"Das Wichtigste für die Zukunft ist der Austausch von Daten"
2. Teil der Serie zum Grundversorgerkonzept mfe

"Das Wichtigste für die Zukunft ist der Austausch von Daten"

Offizielle Mitteilungen
Ausgabe
2017/14
DOI:
https://doi.org/10.4414/phc-d.2017.01620
Prim Hosp Care (de). 2017;17(14):266-267

Affiliations
Kommunikationsbeauftragte mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz

Publiziert am 26.07.2017

Auszug aus dem Grundversorgerkonzept mfe: «Sämtliche technischen und organisatorischen Hilfsmittel, welche zum Erfüllen unserer Aufgaben notwendig sind, stehen uns in der benötigten Form, Menge und Qualität zur Verfügung. Das Tarifsystem gewährt uns und unseren Teams eine leistungsgerechte Abgeltung und sichert uns so die wirtschaftliche Unabhängigkeit. Das Gesundheitswesen garantiert der Bevölkerung einen niederschwelligen Zugang zum Haus- und Kinderarzt.» Weitere Informationen zum Grundversorgerkonzept finden Sie unter http://www.hausaerzteschweiz.ch/gesundheitspolitik/grundversorgerkonzept/
An der Delegiertenversammlung vom 9. Mai 2017 wurde Pius Bürki neu in den Vorstand von mfe Haus- und Kinderärzte Schweiz gewählt. Er übernimmt das Ressort «Informatics and E-Health» von Alex Steinacher.
Herr Bürki, Sie führen in Baar eine Kinderarztpraxis mit 10 MPAs, einer Assistenzärztin und 5 selbstständigen Kinderärztinnen und Kinderärzten. Wie schaffen Sie es als Arzt und Unternehmer, sich trotzdem noch standespolitisch zu engagieren?
Pius Bürki.
Pius Bürki: Ich habe das Glück, die Praxis in einem Team von 6 Kinderärztinnen und Kinderärzten zu führen, die mir in meiner Abwesenheit den Rücken freihalten. Meine Frau Karin managt dazu alle unternehmerischen Bereiche, so dass ich mich fast nur um strategische Entscheide kümmern muss. So kann ich neben den 7 Halbtagen Sprechstunde auch Zeit für mfe aufwenden. 
Standespolitik ist für Sie kein neues Thema. Woher nehmen Sie die Motivation für dieses Engagement?
Ich wurde schon im ersten Jahr meiner Selbstständigkeit in einer Einzelpraxis in den Vorstand der Schweizerischen Gesellschaft für Pädiatrie gewählt. Seither halten sich die Standespolitik und die Fortbildung als roter Faden in meinem Leben. Ich habe während 12 Jahren 27 Fortbildungskurse für Pädiatrie organisiert. In Organisationen wie dem KHM, dem Komitee des KHMKongresses und mfe treffe ich immer wieder wunderbare Menschen, die auch einen grossen Teil ihrer Zeit «opfern». In dieser Gesellschaft fühle ich mich sehr wohl. Darum kann ich nicht davon ablassen. 
Die Zukunft der Grundversorger – wo müssen wir Schwerpunkte setzen, um uns für die Herausforderungen von morgen vorzubereiten?
In erster Linie müssen natürlich die finanziellen Eckwerte für Grundversorger stimmen. Dies und interessante Möglichkeiten der Weiterbildung sind die Basis für guten Hausarztnachwuchs. Damit meine ich natürlich auch die Praxisassistenz, die klar gefördert werden muss. 
Sie übernehmen das Ressort «Informatik und E-Health». Für einen Arzt ist dies wohl ein sehr technisches Themenfeld. Was reizt Sie an dieser Aufgabe? 
Ich habe schon während meines Studiums Kurse am Institut für Informatik belegt und Prüfungen abgelegt. Wir hatten einen nagelneuen Commodore C64 in unserer WG. Anschliessend war in während vier Jahren in der Grundlagenforschung, wo wir sehr intensiv mit Computerunterstützung gearbeitet haben. In meiner Assistenzzeit habe ich mühsame Aufgaben durch selber geschriebene Computerprogramme leichter und schneller gemacht. Seit 10 Jahren haben wir in unserer Gruppenpraxis die voll digitale Krankengeschichte und ich betreue die umfassende EDV-Infrastruktur ­selber. Ich kenne daher die Bedürfnisse und Möglichkeiten eines Praktikers in dieser Hinsicht sehr genau. So nebenbei betreue ich die Homepages von zwei Firmen (www.kijuli.ch, www. medconnection.ch) und von zwei Gesellschaften (www.agzg.ch, www.zugham.ch). Ich fühle mich sehr wohl in der Informatik, bin aber ein Vollblutpädiater.
Roboter in der Alterspflege, «Dr. Watson» übernimmt die Diagnosestellung ... Wie sehen Sie die Zukunft der Haus- und Kinderarztmedizin im Zuge der Digitalisierung? Und wo liegen politisch die grössten Herausforderungen im Bereich der E-Health-Strategie? 
Das Wichtigste für die Zukunft ist der Austausch von Daten. Ein Problem, das beim elektronischen Patientendossier EPD ganz offensichtlich wird. Zuerst müssen die Daten erfasst werden, erst anschliessend können sie geteilt werden. Dazu braucht es aber verbindliche Normen. In diesem Bereich werde ich mich bei mfe einsetzen. Ziel ist es, dass möglichst viele Praxen auf die elektronische Krankengeschichte wechseln.
Wo sehen Sie die Schwerpunkte Ihrer Arbeit für mfe und wo möchten Sie künftig wichtige Akzente setzen?
Bezüglich meiner Aufgaben als Verantwortlicher für Informatik und eHealth wurde diese Frage schon oben angesprochen. Ich möchte mich dafür einsetzen, dass ­gemeinsame Ressourcen unter allen Ärzten geteilt werden. Dazu gehört auch, dass die enorme Leistungsfähigkeit des IPI nicht nur für mfe zur Verfügung gestellt werden sollte, sondern für alle Ärzte. Hierfür setze ich mich bei der FMH ein. 
Was sind Ihre spontanen Gedanken zu folgenden Stichworten:
Bundesrätlicher Tarifeingriff ... Ein weit über das Ziel hinausschiessender Eingriff mit dem Ziel, das Globalbudget einzuführen.
Image der Kinderärzte ... Lange Zeit war das Image des Kinderarztes das des genügsamen, sich nicht für sich wehrenden Arztes. Bei den Patienten ist es schon lange das des sich um alle Belange der Kinder und Jugendlichen kümmernden Arztes. 
Interprofessionelle Zusammenarbeit in der Praxis ... Ich bin ein absoluter Fan von interprofessioneller Zusammenarbeit. Das ist jedoch keine neue Erfindung. Jeder Arzt arbeitet in seinem Netzwerk, das er über die Jahre des Berufslebens gesponnen hat, schon interprofessionell. Neu ist, dass der Begriff in aller Munde ist und dass auch von offizieller Seite diese Zusammenarbeit verlangt wird. 
Kinderarzt aus Leidenschaft und/oder Überzeugung? Warum soll ein Medizinstudent sich heute für diesen Beruf entscheiden?
Kinderarzt ist der schönste Beruf der Welt. Täglich über 30 dankbare Patienten betreuen zu dürfen, ist ein Glück, das nicht jedem gegönnt ist.
Wo treffen wir Pius Bürki, wenn er nicht beruflich unterwegs ist?
An Wochenenden und Abenden bin ich mit meiner Frau und unserem Pudel Charlie in der Natur unterwegs. Im Winter fahre ich Ski und Snowboard. Im ­Sommer bin ich auf und hinter unserem Motorboot am Wake­surfen und Wakeboarden. Sehr oft habe ich meine Kamera dabei. Ich liebe das Fotografieren.

