Zeitenwende | Wendezeiten

Sonderausgabe des MSR zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik

30 Jahre nach der Deutschen Einheit ist die Bundesrepublik mit enormen Herausforderungen konfrontiert. Europas Sicherheit ist bedroht, Europas Demokratien sind in der Defensive. Die Sonderausgabe des Munich Security Reports „Zeitenwende | Wendezeiten“ gibt einen Überblick über den Stand der deutschen Außen- und Sicherheitspolitik sechs Jahre nach dem „Münchner Konsens“.

Bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 artikulierten Joachim Gauck, Frank-Walter Steinmeier und Ursula von der Leyen eine Botschaft, die später als „Münchner Konsens“ bezeichnet wurde: Deutschland sei bereit, international „mehr Verantwortung“ zu übernehmen und wolle sich „früher, entschiedener und substanzieller“ engagieren.

Sechs Jahre danach befinden wir uns inmitten einer weltpolitischen Zeitenwende, in der sich außenpolitische Gewissheiten der Bundesrepublik auflösen, auf denen die deutsche Außenpolitik über Jahrzehnte beruhte. Kennzeichnend für das neue Umfeld sind die Schwächung einer über Jahrzehnte aufgebauten internationalen Ordnung, der Aufstieg Chinas und die Rückkehr zu einer Machtpolitik, die sich über internationale Normen hinwegsetzt. Dazu kommen einschneidende Folgen des Klimawandels und ein rapider technologischer Umbruch.

Diese Tendenzen werden verschärft durch eine allmähliche Reorientierung der Vereinigten Staaten, die weiter zurückreicht als 2016. Washingtons relative Machtposition hat nachgegeben. Die USA sind heute weniger in der Lage, Garant der internationalen Ordnung zu sein, und weniger bereit, überproportionale Beiträge zu leisten. Unter Präsident Trump sehen sie den Erhalt der regelbasierten Ordnung und ihrer Institutionen auch nicht länger als Priorität. Deutschland, das sich wie kaum ein anderes Land in der von den USA geprägten Ordnung eingerichtet hat, ist von der Erosion der liberalen internationalen Ordnung noch stärker betroffen als andere Staaten.

Kann Deutschland Schritt halten mit den globalen Veränderungen?

Auch wenn Deutschland sein außen- und sicherheitspolitisches Engagement nach dem „Münchner Konsens“ in vielen Bereichen deutlich verstärkt hat, bleibt das deutsche Engagement oft sowohl hinter den Erwartungen der wichtigsten Partner als auch hinter den Anforderungen aus dem strategischen Umfeld zurück.

Die vorliegende MSR-Sonderausgabe „Zeitenwende | Wendezeiten“ liefert Analysen und Denkanstöße für eine deutsche Außen- und Sicherheitspolitik, die sich bereits verändert – und doch Gefahr läuft, die Geschwindigkeit der globalen Veränderungen nicht mitgehen zu können.

Der Bericht zum Download

Bibliographische Daten: Tobias Bunde, Laura Hartmann, Franziska Stärk, Randolf Carr, Christoph Erber, Julia Hammelehle, Juliane Kabus, „Zeitenwende | Wendezeiten: Sonderausgabe des Munich Security Report“, München: Münchner Sicherheitskonferenz, 2020, https://doi.org/10.47342/YSUC7634.

Deutschland muss seine strategische Kultur und seine außenpolitischen Entscheidungsstrukturen weiterentwickeln, um für die neuen Herausforderungen gewappnet zu sein. Das ist eine Voraussetzung dafür, dass die Bundesrepublik sich zur „Möglich-Macher-Macht“ der Europäischen Union entwickeln kann, die die EU in die Lage versetzen kann, ihr Gewicht auf der internationalen Bühne wirksamer einzusetzen. (Lesen Sie mehr über die „Möglich-Macher-Macht“ Deutschland in unserem kürzlich erschienenen Munich Security Brief.)

Über die Sonderausgabe „Zeitenwende | Wendezeiten“

Der Bericht enthält eine Reihe exklusiver und zuvor unveröffentlichter Materialien, unter anderem die Ergebnisse einer von der MSC beauftragten forsa-Umfrage zu den Meinungen der deutschen Bevölkerung zur Außen- und Sicherheitspolitik.

Die Münchner Sicherheitskonferenz dankt dem Presse- und Informationsamt der Bundesregierung für die großzügige Teilförderung des Projekts sowie dem Auswärtigen Amt, dem Bundesministerium der Verteidigung und dem Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung für den Austausch und die zur Verfügung gestellten Daten. Darüber hinaus haben etwa drei Dutzend hochrangige Entscheidungsträgerinnen und Entscheidungsträger aus dem In- und Ausland mit vertraulichen Hintergrundgesprächen und erkenntnisreichen Einblicken erheblich zum Gelingen dieses Berichts beigetragen.

Außerdem hat die MSC für diesen Bericht wieder mit verschiedenen renommierten Organisationen im In- und Ausland kooperiert, unter anderem mit der Bertelsmann Stiftung, dem Centre for International Security (Hertie School), eupinions, forsa, Gallup, dem Goethe-Institut, dem ifo Institut, dem Institut für Weltwirtschaft (IfW) Kiel, dem International Institute for Strategic Studies (IISS) und dem Stockholm International Peace Research Institute (SIPRI).

Über Sonderausgaben des Munich Security Report

Die Sonderausgaben des Munich Security Report komplementieren den jährlich im Februar erscheinenden Munich Security Report und widmen sich jeweils einem bedeutenden und aktuellen Thema der internationalen Außen- und Sicherheitspolitik. Die vorliegende Sonderausgabe „Zeitenwende | Wendezeiten“ zur deutschen Außen- und Sicherheitspolitik ist die erste Veröffentlichung dieser Publikationsreihe, der zukünftig in unregelmäßigen Intervallen weitere Sonderausgaben folgen werden.

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