ZUSAMMENFASSUNG
Der vorliegende Aufsatz konzentriert sich auf Parallelen zwischen alten syrischen Taufliturgien und der Liturgie für die mandäische Taufe (masbuta). Die Mandäer, die einzige gnostische Gruppe der Gegenwart mit historischer Verbindung zur antiken „Gnosis“, verstehen die Taufe als eine repetitive liturgische Handlung für die Seele auf dem Wege zur Lichtwelt. Die mandäische masbuta ist also keine initiatorische, einmalige Handlung wie die christliche Taufe. Auf diesem Hintergrund sind die vielen Parallelen zu den alten syrischen Liturgien überraschend. Es zeigt sich, dass sowohl die mandäische als auch die syrische Tradition das Taufwasser durchgehend als “Jordan” verstehen. Wie die alten syrischen Kirchen benutzen auch die Mandäer Öl und “Kronen” als liturgische Elemente während der Taufhandlung, die mit einem liturgischen Mahl („Kommunion“) abgeschlossen wird. Obwohl die mandäische Anthropologie klare gnostische Züge hat, enthält die Taufliturgie der Mandäer, wie die der alten syrischen Kirchen, die jüdischchristliche Idee von Sündenvergebung und Heil für den ganzen Menschen (Seele/Geist und Leib). Diese Verwandtschaft zwischen mandäischen und christlichen Tauftraditionen aus syrischem Gebiet könnte dadurch erklärt werden, dass die Mandäer ursprünglich zu einer jüdisch(-christlichen) Gruppe in Palästina oder Syria gehörten, bevor sie sich von dieser Gruppe trennten. Diese Aussonderung der Mandäer fand ihren Ausdruck sowohl auf ideologischem Gebiet (Gnostizierung) als auch auf geographischer Ebene (Auswanderung nach Babylonia).
© Walter de Gruyter 2009