Der Medizin-Nobelpreis für die innere Uhr wurde im Jahr 2017 den drei US-Amerikanern Jeffrey C. Hall, Michael Rosbash and Michael W. Young verliehen. Ihre Forschung befasste sich mit der Entdeckung der Mechanismen, die die zirkadianen Rhythmen steuern.

Bereits 1729 entdeckte der französische Astronom Jean Jaques d’Ortous de Mairan, dass Mimosen tagsüber ihre Blätter offen halten und nachts wieder schließen. Allerdings behalten sie dieses rhythmische Verhalten auch bei, wenn sie tagelang im künstlichen Dauerdunkel gehalten werden. Die Antwort für dieses Verhalten wurde in der Genetik gefunden: Das Protein period (PER), das Produkt des Gens period, sammelt sich und baut sich ab, oszillierend in einem 24-Stunden-Rhythmus. Die höchste Konzentration erreicht PER dabei mitten in der Nacht.

Dann wurde das Gen timeless (TIM) identifiziert, das im Einklang mit period arbeitet. PER und TIM schalten sich gegenseitig ein bzw. ab.

Ende der 1990er-Jahre entdeckten Chronobiologen zusätzlich die Gene clock und cycle. Die Produkte dieser beiden Gene interagieren miteinander und fördern die Produktion von PER und TIM, die ihrerseits wieder dafür sorgen, dass die Produktion von Transkriptorfaktoren CLK (clock) und CYC (cycle) zurückgefahren wird.

Wissenschaftler fanden zudem heraus, wie Tageslicht wirken kann: Es aktiviert das Gen cry zur Produktion eines Bindungspartners von TIM, welches daraufhin schneller abgebaut wird, womit auch PER rascher verschwindet.

So ergibt sich ein System ineinander geschachtelter Feedbackkreisläufe, die durch die Chronobiologieforschung bahnbrechend in den letzten Jahren herausgearbeitet wurden [1].

Die Chronobiologie hat in den letzten Jahren nicht nur als Grundlagenforschung, sondern auch in der Physiologie, der Pathologie und der Gesundheit an Bedeutung gewonnen.

Klar wurde, dass der zirkadiane Rhythmus, der auf molekularer und genetischer Ebene generiert wird, alle Zellen und Organe des menschlichen Körpers, den Stoffwechsel, die Immunität und die Kognition steuert. Dem kardinalen Schlaf-Wach-Rhythmus wird dabei eine sehr wichtige Bedeutung für die Gesundheit der Menschen zugeschrieben [2, 3].

Aber was passiert mit diesen eingespielten Rhythmen bei einer Zeitumstellung? Hierzu wurden die Zusammenhänge zwischen Sommer- bzw. Winterzeit und einer veränderten Tageslänge anhand von astronomischen und physiologischen Aspekten gründlich untersucht. Es ergibt sich daraus folgende Empfehlung: keine Zeitumstellung, sondern lieber die Winterzeit als „Normalzeit“ behalten [4].

Auch in der Gesundheitsförderung und Resilienzforschung gewinnen die chronobiologischen Aspekte eine zunehmende Bedeutung, insbesondere die Beeinflussung des zirkadianen Rhythmus durch die Covid-19-Pandemie [5, 6].

Schichtarbeit, bei der die chronobiologischen Gesetze durcheinandergebracht werden können, ist zweifelsohne ein sehr wichtiges und relevantes Thema. Das kann gravierende Konsequenzen für die Gesundheit der Menschen haben, die im Schichtdienst tätig sind, und sie negativ beeinflussen. Diesem Thema hat sich die AG Chronobiologie in den letzten Jahren intensiv gewidmet, sodass unter Mitwirkung mehrerer aktiver Kolleg*innen die Leitlinien zur Schichtarbeit veröffentlicht wurden [7].

Zudem beschäftigte sich die AG Chronobiologie mit der Bedeutung der Wearables (wie Aktimetrie) als wichtiges diagnostisches Instrument in der klinischen Chronobiologie. Die AG verfasste Empfehlungen für die praktische Anwendung der Aktimetrie bei schlafmedizinischen Erkrankungen [8].

Im Rahmen einer Feldstudie wurde zudem die Anwendung von verschiedenen Lichtspektren während der Schichtarbeit untersucht, voraus sich interessante Aspekte für die Beleuchtung am Arbeitsplatz ergaben [9, 10].

Eine Digitalisierung in der Therapie in Form von Onlineschlafberatung wurde ebenso bei Menschen im Schichtdienst durchgeführt und in Hinsicht auf die Adhärenz untersucht [11].

Licht steuert die innere Uhr und die innere Uhr steuert die physiologischen Prozesse und somit das körperliche und psychische Wohlbefinden. Es besteht eine potente Möglichkeit, das Wohlbefinden und die Gesundheit durch Licht zu modulieren [12,13,14].

Aber nicht nur das Wohlbefinden, sondern auch die sexuelle Aktivität und Reproduktion werden durch rhythmische hormonelle Vorgänge und den individuellen Chronotypus nachweislich gesteuert [15].

Eine misslungene Synchronisation des Schlaf-Wach-Rhythmus kann die EEG-Aktivität, die Vigilanz und die Tagesschläfrigkeit beeinträchtigen. Auch Stress, Insomnie und Hypersomnie können eine wichtige Rolle spielen [16,17,18,19,20,21].

Dabei sollen auch seltenere Erkrankungen, wie Non-24 bei blinden Menschen, die mit einem großen Leidensdruck eingehen, auch in der Zukunft als eine chronobiologische Störung im Hinblick auf eine erfolgreichere Behandlung in den Fokus genommen werden [22, 23].