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Minimalinvasive Neurochirurgie im Kindesalter: Indikationen und Techniken

Die minimalinvasive Neurochirurgie im Kindesalter umfasst schwerpunktmässig die Behandlung von Liquorzirkulationsstörungen und obliegt in erster Linie der endoskopischen Neurochirurgie. Historisch wurden die Grundsteine für die Neuroendoskopie bereits im frühen 20. Jahrhundert gelegt. Mit Hilfe eines Nasenspekulums beschrieb Walter Dandy 1918 die erfolgreiche Entfernung des Plexus choroideus aus dem Seitenventrikel und dem vierten Ventrikel1). Über die ersten Zystoskopien folgte die Entwicklung hin zur Neuroendoskopie, welche im Laufe der 1990er Jahre zunehmende Etablierung und breitere Anwendung erfuhr2). Die große Domäne der Neuroendoskopie sind angeborene oder erworbene Liquorzirkulationsstörungen. Durch die Neuroendoskopie können Liquorzirkulationswege wiedereröffnet oder ganz neu geschaffen werden, wodurch sich die Notwendigkeit der Implantation eines externen Shuntsystems wie dem ventrikuloperitonealen Shunt (VP-Shunt) in ausgewählten Fällen reduzieren lässt3). Über eine singuläre Punktion und mit Hilfe minimalinvasiver, neuroendoskopischer Verfahren soll eine sichere chirurgische Therapie durchgeführt werden.

Technik

Neuroendoskope: Grundsätzlich stehen für die pädiatrische Neuroendoskopie flexible und starre Neuroendoskope zur Verfügung.

Flexible Neuroendoskope: Das von uns favorisierte flexible Neuroendoskop hat einen Aussendurchmesser von 4mm und einen Arbeitskanal von 1.2mm Durchmesser. Dieser kann für flexible 1mm Instrumente wie Biopsiezangen oder die monopolare Elektrode verwendet werden. Ausserdem können PTCA (percutaneous transluminal coronary angioplasty) Ballone (1-3mm im insufflierten Zustand) über den Arbeitskanal verwendet werden.

Starre Neuroendoskope:  Für die starre Neuroendoskopie stehen uns unterschiedliche Endoskope mit Aussendurchmesser von 3 – 6 – und 8mm zur Verfügung. Bei den 6 und 8mm Neuroendoskopen ist es möglich, kräftigere 2mm Instrumente zu verwenden und gleichzeitig können dank kombinierter Arbeitskanäle im Neuroendoskop bimanuelle, mikrochirurgische Operationen durchgeführt werden.

Ergänzende Techniken: Sowohl die flexible als auch die starre Neuroendoskopie kann durch verschiedene Neuro-Navigationsverfahren ergänzt werden. Hier spielt zum einen die Sonographie im Säuglingsalter bei noch geöffneter vorderer Fontanelle eine Rolle. Bei älteren Kindern oder in ausgewählten Fällen auch im Säuglingsalter kann die Neuroendoskopie mit Hilfe der computerassistierten Neuro-Navigation kombiniert werden.

Computerassistierte Neuro-Navigation (Abbildung 1): Voraussetzung ist die präoperative Durchführung eines MRI des Schädels in 1mm Schichten. Auch ein im Rahmen der Notfalldiagnostik durchgeführtes CCT (craniales Computertomogramm) kann für die Navigation herangezogen werden. Es besteht je nach verwendetem System auch die Möglichkeit, beide Modalitäten zu fusionieren.

Nach Referenzierung des Kopfes über eine elektromagnetische Erfassung, kann jeder Punkt auf dem Monitor sehr präzise auch am Patienten detektiert werden. Es kann eine drei-dimensionale Planung dieser Operationen erfolgen. Dies kann sofort nach Abschluss des MRIs durchgeführt werden und verzögert die Operation dadurch in der Regel nicht. Somit können auch bei geschlossener Fontanelle die Zugangswege zum Ventrikelsystem oder den basalen Zisternen sicher gefunden werden4). Die Neuronavigation spielt darüber hinaus auch eine wichtige Rolle für die anatomische Orientierung insbesondere bei der Fenestration von multiplen Zysten oder in der Durchführung von Tumorbiopsien.

