Im Artikel wird davon ausgegangen, dass "Überbevölkerung" als Hauptursache von Verarmung in den Ländern des Südens immer wieder diskursiv hergestellt wird. Vor diesem Hintergrund wird gezeigt, mit welchen Geldmitteln, mit welchen Strategien und mit welchen Argumenten es der internationalen Bevölkerungslobby gelingt, in unseren Köpfen zu verankern, dass der Armut weltweit am besten mit Familienplanung zu begegnen ist.
Der Einleitungsartikel dient sowohl der Einführung in das Thema des Heftes als auch der Zusammenschau. Im ersten Teil des Beitrages wird kurz dargestellt, was es heißt, internationale Bevölkerungspolitik aus einer diskursanalytischen Perspektive zu betrachten, und wie das "Diskursfeld Bevölkerungspolitik" grob strukturiert ist. Anschließend werden jene vier Diskursstränge umrissen, nämlich der eugenische, der entwicklungspolitische, der feministische und der ökologische Diskursstrang, auf deren historische Ausformungen in den anderen Artikeln im Detail eingegangen wird. Im letzten Teil des Beitrages wird schließlich gezeigt, auf welche Weise sich die Fäden der verschiedenen Diskursstränge im historischen Verlauf zu jenem diskursiven Mainstream verweben, der die Entwicklung der bevölkerungspolitischen Aktivitäten im Verlauf des zwanzigsten Jahrhunderts prägte.
Die Frage des Zuviel oder Zuwenig im Rahmen der Bevölkerungspolitik ist nur auf den ersten Blick eine der Quantität. Bei genauerer Betrachtung offenbart sich der qualitative Charakter sämtlicher bevölkerungspolitischer Bestrebungen in der Geschichte wie Gegenwart. Ein Einblick in die Theorie und Praxis von bevölkerungspolitischen Maßnahmen beweist aber nicht nur den "qualitativen" Charakter sondern zeigt, dass eugenische Bestrebungen bzw. der Versuch in die "Qualität des Menschen" einzugreifen weder zeitlich noch örtlich begrenzt sind.
Reproduktive Rechte und das politische Ziel der Selbstbestimmung werden aus dem Grundrechten der Selbstbestimmung der Frau über den eigenen Körper und auf körperliche Unversehrtheit und Integrität abgeleitet, welche aus dem Katalog der Menschenrechte stammen. Das Aktionsprogramm der dritten UN-Konferenz zu Bevölkerung und Entwicklung in Kairo 1994 nimmt erstmals feministische Positionen auf und fordert reproduktive Rechte und reproduktive Gesundheit, den Zugang zu Bildung speziell für Mädchen und Frauen, Gendergerechtigkeit und "empowerment" als Ermächtigung in der Hand von Frauen. Im Zuge der Vorbereitungen der Konferenz und der Reflexion der Ergebnisse von Kairo stellte sich aus feministischer Theorie und Praxis die Frage, ob überhaupt eine frauengerechte Bevölkerungspolitik möglich ist, oder ob Bevölkerungspolitik grundsätzlich unvereinbar ist mit Fraueninteressen und Selbstbestimmung. Reproduktive Rechte von Frauen hängen eng mit ihren Arbeitsrechten zusammen. Die internationale Kampagne "Clean Clothes für faire Arbeitsbedingungen weltweit" macht diesen Zusammenhang zu einem globalen politischen Thema. Am Beispiel der Kampagne wird aufgezeigt, das Prozesse der Internationalisierung und Globalisierung funktionierende Frauennetzwerke brauchen, die Aktivistinnen für soziales und politisches Handeln gewinnen können und die sozio-ökonomischen Probleme der Globalisierung aufzeigen. Durch die Teilnahme an internationalen Debatten kann mittels globaler Perspektive auf die nationale und regionale Politik verändernd eingewirkt werden.
Der Diskurs über nachhaltige Entwicklung schließt die Frage nach dem Verhältnis von Bevölkerungsentwicklung und Umwelt ein. Die Autorin kritisiert Beispiele von Argumentationsmustern, die von einfachen biologistischen Erklärungsansätzen für das Verhältnis von Umwelt und Bevölkerung ausgehen. Grundlage hierfür sind unreflektierte Übertragungen von naturwissenschaftlichen Modellen auf die Gesellschaft. Sowohl ein essentialistisches als auch ein instrumentalistisches Naturverständnis neigen zu solchen verkürzten Darstellungen. Am Beispiel ostafrikanischer Länder zeigt die Autorin demgegenüber die politischen und sozialen Bedingungen auf, die zu Landverknappung, Umweltzerstörung und Nahrungsmiftelknappheit führen. Auf dieser Grundlage führt sie den Begriff der "Politischen Ökologie" ein, der von einem dialektischen Naturverhältnis des Menschen ausgeht.