Werdegang

Geboren und aufgewachsen im beschaulichen, katholisch geprägten Bütschwil im Toggenburg SG. Ich hatte mit meinen fünf Schwestern und einem Bruder eine glückliche Jugend auf einem kleinen Bauernhof. Die Kantonsschule durfte ich in Wattwil SG besuchen, weil ich als Berufswunsch angab, Theologie studieren zu wollen. Doch das kam schliesslich anders.
Ausbildung zum Arzt: 1983–89 Medizinstudium an den Universitäten Fribourg und Bern. 1987 Einzelfachprüfung Programmieren für Nichtinformatiker nach 2 Semestern Studium im Nebenfach, Institut für Informatik der Universität Bern. 1991: Promotion zum Dr. med. mit der Dissertation: «Untersuchungen über die Wirkung von Theophyllin auf die oxycardiographisch erfassbare Atemregulation von Risikokindern für einen plötz­lichen Säuglingstod». Arbeit unter der Leitung von Prof. Dr. med. E. Bossi, medizinische Universitätskinderklinik Bern.
Praxistätigkeit: 1998–2003 eigene Praxis für Kinder- und Jugendmedizin in Zug. 2003–2005 Gemeinschaftspraxis für Kinder- und Jugendmedizin mit Dr. med Romedius Alber in Zug. 2005 Gründung des Kinderzentrums Lindenpark AG in Baar. 2017 arbeiten 5 Kinderärztinnen und 2 Kinderärzte in einem gemeinsamen Pensum von 510% dort.

Finanz und Wirtschaft Forum «Health 2.017»

Die Digitalisierung des Gesundheitswesens ist in vollem Gang. Die Visionen und Hoffnungen sind gross. Auf dem Weg in die ­digitale Zukunft gibt es aber noch etliche Herausforderungen zu meistern.
Am Finanz und Wirtschaft Forum «Health 2.017» vom 29. August 2017 treffen sich Visionäre und Entscheidungsträger aus Gesundheitsinstitutionen, öffentlichen Ämtern, Versicherungs­industrie und ICT-Welt, um die nächsten Schritte der digitalen Transformation im Gesundheitswesen zu identifizieren.
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Sandra Hügli-Jost
Kommunikations­beauftragte mfe Haus-
und Kinderärzte Schweiz, Geschäftsstelle
Effingerstrasse 2
CH-3011 Bern
Sandra.huegli[at]­hausaerzteschweiz.ch