Abbildung 1. Neuronavigierte Punktion eines Hirnabszesses.

Operatives Setup: Grundvoraussetzung für alle neuroendoskopischen Eingriffe, insbesondere aber diejenigen bei (extrem) Frühgeborenen, ist eine adäquate und sichere Kinderanästhesie5). Insbesondere Operationen in der Nähe der den Hirnstamm versorgenden Arterien – wie es bei der ETV (Endoscopic Third Ventriculostomy) der Fall ist – erfordern eine sichere und tiefe Narkose, um Sekundärschäden zu vermeiden. Die Neuroendoskopie wird in der Regel durch ein Team aus zwei erfahrenen Kinderneurochirurgen sowie einem kinderchirurgischen Assistenzarzt durchgeführt. Vor dem sterilen Abdecken kann die Referenzierung erfolgen, resp. der Abgleich des Kopfes mit der verwendeten Bildgebung der Navigation. Nach dem sterilen Abdecken wird zuerst das flexible oder starre Neuroendoskop installiert und getestet. Anschließend erfolgt die Präparation des Zugangsweges (Abbildung 2), je nach Alter des Kindes in mikrochirurgischer Technik (Lupenbrille).

Abbildung 2. Nach Präparation eines ausreichend grossen kutanen Läppchens (nach temporal offen) und die Bildung eines gegenläufigen Galea-Läppchens für die Deckung des Rickham-Reservoirs erfolgte die Trepanation der Kalotte und im Anschluss nun die Punktion des Ventrikelraums mit dem Trokar.

Einteilung des Hydrozephalus (Dandy und Blackfan, 19142,6))

Die Ursache der Liquorzirkulationsstörung kann vielfältig sein. Zum besseren Verständnis der OP-Indikationsstellung ist jedoch die Kenntnis der Einteilung des Hydrozephalus nach zugrundeliegender Pathologie unumgänglich.

Okklusiver Hydrozephalus: Der klassische okklusive, obstruktive oder nicht-kommunizierende Hydrozephalus liegt vor, wenn der Liquorabfluss beispielsweise im Rahmen von Fehlbildungen oder neoplastischen Prozessen im Bereich der Foramina Monroi (Seitenventrikel erweitert), im Bereich des Aquädukts (Seitenventrikel und dritter Ventrikel erweitert) oder der Foramina Luschkae und Magendie (auch der vierte Ventrikel ist erweitert) gestört ist2).

Malresorptiver Hydrozephalus: Beim malresorptiven, respektive kommunizierenden Hydrozephalus zirkuliert der in den Seitenventrikeln produzierte Liqour frei im Ventrikelsystem, kann im Verlauf allerdings im Subarachnoidalraum nicht resorbiert werden2).

Hierunter subsumieren wir den posthämorrhagischen Hydrozephalus im Rahmen der Früh- und Neugeborenen-Periode. Aufgrund einer Blutung im Bereich der sehr fragilen Gefäße der germinalen Matrix kommt es in etwa 20-30% aller Früh- und sehr leichten Neugeborenen zur Entwicklung von intraventrikulären Blutungen2,7,8). Insgesamt gesehen ist die Inzidenz dieser Blutungen in den letzten Jahren gesunken. Aufgrund des zunehmenden Überlebens von extrem Frühgeborenen am Rande der Lebensfähigkeit ist jedoch die Inzidenz der schweren Blutungen trotzdem nicht rückläufig8,9).

