikanter Unterschied ein höherer Wert für die Subskala Regulation eigener Emotionen im EKF in der Gruppe der Dropouts, Studienstichprobe M = 3.47, SD = 0.59, Dropoutgruppe M = 3.69, SD = 0.52, t‍(202) = -2.274, p = .024.

Abbildung 1 Ablauf der Studie

Die Experimentalgruppe (EG) bestand aus 87 Personen. Im Durchschnitt waren 7.5 Spielrunden (SD = 1.0) gespielt worden. Da die Kontrollgruppe aus zwei Subgruppen bestand, die sich im Zeitraum der Erhebung unterschieden (KG1 im selben Zeitraum wie die Spielgruppen, KG2 im Sommersemester 2022), verglichen wir zunächst die beiden Subgruppen, um zu sicher zu gehen, dass diese zu einer Kontrollgruppe zusammengefasst werden konnten. Es ergaben sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf Alter, Geschlecht, Familienstand, oder Studiengang (alle p > .05). Lediglich bei der Frage, ob die Aufnahme einer Therapieausbildung geplant sei, unterschieden sich die Subgruppen. In der KG1 beantworteten 35 % mit nein, 38 % mit ja und 27 % wussten es nicht, während in der KG2 je 21 % mit ja bzw. nein antworteten und die Mehrheit mit 57 % es noch nicht wusste (χ2‍(2) = 7.212, p = .027). In Anbetracht dieser insgesamt sehr geringen Unterschiede entschieden wir, die beiden Subgruppen zusammenzufassen und berichten ab sofort über die kombinierte KG, die aus 71 Personen bestand.

Die Experimental- und Kontrollgruppe unterschieden sich kaum in demographischen Maßen und Studiengang, wie aus Tabelle 2 hervorgeht. Es zeigte sich lediglich ein statistischer Trend zu mehr (Schul)‌Psychologiestudierenden in der KG, was sich vermutlich daraus erklärt, dass nur im Bachelorstudiengang Psychologie Versuchspersonenstunden geleistet werden müssen und daher Studierende anderer Studiengänge weniger zu einer Teilnahme an der KG motiviert waren.

Tabelle 2 Angaben zur Stichprobe

Die 2‍(Zeitpunkte) * 2‍(Gruppen) MANOVA über alle elf erhobenen Skalen ergab einen signifikanten Haupteffekt der Zeit, F‍(11, 138) = 3.520 , p < .001, sowie einen signifikanten Interaktionseffekt Zeit*Gruppe, F‍(11, 138) = 2.937, p = .002; der Haupteffekt der Gruppe war nicht signifikant, F‍(11, 138) = 0.085, p = .315. In Tabelle 3 sind die Ergebnisse der einzelnen ANOVAS aufgeführt. Der signifikante Interaktionseffekt Zeit*Gruppe zeigte sich in den EKF-Subskalen Erkennen von Emotionen bei anderen, Emotionale Expressivität, Regulation von Emotionen bei anderen und Einstellung zu Emotionen sowie beim IIP-Gesamtwert. Signifikante Haupteffekte der Zeit zeigten sich bei die EKF-Subskalen Erkennen von Emotionen bei anderen, Regulation und Kontrolle eigener Emotionen, Emotionale Expressivität, Regulation von Emotionen bei anderen, in der Subskala Adaptive Strategien des FEEL-E und in der Subskala Vermeidungsziele des INK.

Tabelle 3 Ergebnisse der ANOVAs

Tabelle 4 enthält die prä- und post-Werte der Skalen sowie prä-post-Vergleiche und Effektstärken für die EG und Effektstärken zwischen den Gruppen. Die prä-post-Effektstärken waren mehrheitlich klein. Ausnahmen bildeten hier die EKF-Subskalen Erkennen von Emotionen bei Anderen und Emotionale Expressivität, wo die Effekte im mittleren Bereich lagen.

