Virág, József (1870–1901), Maschinenbautechniker und Erfinder

Virág József, Maschinenbautechniker und Erfinder. Geb. Marienburg, Siebenbürgen (Feldioara, RO), 1870; gest. Budapest (H), 24. 10. 1901. V. stud. an der TU Budapest, die er 1892 als Maschinening. absolv. Er war Ass. von Ferenc Wittmann am Techn.-Physikal. Lehrstuhl und arbeitete ab 1895, nach der Gründung des Ung. Patentamts, als Richter des Patentgerichts. Wittmann beschäftigte sich damals mit der Oszillographie von Wechselströmen und entwickelte einen Oszillographen mit Spiegelgalvanometer und Drehspiegel. Diese Versuche machten V. auf die Möglichkeit der Telephotographie bzw. des telegraph. Weiterleitens techn. Diagramme aufmerksam. Zusammen mit →Antal Pollák erkannte er, dass mittels Morsezeichen sogar eine Handschrift durch eine ununterbrochene, aber horizontal und vertikal modulierte Linie telegraph. übermittelbar ist. Diese Beobachtung bildete die Grundlage für die Entwicklung eines Schnelltelegraphen, den sie 1898 patentieren ließen. Die Texte wurden hierbei durch einen speziellen Lochstreifenschreiber auf Papierlochstreifen übertragen. Die Position der Löcher entsprach dem horizontalen und vertikalen Ausschlag der Linie der Handschrift und wurde im Lochstreifenleser in analoge Stromsignale umgeformt. Der Empfänger war eigentl. ein x-y-Schreiber, der die Signale wieder in Kurrentschrift umformte. Der Apparat bestand aus zwei Spiegelgalvanometern (Telephonhörer, auf deren Membrane kleine Spiegel geklebt waren), einem für die horizontalen (x), einem für die vertikalen (y) Signale. Durch die zwei Spiegel wurde ein Lichtstrahl auf einen laufenden, lichtempfindl. Papierstreifen projiziert. Nach der Entwicklung erschien auf dem Streifen ein unmittelbar lesbarer Text. Die Geschwindigkeit des Schnelltelegraphen betrug etwa 40.000 Worte pro Stunde und war damit zehnmal höher als jene des gewöhnl. Drucktelegraphen. Erfolgreiche Versuche wurden zwischen Budapest, Berlin, Frankfurt am Main, London und Paris durchgeführt, in Frankreich wurde sogar eine AG, die Société Générale de Télégraphie Rapide (système Pollak-Virag) gegr. Der Schnelltelegraph fand jedoch gerade wegen seiner hohen Geschwindigkeit keine Verbreitung – um die gesamte Kapazität auszunützen, hätte es eines Dutzends Maschinenschreiberinnen bedurft. Die Geschwindigkeit des Schnelltelegraphen wurde in den nächsten 30 Jahren nicht übertroffen. Ein Exemplar dieses Apparats wird im Dt. Mus. in München aufbewahrt. Durch den Ung. Ver. der Nachrichten- und Informationstechn. Wiss. (Hírközlési és Informatikai Tudományos Egyesület) wird seit 1960 jährl. ein Pollák-Virág-Preis ausgeschrieben.

L.: Szinnyei; Vasárnapi Ujság 48, 1901, S. 702; P. Vajda, Nagy magyar feltalálók, 1958, S. 115ff.; Zs. Bödök, Magyar feltalálók a hírközlés történetében, 2005, S. 47ff.
(S. Jeszenszky)   
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 15 (Lfg. 68, 2017), S. 291
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