Die Diagnose einer intraventrikulären Blutung wird mittels Ultraschall gestellt und nach Rohden et al. in 3 Schweregrade eingeteilt11). Die Prognose, insbesondere der neurologischen Entwicklung der Kinder, hängt in erster Linie vom Grad der Blutung ab9,12). Der pathophysiologische Zusammenhang zwischen intraventrikulärer Blutung und der Ausbildung eines posthämorrhagischen Hydrozephalus ist noch immer nicht vollständig verstanden. Es wird angenommen, dass initial die Liquorzirkulation durch Blutkoagel und Detritus verlegt ist, wodurch primär ein obstruktiver Hydrozephalus entsteht. Im Verlauf führen vermutlich reaktive inflammatorische Prozesse zur Entstehung eines malresorptiven Hydrozephalus7).

Operative Massnahmen der Neuroendoskopie im Kindesalter

Hier kommen die neuroendoskopische Lavage, Fenestrationen (z.B. ETV), Dekompressionen sowie Ballon-Dilatationen im Ventrikelsystem zur Anwendung. Darüber hinaus können bei einem Hydrozephalus mit isolierten Kompartimenten aufgrund von angeborenen, postinflammatorischen oder posthämorrhagischen Zysten diese mit Hilfe der Neuroendoskopie wieder an das Liquorsystem angeschlossen werden2,13).

Neuroendoskopische Lavage: Während der Neuroendoskopie erfolgt eine kontinuierliche Spülung mit passivem Ablauf. Dies hat den Vorteil, dass die intrakraniellen Volumenverhältnisse weitgehend stabil bleiben, wir uns anatomisch gut orientieren können und Raum erhalten bleibt, der für die chirurgische Intervention notwendig ist.  

Um eine akzidentelle Kühlung des Patienten zu verhindern, sollte nur gewärmte (37°C) Spülflüssigkeit verwendet werden. Ausserdem muss der Abfluss der Spülflüssigkeit zu jeder Zeit sichergestellt sein, da es sonst zu einer Volumenüberladung kommen kann. Werden diese Punkte beachtet, gilt die kontinuierliche Lavage als unbedenklich2,14).

Eine spezifische Indikation für die neuro-endoskopische Lavage stellen Früh- und Neugeborene mit intraventrikulären Blutungen dar, welche zu einem posthämorrhagischen Hydrozephalus geführt haben.

Hier konnte die Arbeitsgruppe von U-W. Thomale zeigen, dass durch gezielte Lavage mit bis zu 4 Litern Spülflüssigkeit pro Intervention, Blutungsreste, Detritus und gegebenenfalls auch Zytokine derart reduziert werden können, dass die Gesamtrevisions- und Infektionsrate bei diesen (teilweise sehr kleinen) Frühgeborenen signifikant reduziert werden konnte. 42% der Patienten konnten ohne implantiertes mechanisches Ventil (und damit verbundenem VP-Shunt) den Beobachtungszeitraum erleben14).

Abbildung 3 stellt einen intraoperativen Situs im Seitenventrikel bei einem extremen Frühgeborenen mit posthämorrhagischem Hydrozephalus im Rahmen der Neuroendoskopie dar.

Abbildung 3. Blutkoagel und Detritus um das Foramen Monroi im rechten Seitenventrikel bei einem Frühgeborenen mit posthaemorrhagischem Hydrozephalus.

Posthämorrhagischer Hydrozephalus des Frühgeborenen: Luzerner Algorithmus

Trotz der relativ hohen Patientenzahl gibt es auch in großen Zentren, die Patienten dieser Altersklassen und Erkrankungsschwere behandeln, aktuell keine einheitlichen Leitlinien, ab welchem Alter und welchem Körpergewicht mit welcher Methode eine Intervention durchgeführt werden sollte7). Wir wollen daher im Folgenden den Luzerner Algorithmus vorstellen.

Bei Kindern mit posthämorrhagischem Hydrozephalus, insbesondere den (Extrem-) Frühgeborenen, stellt sich die Frage nach dem Zeitpunkt des Interventionsbeginns.

Hier ergeben sich über die Bestimmung des Ventrikelindex und der Vorderhornweite jeweils sonographische Hinweise für das Vorliegen einer relevanten Liquorzirkulationsstörung. Auch das Kopfumfangswachstum sollte beachtet werden.

