Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Illustrirte kunstgewerbliche Zeitschrift für Innendekoration — 3.1892

DOI Artikel:
Mielke, Robert: Das Malerische in der modernen Innen-Dekoration
DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.6760#0007

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

^ AeraurgLe^leMwkrFocH inAarmstadt.


halbjährlich Nsark 8.—
halbjäl,rlick> Ulk 9 —






WM


RiWI



L

Di>- nnt » vcrsebcnen Illustrationen sind
Nriainale für die „Innen - Dekoration"
und zur verwcrthnng frei.

Verbreitet in allen Aulturstaaten. — Vertreter in Leipzig: Eduard SrkMlidk,
(Querstraße z;.— Erhältlich durch jede Buchhandlung des In- und Auslandes.—
Nachdruck nur mit besonderer Erlaubniß und (Quellenangabe gestattet.

Kleinere Beträge sind stets vorauszube-
zahlen. Einzelne hefte kosten Mk. ;.so.
Telegrannn-Adr.: Verlag Koch, Darmstadt.

III. Jahrgang. DarmMdt, in: Januarj 1892. Januars-Heft.

Das "Malerische in der modernen Dmien-^Dekoration.

Von Robert Mielke.

Betrachtungen über moderne Wohnungen pflegen in der Regel
mit der Entdeckung eines künstlerischen Defizits zu endigen,
woran sich dann mehr oder minder beherzigenswerthe Winke

und Rathschläge knüpfen, um eine

„stilgerechte" Wohnung zu er-
zielen. Der eine schwärmt für
den Japonismus, der andere für
die Renaissance, der empfiehlt be-
malte Möbel, jener gewachste
oder polirte; immer sind sie aber
darüber einig, daß innerhalb
derselben Wohnung die Formen-
sprache desselben Etiles beibe-
halten werden müsse, ohne zu bedenken,
daß die Eigenartigkeit des modernen
Lebens dasselbe eigentlich unmöglich
macht. Die burlesken Ealtomortales,
welche diese Engherzigkeit oft unbewußt
macht, würden erheiternd wirken, wenn
man nicht das Gefühl mit sich herum-
trüge, daß „etwas faul im Staate Däne-
mark" sei. Daß dieses Faule aber nicht
auf dein Gebiete der Form, sondern auf
dem der Technik liegt, wird weniger laut verkündet, und so wiederholt
sich dann das gossenspiel zwischen Theorie und Praxis, bis — na, bis
man es überdrüssig ist. Ohne diese auf Grund des Gewesenen gefun-
denen Wahrheiten zurückzuweisen, wollen wir einmal versuchen, den
umgekehrten Weg einzuschlagen; vielleicht können wir dabei die Impulse
erhaschen, welche in der modernen Innen - Dekoration zur Geltung
kommen. Vielleicht gelingt es uns auch, gemeinsame Gesichtspunkte
auszufinden, welche unseren Wohnungen das Gepräge des Modernen
ausdrücken; denn wer hätte nicht schon längst empfunden, daß sich in

Abbildung 276.
Fächrrtzgur in Bronce.

von Schaffer L walcker. Berlin.

der modernen Zimmereinrichtung etwas Besonderes zeigt, das sie von
der vergangener Epochen, auch der letzt verflossenen, abhebt!

Nicht jede Wohnung ist ein Gradmesser des herrschenden Ge-
schmackes, sondern es wirken hier mehr denn aus anderen Gebieten
Individualität, Erinnerungen, pekuniäre Verhältnisse u. dergl. auf die
Gestaltung derselben ein. Wer sich aber ein Heim gründet oder ein
schon Bestehendes nach seinen Ideen umbildet und ergänzt, der wird
in der Regel auf die Mitwirkung Anderer angewiesen sein, die seine
eigenen Ideen in einen bestimmten Ureis festbannen, oder wenigstens
in bestimmte typische Formen umprägen. Wir können dabei von der
Landwohnung absehen, denn für diese ist die Zeit der Wiedergeburt
noch nicht gekommen, ihr Uarakter ist noch der der Dekadenz. Zwischen
Stadt- und Landwohnung ist stets ein Unterschied gewesen, nie trat er
jedoch in solcher Schärfe aus als heute. Wo aus dem Lande sich nicht
noch ältere Stücke erhalten haben, und das ist seltener als man an-
nehmen sollte, da ist die Wohnung nur ein schwacher Reflex der
städtischen. Die Behauptung ist nicht übertrieben, daß die korrumpirten
Rokokomöbel, welche in den sieben ersten Jahrzehnten unseres Jahr-
hunderts den Geschmack beherrschten, erst jetzt allgemein aufs Land
dringen und in ihrem Gefolge den Untergang für die alten typischen
Bauernmöbel nach sich ziehen. Doch darüber ein anderes Mal, hier
haben wir es nur mit der städtischen Wohnung zu thun.

Die moderne Wohnung ist von einem Faktor abhängig, der sich
in der Vergangenheit nicht in demselben Maße geltend machte: das
ist die Veränderlichkeit derselben, das moderne Miethsverhältniß.
Früher besaß die Familie von Alters her ihre Wohnung, konnte in
derselben für die Ausschmückung sorgen, ohne fürchten zu müssen, nach
ein oder mehreren Jahren die liebgewordenen Räume mit anderen ver-
tauschen zu müssen. So war hier die Möblierung eine einheitliche;
sie ging Hand in Hand mit der Ausstattung von Mand und Decke.
Heute ist es anders, denn die Zahl der Glücklichen, die auf eignem
Grund und Boden schalten, ist im Verhältniß zu der der Miether eine
 
Annotationen