Vonbun, Franz (Josef) (1824–1870), Volkskundler und Arzt

Vonbun Franz (Josef), Volkskundler und Arzt. Geb. Laz (Nüziders, Vbg.), 28. 11. 1824; gest. Schruns (Vbg.), 17. 3. 1870; röm.-kath. Sohn des Kleinbauern Franz (Josef) V. und der Maria Katharina V., geb. Martin, Neffe von Johann Martin V., wahrscheinl. verwandt mit dem Juristen und Abg. der Frankfurter Nationalversmlg. Anton V. (geb. Nüziders, 10. 5. 1799; gest. Feldkirch, Vbg., 3. 6. 1864); ab 1853 mit Lucretia V., geb. Wolfinger (geb. 11. 3. 1836; gest. 10. 4. 1904), verheiratet. – V. wuchs in Raggal im Großen Walsertal bei seinem Onkel auf und verbrachte die Sommermonate auf dessen Alpe. 1836–42 besuchte er das Gymn. in Feldkirch, finanziert durch ein Bertel’sches Stipendium und Nachhilfestunden, die er gab. Die phil. Jgg. absolv. er im Lyzeum in Innsbruck, wo er die Vereinigung von Literaturliebhabern Aurora, zu der auch Ignaz Vinzenz Zingerle gehörte, organisierte. 1844–49 stud. er Med. in Wien und wechselte im Revolutionsjahr 1848/49 nach München; 1849 Dr. med. an der Univ. Wien, 1850 Mag. obstet. Nach einer kurzen Tätigkeit als Arzt in Feldkirch wurde er Gmd.arzt in Schruns. Schon in seiner Wr. Zeit begann V. auf Anraten von →Josef v. Bergmann, Sagen aus Vbg. zu sammeln („Volkssagen aus Vorarlberg“, 1847, 2. erw. Aufl. 1850). 1858 erschien eine stark erweiterte Smlg. unter dem Titel „Die Sagen Vorarlbergs. Nach schriftlichen und mündlichen Überlieferungen gesammelt und erläutert von Dr. F. J. Vonbun“. Die in Hexametern aufgezeichnete Sage vom „Klushund“ findet man in →Franz Michael Felders Autobiographie „Aus meinem Leben“ (1868/69, gedruckt 1904) erwähnt. V., eine bekannte literar. Persönlichkeit in Vbg. zu dieser Zeit, rezensierte Felders Werke (u. a. „Nümmamüllers und das Schwarzokaspale“ in: Vbg. Landesztg., 8., 10. 3. 1864). Seine Sagen wurden v. a. durch ihren Abdruck im „Vorarlberger Volkskalender“ regional gelesen. Spätere Vbg. Sagensmlgg. gehen auf V.s Werk zurück. Über Bergmann wurden V.s Sagen auch den Brüdern Grimm bekannt, die sie ins Hochdt. übertrugen und in ihre eigenen Smlgg. aufnahmen. Seine Sagen-Ausg. von 1850 widmete V., der mit Philologen (z. B. Moritz Haupt, →Franz Pfeiffer) sowie anderen Sagensammlern (z. B. Karl Simrock) in Kontakt stand, Jacob Grimm. Seine Smlg. umfasst rund 250 Sagen. Sein volkskundl. Interesse setzte V. mit den „Beiträgen zur deutschen mythologie. Gesammelt in Churrhaetien“ (1862) und „Feldkirch und seine Umgebungen. Historisch-topographische Skizze …“ (1868) fort. Er verf. weiters Mundartged. (u. a. „Der Abendstern“, in: Vbg. Volkskal. 4, 1854), die aber nie selbstständig veröff. wurden; ledigl. acht Ged. wurden gedruckt. Realien fehlen darin; sein Stil ist von der Romantik sowie der Biedermeier- und Restaurationszeit geprägt.

Weitere W. (s. auch Strasser): Die Sagen Vbg.: mit Beitrr. aus Liechtenstein, ed. R. Beitl, 1950.
L.: H. Sander, in: F. V., Die Sagen Vbg., ed. H. Sander, 2. Aufl. 1889, S. Iff.; Muettersproch. Mundartdichtung des 19. Jh. aus Vbg., ed. W. Lingenhöle – E. Wirthensohn, 1992, S. 129ff. (m. B.); P. Strasser, „Ein Sohn des Thales“. F. J. V. als Sammler und Ed. Vbg. Volkserz., 1993 (m. B. u. W.); Enz. des Märchens 14, 2015; UA, Wien; Pfarre Nüziders, Pfarre Schruns, beide Vbg.
(J. Thaler)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 69, 2018), S. 348
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