Im Rahmen der aktuellen ELVIS-Studie konnten Cizmeci et al. zeigen, dass eine frühzeitige Intervention zu einer geringeren Mortalität, weniger neurologischen Störungen oder Auffälligkeiten in der Entwicklung, sowie einer geringer ausgeprägten Ventrikeldilatation führt15).

Die chirurgische Intervention bei Früh- und Neugeborenen mit posthämorrhagischem Hydrocephalus wird daher in Luzern über die folgenden Kriterien indiziert:

  • Der Kopfumfang liegt oberhalb der 97. Perzentile
  • Der Ventrikelindex liegt oberhalb der 97. Perzentile
  • Die Vorderhornweite beträgt mindestens 6-10mm
  • Das Körpergewicht sollte für die neuroendoskopische Versorgung mindestens 800-1000g betragen

Wir favorisieren die flexible Neuroendoskopie mit Lavage und Einlage eines Rickham-Reservoirs mit Ventrikelkatheter. Die Einlage eines Rickham-Reservoirs hat aus unserer Sicht zwei entscheidende Vorteile:

  1. Der Ventrikelkatheter des Reservoirs hält den Weg für weitere Neuroendoskopien offen, so dass für erneute Eingriffe kein zustätzlicher Weichteilschaden im Gehirn gesetzt wird.
  2. Über das Rickham-Reservoir selbst ist im Verlauf die unkomplizierte Liquorpunktion mit Druckentlastung durch Liquorentnahme möglich. Je nach Druck entnehmen wir in solchen Punktionen bis zu 10ml Liquor/kg Körpergewicht, um den intrakraniellen Druck zu senken.

Dieses Vorgehen kann, wie unten beschrieben, in speziellen Fällen durch die Plexuskoagulation – auch im Verlauf – ergänzt werden. Dies kann, zumindest vorübergehend, zu einer Reduktion der Liquorproduktion führen und somit zu einer verspäteten Notwendigkeit einer Anlage eines VP-Shunts beitragen.

Der hier beschriebene Luzerner Algorithmus ist in der Abbildung 4 abgebildet.

Abbildung 4. Luzerner Algorithmus bei posthämorrhagischem Hydrozephalus in Anlehnung an Schulz et al.14).

Endoskopische Dritt- Ventrikulozisternostomie (ETV: Endoscopic Third Ventriculostomy)
Eine der häufigsten neuroendoskopisch minimalinvasiven Operationsverfahren stellt die endoskopische Drittventrikulozisternostomie (ETV) dar. Diese ist insbesondere beim nicht-kommunizierenden Hydrozephalus indiziert, um die Liquorzirkularisation zwischen inneren und äusseren Liquorräumen wieder zu gewährleisten.

Es erfolgt, mit oder ohne Neuronavigations-Unterstützung, über einen frontalen Zugang die Endoskopie des Seitenventrikels.  Von dort gelangt man über das Foramen Monroi (Abbildung 5a) in den dritten Ventrikel. Am Boden des dritten Ventrikels zeigen sich die Corpora mamillaria als dorsale Abgrenzung sowie das Infundibulum (Ausgangspunkt des Hypophysenstils; b) als ventrale Abgrenzung. Unterhalb des vorderen Drittels des Bodens vom 3. Ventrikel liegt zumeist die obere Klivuskante, sodass die Perforation am Übergang vom mittleren zum hinteren Drittel erfolgen sollte. Bei gesicherter anatomischer Situation mit Darstellung des verschlossenen Aquädukt rostral (c) erfolgt die Perforation des Bodens mit der monopolaren Elektrode (d). Hierdurch wird der Blick auf die darunter verlaufende Arteria basilaris frei (f). Die Perforationsstelle kann anschliessend mittels PTCA Ballondilatation (e) erweitert werden2). Anschliessend sollte noch überprüft werden, ob Liliequist-Membranen in der präpontinen Zisterne eröffnet werden müssen2).

