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Zeitschrift für Pathopsychologie — Leipzig, 1.1912

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Zweites und drittes Heft
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https://doi.org/10.11588/diglit.2776#0191
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Psychologie und Medizin.

Von

0. Külpe.

Die Entwicklung der Wissenschaft zeigt uns im großen und
ganzen einen Fortschritt vom Allgemeineren zum Spezielleren, eine
Differenzierung und in Verbindung damit eine Trennung der Gebiete
und Aufgaben. Aber bei diesem Übergang vom Gemeinsamen zum
Individuellen, von gröberen zu feineren Unterschieden, vom relativen
Gesamteindruck zur Analyse wird niemals so verfahren, daß sich
das Ganze einfach in seine Teile auflöste, sondern es scheidet sich
allmählich auch das Gebiet der allgemeinen Voraussetzungen und
Probleme von der spezialistischen Aufstellung und Behandlung ein-
zelner Fragen und Gegenstände. Die einheitliche Physik des Alter-
tums ist nicht in besondere Naturwissenschaften einfach zerfallen,
vielmehr hat sich neben diesen und außer ihnen eine Naturphilo-
sophie erhalten, die zwar in fruchtbaren Beziehungen zu den physi-
kalischen und chemischen, zu den anorganischen und organischen
Disziplinen steht, aber von ihr eigentümlichen Gesichtspunkten be-
herrscht ist und eine logische Vorarbeit ebenso wie eine metaphy-
sische Nacharbeit leistet. Nicht anders ist es mit der Ethik in der
platonischen Philosophie ergangen. Auch sie ist nicht nur in Politik,
Ökonomik, Moralwissenschaft auseinander gelegt worden, sondern
auch hier ist ein allgemeineres Gebiet, eine Moral-, Eechts- und
Wirtschaftsphilosophie zurückgeblieben, wo die Grundbegriffe und
sonstigen Voraussetzungen ebenso wie die Ideale entwickelt und be-
gründet werden, zu denen die Einzelwissenschaften nur die Richtung
weisen und die Vorbereitung liefern1.

i Vgl. dazu meine Einleitung in d. Philos. 5. Aufl. 1910. § 34, 4.

Zeitschrift f. Pathopsychologie. I. 2. a. 3. Heft. 13
 
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