Tabelle 4 Veränderungen zwischen der Prä- und Postmessung in Experimental- und Kontrollgruppe

Auch die Effektstärken zwischen den Gruppen lagen zumeist im Bereich kleiner Effekte, bis auf die Skalen Regulation und Kontrolle eigener Emotionen des EKF und beide Subskalen des FEEL-E, in denen die Effekte vernachlässigbar waren.

Die große Mehrheit der Teilnehmenden (80 Personen oder 92 %) würden That’s me anderen Studierenden empfehlen, drei (3 %) unter bestimmten Umständen und eine Person (1 %) gar nicht. Fast zwei Drittel der Stichprobe (56, 64 %) gaben an, sich ein Weiterspielen vorstellen zu können, 16 (18 %) unter bestimmten Bedingungen (vor allem im Hinblick auf Zeit und die Zusammensetzung der Spielgruppe) und 14 (16 %) nicht.

Diskussion

Mit der kontrollierten Untersuchung von That’s me in Form eines Tutoriums konnten wir signifikante positive Effekte in den Bereichen Emotionale Kompetenz, Emotionsregulation, Interpersonale Probleme und Inkongruenz aufzeigen. Es ist bemerkenswert, dass diese wenngleich kleinen Effekte mit nur fünf bis zehn Spielrunden und in einer gesunden Stichprobe zu erzielen waren. Die untersuchten Bereiche scheinen uns für die psychologische Selbsterfahrung von grundlegender Bedeutung zu sein, da der psychotherapeutische Beruf hohe Anforderungen an die Wahrnehmung und Regulation eigener und fremder Emotionen und das zwischenmenschliche Verhalten stellt. Auch sollten Psychotherapeut_innen möglichst gut in der Lage sein, ihre motivationalen Ziele zu erreichen, einerseits, um ihre Patient_innen dabei unterstützen zu können, andererseits, um selbst gesund zu bleiben.

Natürlich hat auch diese Studie methodische Nachteile. An erster Stelle ist hier der große Dropout aufgrund fehlender Fragebögen zu nennen, der Fragen zur Repräsentativität aufwirft. Der Grund ist hier vermutlich in der dezentralen Datenerhebung zu suchen – für die Verteilung der Fragebögen waren jeweils die Spielleiterinnen verantwortlich und die Post-Messung erfolgte zu Semesterende, sodass es manchmal schwierig wurde, die Teilnehmer_innen zu erreichen. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die selbst selegierte Stichprobe ohne randomisierte Gruppenzuteilung. Es ist möglich, dass die Ergebnisse nicht auf eine verpflichtende Teilnahme generalisieren und die Stichprobe nicht repräsentativ ist. In den interessierenden Variablen zeigten sich allerdings zumindest keine Baseline-Unterschiede zwischen den Gruppen. Eine randomisierte Zuteilung zu Experimental- und Kontrollgruppe wäre methodisch gesehen wünschenswert gewesen, hätte aber im Widerspruch zum primären Ziel des Tutoriums gestanden, möglichst vielen Studierenden eine Teilnahme zu ermöglichen. Im Hinblick auf künftige Forschung wäre es allerdings denkbar, dies im Sinne einer Warteliste-Kontrollgruppe umzusetzen und somit zu methodisch aussagekräftigeren Ergebnissen zu kommen.

Ein weiterer Kritikpunkt ist die Tatsache, dass die Kontrollgruppe unbehandelt war. Das heißt, es ist möglich, dass die positiven Effekte auf Faktoren zurückzuführen sind, die nicht für That’s me spezifisch sind, wie das Knüpfen sozialer Kontakte (möglicherweise vor allem entscheidend zu Beginn des Studiums) oder eine Art informelles Coaching durch die meist weiter im Studium fortgeschrittenen Spielleiterinnen. Andererseits sind unbehandelte Kontrollgruppen in der psychologischen Interventionsforschung weit verbreitet.