Klinisches Ergebnis der ETV
Obwohl beispielsweise Drake et al. zeigten, dass die Erfolgsaussichten der ETV bei Kindern unter einem Lebensjahr deutlich geringer sind als bei ältereren Kindern, in diesem Fall über 10-jährigen Kindern (28% versus 68%)16), kann die Neuroendoskopie mit ETV auch bei Säuglingen unter einem Lebensjahr als Therapieoption in Betracht gezogen werden. Elgamal et al. konnten eine Erfolgsquote der ETV von fast 70% bei Säuglingen zeigen17). Daneben sollte unserer Meinung nach berücksichtigt werden, dass bei Früh- und sehr leichten Neugeborenen bereits das Herauszögern einer Shuntversorgung von grosser Bedeutung für die Erfolgsaussichten der VP-Shuntversorgung sein kann.

Fallvorstellung – ETV
Ein sechsjähriger Junge präsentierte sich auf unserer interdisziplinären Notfallstation mit Kopfschmerzen und Nüchternerbrechen. Unsere pädiatrische Neurochirurgie diagnostizierte Stauungspapillen beidseits. Eine sofort durchgeführte MRT-Untersuchung des Schädels zeigt neben Polkappen eine Dilatation beider Seiten- und des dritten Ventrikels mit Nachweis einer Aquäduktstenose aufgrund eines Tumors (Verdacht eines low grade Tectumglioms, typisch). Wir konnten in diesem Fall erfolgreich eine ETV durchführen. Anschliessend erfolgte die Installation eines Rickham-Reservoirs. In der Verlaufskontrolle eine Woche postoperativ sowie nach drei Monaten zeigte sich im MRT jeweils ein deutlicher flow-void über der Stomie mit einer (im Verlauf vollständigen) Regredienz der Stauungspapillen.

Abbildung 5 a-f. Intraoperative Darstellung mit
a: Blick durch das Foramen Monroi rechts
b: Blick auf den Boden des 3. Ventrikels
c: Blick auf den Aquäduct, welcher verschlossen ist. 
d: Perforation am Boden des 3. Ventrikels.
e: Ballon-Dilatation und schliesslich gelingt der Blick auf die A. basilaris mit ihren Ästen f.

Aquäduktoplastie
Eine Alternative zur ETV bei Verschlusshydrozephalus mit Aquäduktstenose ist die Aquäduktoplastie. Hier wird ebenfalls über einen frontalen Zugang ein Katheter in den verschlossenen oder eingeengten Aquädukt eingeführt und dilatiert18). Dieses Verfahren ist beispielhaft in Bildern der Abbildung 6 dargestellt.

Abbildung 6. Neuroendoskopische Aquäduktoplastie mit einem 2mm PTCA-Ballon

Komplikationen der minimalinvasiven Neurochirurgie

Wenn die Neuroendoskopie durch erfahrene Chirurgen an grossen Zentren durchgeführt wird, kann sie als sicheres Verfahren angesehen werden2). Trotzdem gibt es bei jeder chirurgischen Intervention Risiken, von denen wir im Folgenden die häufigsten nennen wollen. Die Komplikationsraten unterscheiden sich zum Teil stark zwischen den einzelnen Zentren. Die Gesamtkomplikationsrate wird im Durchschnitt zwischen 5 und 15% angegeben22). Die häufigste intraoperative Komplikation ist eine Blutung von unterschiedlich großem Ausmaß. Die gefährlichste und gefürchtetste Komplikation ist dabei sicherlich die Verletzung der Arteria basilaris im Rahmen der Perforation des Bodens des dritten Ventrikels. Diese Komplikation wird in weniger als 0.2% der Fälle berichtet22).

