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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 32,1.1918

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Heft 1 (1. Oktoberheft 1918)
DOI Artikel:
Gregori, Ferdinand: Theater und Film: eine Warnung
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Schumann, Wolfgang: "Musikalische Jugendkultur"
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https://doi.org/10.11588/diglit.14375#0027

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spieler kommen vorläufig für die Filmaüfnahme zuallererst in Frage, und es ist
nur natürlich, daß sich die Bezahlung nach Angebot und Nachfrage regelt und,
schon weil Aberstnnden gemacht werden, höhcr ist als die beim Theater. Aber eine
säuberliche Trennung beider Personale inuß herbeigeführt werden, oder doch
ein Ausgleich, den nur die Leiter der zweiartigen Institute unter sich bewirken
können; nicht hier der Regisseur, dort der Einzeldarsteller. Es ist längst Sitte,
daß bei plötzlichen Absagen von Sängern und Schauspielern die Theater sich
von Direktion zu Direktion, von Intendanz zu Intendanz verständigcn, um
Ersatz zu beschaffen (früher wandte sich die Direktion in solchen Fällen gleich
an das Mitglied der benachbarten Bühne, das aushelfen sollte, und dieses
Mitglied suchte dann mit allen möglichen Mitteln, auch wenn es nicht ab--
kömmlich war, die Beurlaubung Lurchzusetzen und war wochenlang empört,
wo man sie ihm nicht bewilligte); und die Sitte hat sich bewährt. Ganz ähnlich
müßten die Leitungen, um die es sich hier handelt, verfahren. And ob nicht
gar der Film einmal imstande sein werde, vermöge seiner reichen Geldmittel
ein Theater ins Leben zu rufen, das fast unabhängig vom Kassenrapport der
vornehmsten dramatischen Kunst dienen kann, während er selbst mit dem gleichen
gutbezahlten Personal, je nach der Freizeit, seine einträglichen Kilometerbilder
herstellt, das erscheint mir ganz und gar nicht phantastisch und jedenfalls
wünschenswerter, als wenn ein Wort-Theater sich, um noch mehr Geld zu
verdienen, nebenbei als Film-Gescllschaft eintragen läßt.

Ferdinand Gregori

„Musikalische Zugendkultur"

/^^in ungewöhnliches und beachtenswertes Buch liegt vor uns. Es ist im
^HwFreideutschen Iugenüverlag bei Ad. Saal in Hamburg erschienen und
^^'heißt: „Musikalische Iugendkultur". „Anregungen ans der Iugendbcwe-
gung" steht unter der Aberschrift, und in der Tat ist das Buch uicht eine in
sich geschlossene wegweisende Abhandlung, sondern eine Sammlung von an-
regenden Aufsätzen ganz verschiedener Verfasser. Mcht jedermann wird wissen,
wclcher Tatbestand diesem Versuche zugrunde liegt. Man muß sich da erinnern,
daß in den verschiedenen Wandervögel-Vereinigungen und den ihnen nahe-
stehenden Iugendgruppen, auch in den älteren freideutschen, zumeist eiue gar
zu „schlichte" Musik Lcvorzugt und so die Musikliebe auf wcniger als anspruchs-
lose Weise betätigt wurde und noch wird. Man erklärt das so: die Iugend der
Iugendbewegungen, die „bewegte" Iugend sci in ihrein stark gefühlten Gegensatz
zu unserm überlieferten Musik-„Betrieb", zu unserer platten Hqusmusik und
unscrm geschäftlich bedingtcn Konzertwescn, zurückgekehrt zu dcr deutschen Volks-
musik, hauptsächlich zum Volksliede. Entsprechend ihrer Vorliebe für das gemcin-
schaftliche Wandcrn und für den Aufenthalt fern von Großstadt nud moderuer
„Kultur" habe sie sich dabei an ein leicht tragbares und lcicht crlernbares Instru-
ment, an die Laute und die Gitarre, halten müssen. Das Wanderlied, das Lied
zur Laute, schlecht und recht ausgeführt, dazu etliche volkstümliche Tanzmusik,
sie boten sich als nächster Inhalt der „bewegten" Iugend wie von selber dar,
und so wurden sie bald überlieferter Teilinhalt der Iugendbewegung schlechthin.
Ietzt aber ertönt der Ruf: das sei nicht genug, das sei nicht „Kultur", es sei
nicht würdig des Gedankens der „Iugendkultnr", sei gewollter Primitivismus,
sei unreif-sentimentale Selbstbeschränkung. And gefordert wird eine „musikalische
Iugendkultur".

An alledem ist manches bezeichnend. Vezeichnend für unser öffentliches
Leben und besonders für unsere Schule und Erziehung ist es, daß eine Gruppe
von außergewöhnlicb gutwilligen und interessierten Ingendlichen zur ersten
Gemeinschaftbildun^ nur die allerbescheidensten musikalischen Ansprüche mit-
brachte. Bezeichnend ferner, daß diese Ingendlichen sich von unserm Musik--
treiben, soviel es auch bieten mochte, doch mit Widerwillen abwandtcn. Älber
 
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