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Hochschule für Industrielle Formgestaltung [Hrsg.]
Designtheoretisches Kolloquium — 15.1994

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Altner, Günter: Die ökologische Frage als eine Herausforderung für eine Ethik der Mitkreatürlichkeit bei der technischen Gestaltung von Natur
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Günter Altner

Die ökologische Frage
als eine Herausforderung für
eine Ethik der
Mitkreatürlichkeit bei der
technischen Gestaltung von
Natur

Der Bildungsforscher und Pädagoge Horst Sie-
bert schreibt in seinem Aufsatz 'Psychologische
Aspekte der Umweltbildung':

"Symbolfigur der emanzipatorischen Erwachse-
nenbildung der 70er und der frühen 80er Jahre
war Prometheus, der Halbgott, der den Men-
schen das Feuer vom Himmel holte, das Sy-
stem verändert, der den Überblick und den
Durchblick hat. Prometheus ist der Homo faber
der Erwachsenenbildung, der die Bildung Er-
wachsener perfekt plant, organisiert und steu-
ert. Dieser Prometheus hat abgedankt, seine
Erfolgsbilanz in der Erwachsenenbildung ist
eher bescheiden. Doch wer ist jetzt Promet-
heus? Eine Zeitlang war es Kassandra, die
Seherin von Troja, die den Untergang ihrer
Stadt voraussieht, der aber niemand zuhört,
Kassandra als Unruhestifterin, die den Men-
schen mit ihren Fragen und ihrem Wissen auf
die Nerven geht, die mit ihrer Katastrophen- und
Betroffenheitspädagogik allenfalls Frustrationen
und Aggressionen hervorruft. Auch Kassandra
wird nur noch sporadisch in Volkshochschulen
als Dozentin eingestellt. Wer bleibt als Leitfigur?
Vielleicht Sisyphus. Sisyphus hat kein konkre-
tes Ziel vor Augen, keine Lösung parat, er weiß
nur, daß es nicht weitergehen darf, wie es bis-
her der Fall war. Sisyphus ist ebenso ratlos wie
die Teilnehmer, aber er ist nicht mutlos, sein
Auftrag lautet: Ermutigung trotz allem."

Ich bin kein Bildungswissenschaftler und
Bildungspolitiker, ich bin von Haus aus Biologe
und Theologe und will, dem letzten AnSätz fol-
gend, "Ermutigung trotz allem", also Schwer-
punkte markieren unter Berücksichtigung
ethischer Grundsätze und gesellschaftlicher

Perspektiven, die mir für die Zukunft wichtig zu
sein scheinen. Darunter wird Vertrautes und
Bekanntes sein für jene, die sich seit langer Zeit
mit Umwelt beschäftigt haben.

Ich mache in meinen Ausführungen drei
Schritte:

1. Dimensionen der Überlebenskrise als
Anreiz für Umweltbildung,

2. Besinnung im Grundsatz. Hier geht es
um die ethische Problematik, die

durch das Umweltthema herausgefordert ist,

3. Handlungsstrategien. Das führt in das
Feld der persönlichen und gesellschaft-
lichen Auseinandersetzung zurück.

1. Dimensionen der Überlebenskrise.

Wir sprechen heute von der Überlebenskrise im
Gefolge des technisch- industriellen Fortschrit-
tes. Es ist dies eine lange Diskussion, die wir
seit 20 Jahren führen, seit Anfang der 70er Jah-
re. Damals erschien der erste Bericht des Club
of Rome "Die Grenzen des Wachstums". Die-
sem Bericht sind weitere gefolgt, ich erwähne
nur aus dem breiten Spektcum dieser Groß-
analysen den Bericht Global 2000, den Bericht
der Nord-Süd- Kommission und schließlich den
Brundtland-Bericht, und darüber hinausgehend
die regelmäßig erfolgenden Berichte des World
- Watch - Institutes in den Vereinigten Staaten.
Wenn man diese Gesamtliteratur überblickt und
zu analysieren versucht im Blick auf Gemein-
samkeiten, so stellt sich als Ergebnis die Tatsa-
che ein, daß es hier eine durchgehende
gemeinsame Besorgnis gibt im Blick auf die
Antastung der großen Regenerationspotentiale
auf der Erde: Luft, Boden, Wasser, Vegetation,
Wälder und Kiima, die unter dem Druck des
technisch-industriellen Fortschrittes schwer be-
lastet und teilweise im Kippen begriffen sind.
Ich möchte aus diesem Gesamtspektrum - das
mag dann in die weiteren Überlegungen hin-
überführen - ein Beispiel herausgreifen, das Bei-
spiel der Klimakrise.

Auch hier gehe ich von dem aus, was uns allen
bekannt ist: Durch den exzessiven Verbrauch
von fossilen Energien in den zurückliegenden
Jahrzehnten seit '45 hat neben anderen Stof-
fen insbesondere der Ausstoß von C02 aus den
Verbrennungsprozessen besonders stark zuge-

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