Es ist ebenfalls kritisch zu sehen, dass die Zahl der durchgeführten Spielrunden nicht konstant war. Die Gruppen spielten auch, wenn einzelne Mitglieder verhindert waren, und statt der geplanten zehn Spielrunden fanden teilweise nur acht oder neun statt. Dies ist dem großen Maß der Selbstorganisation und auch der Freiwilligkeit der Gruppen geschuldet. In manchen Semestern gestaltete sich die Rekrutierung langwieriger, wodurch am Semesterende weniger Zeit zur Verfügung stand, manchmal wollten die Teilnehmenden in den letzten Semesterwochen durch die Prüfungsbelastung keine Zeit mehr in Spielrunden investieren. Um dieser Heterogenität entgegenzuwirken, wurden nur Personen in die Stichprobe aufgenommen, die an mindestens fünf Spielrunden teilgenommen hatten, was gleichzeitig zeigt, dass auch eine etwas geringere Dosis einen Effekt haben kann.

Die Datenerhebung erfolgte dezentral über die Spielleiterinnen und die Fragebogen wurden mit Hilfe von selbst generierten Codes einander zugeordnet. Eine Liste mit den Klarnamen aller Teilnehmenden gibt es daher nicht (dies war auch aus Gründen des Datenschutzes nicht gewünscht), so dass nicht auszuschließen ist, dass einzelne Personen an dem Tutorium teilnahmen, ohne Daten beizutragen, oder dass weniger Spielrunden dokumentiert sind als tatsächlich stattgefunden haben. Dies ist im Hinblick auf die Repräsentativität der Stichprobe und der Datenausschöpfung kritisch zu sehen, allerdings gewährleistete das dezentrale Vorgehen für die Teilnehmenden, dass die Autorinnen, die alle in der psychologischen Lehre tätig waren, Daten nicht einzelnen Personen zuordnen konnten.

Eine wesentliche Stärke der vorliegenden Studie liegt in ihrer hohen ökologischen Validität, u. a. durch den hohen Grad an Selbstorganisation und die Integration in den normalen Semesterablauf. Im Gegensatz zu vielen Studien im Bereich der Selbsterfahrungsforschung gibt es eine Kontrollgruppe, eine Verwendung standardisierter Messinstrumente, und eine Konfundierung mit anderen Bestandteilen der Psychotherapieausbildung ist nicht zu erwarten. Ein weiterer Vorteil ist auch die Replizierbarkeit der Studie und die Tatsache, dass die Autorinnen nicht an der inhaltlichen Entwicklung von That’s me beteiligt waren.

Das Tutorium wurde sehr gut angenommen und die Rückmeldungen waren positiv. Die Studie zeigt, dass gewinnbringende Selbsterfahrung im universitären Kontext einfach und ressourcenschonend (Spielerfahrung und eine kurze Schulung reichen für Gruppenleiter_innen aus, nach der Anschaffung des Spiels entstehen praktisch keine Kosten mehr) angeboten werden kann. Insbesondere der frühe Zeitpunkt des Selbsterfahrungsangebots, in diesem Falle noch vor Beginn der psychotherapeutischen Ausbildung, kann auch zu einer Entscheidungsfindung hinsichtlich der eigenen Eignung für diesen Beruf beitragen.

Schlussfolgerungen

Die hier dargestellten Ergebnisse lassen darauf schließen, dass es möglich ist, mit einer niederschwelligen Intervention, in diesem Fall dem Gesellschaftsspiel That’s me, messbare positive Effekte in der emotionalen Kompetenz, der Emotionsregulation, Inkongruenz und interpersonalen Problemen zu erzielen. Diese können bezogen auf die Selbsterfahrung den Bereichen biographiefokussierte Selbstreflexion, Emotionales Erleben sowie Ressourcenorientierung und Burnoutprophylaxe (Kämmerer et al., 2011) zugeordnet werden, welche für angehende Psychotherapeutinnen und Psychotherapeuten von großer Bedeutung sind. Damit könnte That’s me als Angebot zur Selbsterfahrung auch im Rahmen der neuen approbationsrelevanten Masterstudiengänge eine interessante Option sein.

Die Autorinnen danken Dr. Leonie Gauer für die Durchführung von Schulungen und Gruppenleitertreffen und Frau Natalie Slawik für ihre Unterstützung bei der Nacherhebung der Kontrollgruppe.

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