Reimers, Georg (1860-1936), Schauspieler

Reimers Georg, Schauspieler. * Hamburg-Altona (BRD), 4. 4. 1860; † Wien, 15. 4. 1936. Sohn eines Schiffers; begann seine Bühnentätigkeit mit 17 Jahren als Ausrufer in einem Hamburger Sommertheater und war anschließend als Komiker mit einer plattdt. Wandertruppe in Schleswig-Holstein unterwegs. Größere Erfolge errang er erstmals 1881 als jugendlicher Held in Flensburg, 1883 wurde er an das Dresdner Residenztheater engagiert; danach kurze Zeit in Berlin. Der Bekanntschaft mit der Bognár und A. F. Mitterwurzer (beide s. d.), die in Dresden gastierten, verdankte R. seine Berufung nach Wien. Er debut. 1885 am Hofburgtheater als Trinobant in Halms (s. Münch v. Bellinghausen) „Der Sohn der Wildnis“, kurz darauf folgte Kg. Gunther in A. Wilbrandts „Kriemhild“. Trotz großer Erfolge, vor allem beim jugendlichen Publikum, erhielt R. jedoch anfangs nur Nebenrollen, bis ihm 1891 mit dem Ferdinand in Schillers „Kabale und Liebe“ der endgültige Durchbrach gelang. In den späteren Jahren trat R. das Erbe Sonnenthals und Baumeisters (s. Baumüller) an, etwa als großartiger Gestalter des Götz oder des Pedro Crespo in Calderons „Der Richter von Zalamea“. Zuletzt verkörperte er das Rollenfach des liebenswürdigen alten Herrn oder gütigen Vaters in Lustspielen und Konversationsstücken. R.’ Stärke lag bes. in der Gestaltung gerader, optimist. und unkomplizierter Charaktere. Als Bindeglied zwischen altem und neuem Burgtheater brachte er die Lösung vom Pathos und wurde Wegbereiter einer lebensnahen Darstellung. R. absolv. auch sehr erfolgreiche Gastspielreisen und war daneben in erster Linie durch seine modulationsfähige Stimme am Vortragspult sehr populär. Er erfuhr zahlreiche Ehrungen, u. a. 1890 Hofschauspieler, 1901 lebenslängliches, 1922 Ehrenmitgl. des Burgtheaters, 1925 Prof. und Oberregisseur, 1930 HR. Sein Sohn Emerich ( * Wien, 21. 7. 1886; † Wien, 19. 10. 1970), in zweiter Ehe mit der Burgschauspielerin M. Mayen verheiratet, war viele Jahre Charakterdarsteller am Burgtheater.

Hauptrollen: Tempelherr (G. E. Lessing, Nathan der Weise); Egmont (J. W. v. Goethe, Egmont); Karl Moor (F. v. Schiller, Die Räuber); Dunois (ders., Die Jungfrau von Orleans); Posa (ders., Don Carlos); Wilhelm Tell (ders., Wilhelm Tell); Heinrich Percy (W. Shakespeare, Kg. Heinrich IV.); Lear (ders., Kg. Lear); Leander (F. Grillparzer, Des Meeres und der Liebe Wellen); Ottokar (ders., Kg. Ottokars Glück und Ende); Friedrich Schiller (H. Laube, Die Karlsschüler); Ejlert Lövborg (H. Ibsen, Hedda Gabler); Thomas (S. Zweig, Das Haus am Meer); etc.
L.: N. Fr. Pr. vom 3. 4. und 8. 9. 1910, 10. 9. 1925, 4. und 6. 4. 1930, 20. 9. 1935, 16. (auch Abendausg.) und 17. 4. 1936; Neues Wr. Journal vom 30. 3. und 4. 4. 1920; Neues Wr. Tagbl. vom 6. und 10. (auch Abendausg.) 9. 1925, 16. (auch Abendausg.) und 17. 4. 1936; Wr. Neueste Nachrichten vom 16. (auch Abendausg.) und 17. 4. 1936; A. Lindner, G. R. und der „Nachwuchs“ des Burgtheaters, in: Bühne und Welt 4, 1902, S. 987 ff.; E. Decsey, G. R., in: Die Maske 1, 1935, S. 57 f.; Eisenberg; Nagl–Zeidler–Castle 3–4, s. Reg.; G. R. FS zu seinem 40jährigen Burgtheaterjubiläum 1885–1925, (1925); R. Lothar, Das Wr. Burgtheater, 1934, s. Reg.; O. M. Fontana, Wr. Schauspieler von Mitterwurzer bis M. Eis, 1948, S. 84 ff.; J. Handl, Schauspieler des Burgtheaters, (1955), S. 75 ff.; I. R. Shaw, G. R. Eine Größe des Burgtheaters, phil. Diss. Wien, 1960 (mit Rollen- und Literaturverzeichnis).
(W. Deutschmann)  
PUBLIKATION: ÖBL 1815-1950, Bd. 9 (Lfg. 41, 1984), S. 40f.
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