Deutlich seltener kann es auch zu einer Verletzung von neurologischen Strukturen wie Nervus occulomotorius, Fornix und Thalamus kommen. Diese Verletzungen sind glücklicherweise sehr selten und kommen jeweils in unter 0.1% der Eingriffe vor22). Wiederum etwas häufiger, jedoch in den seltensten Fällen in gefährlichem Ausmaß, kommt es während der Anlage der Ventrikulostomie durch Druck auf die Arteria basilaris zu ausgeprägten Bradykardien oder Hypotonien. Dass ein Eingriff aus solchen Gründen abgebrochen werden muss, ist mit <0.2% ebenfalls sehr selten22).

Postoperativ ist die häufigste Komplikation ein Liquorleck entlang der Hautinzision. Berichte dazu reichen von 0 bis 5.2%22). Häufig im Zusammenhang mit solchen Liquorlecks, seltener aber auch unabhängig davon, können postoperativ in 0 bis 6.2% der Fälle Infektionen wie eine Meningitis oder Ventrikulitis entstehen22). Diese sind in der Regel mit gezielter antibiotischer Therapie gut zu therapieren.

Die direkten peri- und postoperativen Komplikationen der Neuroendoskopie und ETV sind sowohl in der Häufigkeit als auch in der Schwere des Auftretens mit denen der VP-Shunt Versorgung vergleichbar. Die VP-Shunt Versorgung hat jedoch langfristig mit Shuntinfektionen und –dysfunktionen gefürchtete Risiken, die mit der ETV umgangen werden können. Viele Studien zeigen darüber hinaus einen engen Zusammenhang zwischen Komplikationsraten und der Erfahrung der operierenden Chirurgen und Zentren, sodass die ETV an grossen Zentren als sicheres Verfahren angesehen wird22).

Zusammenfassung

Die minimalinvasiven Verfahren der Neurochirurgie stellen mittlerweile auch im Kindesalter ein Routineverfahren dar. Insbesondere die Behandlung des posthämorrhagischen Hydrozephalus im Säuglings- und frühen Kindesalter ist komplex und kann durch minimal-invasive Operationsverfahren ergänzt und verbessert werden. Es stehen flexible und starre Operationssysteme zur Verfügung, welche teilweise durch die Neuronavigation ergänzt werden können. Die Operationsverfahren erstrecken sich über die einfache Dekompression, die Fenestration, Dilatation, die Lavage des Ventrikelsystems bis hin zur Plexuskoagulation. Die Behandlung ist ebenso vielschichtig, wie die unterschiedlichen Diagnosen, die zu einer Liquorzirkulationsstörung führen. Sämtliche Behandlungsverfahren sollten auf die normale, oder zumindest weitgehend normale, neurologische Entwicklung des Kindes ausgerichtet sein und unabhängig vom Alter und des Körpergewichts des Kindes angeboten werden. Das Ziel sollte eine möglichst hohe Rate an Ventil-freiem Überleben der Patienten sein, was eine gute Selektion der Patienten und die geeignete Auswahl der Methoden erfordert. Insbesondere bei Operationen am Rande der Lebensfähigkeit ist neben dem entsprechenden Equipment auch ein erfahrenes Team, einschliesslich erfahrener Kinderanästhesie, unabdingbar.

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Weitere Informationen

Korrespondenz:
Interessenkonflikt:
Die Autoren haben keine finanziellen oder persönlichen Verbindungen im Zusammenhang mit diesem Beitrag deklariert.
Autoren/Autorinnen
Frau  Hannah Luz Assistenzärztin, Kinderchirurgische Klinik, Kinderspital Luzern, Luzerner Kantonsspital

Dr. med. univ.  Tobias Jhala Assistenzarzt, Kinderchirurgische Klinik, Kinderspital Luzern, Luzerner Kantonsspital

Dr. med.   Peter Esslinger Leitender Arzt, Kinderchirurgische Klinik, Kinderspital, Luzerner Kantonsspital

Priv.-Doz. Dr. med.   Markus Lehner Co-Chefarzt, Leitung Neurochirurgie, Kinderchirurgische Klinik, Kinderspital Luzern