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Zeitschrift für Ästhetik und allgemeine Kunstwissenschaft — 36.1942

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Hennig, Richard: Beiträge zur musikalischen Aesthetik, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.14218#0011
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Beiträge zur musikalischen Aesthetik

Von

Richard Hennig

1. Subjektive Tonarten-Charakteristik

Vor einer Reihe von Jahren veröffentlichte ich in dieser Zeitschrift
einen Aufsatz über Charakteristik der Tonarten, der auf Grund jahr-
zehntelanger Selbstbeobachtung zu dem Ergebnis kam, daß ein objek-
tiver, charakteristischer Klangunterschied zwischen den Dreiklängen der
einzelnen Tonarten, zumal derjenigen des Mollgeschlechts, unbedingt zu
bejahen sei, da ich selbst, obwohl nicht mit absolutem Gehör begabt, in
Hunderten von Fällen Tonarten allein an ihrer charakteristischen Klang-
wirkung richtig erkannt und benannt habe. Die damaligen Behauptungen
kann ich heute auf Grund weiterer langjähriger Selbstbeobachtung nur
Wort für Wort unterstreichen und bekräftigen. Es soll aber darüber
hinaus dargelegt werden, daß es in gewissen Fällen außerdem noch eine
mehr subjektive Charakteristik der Tonarten gibt, die keineswegs für jeden
Musikalischen spürbar werden und erlernbar sein kann, sondern die ledig-
lich ein Einzelindividuum sich gewissermaßen für seinen Privatgebrauch
zurechtgelegt hat, weil irgendein besonders starkes musikalisches Ge-
fühlserlebnis mit einer bestimmten Tonart bewußt oder unbewußt die
Erinnerung an den betreffenden Eindruck immer wieder zu verbinden
pflegt.

Um ein ganz einfaches Beispiel zu geben, das das Gesagte erläutert,
so ist ja bekannt, daß für manche Beethoven-Verehrer die Tonart F-dur
immer etwas Ländlich-Friedliches an sich hat, die Tonart Es-dur etwas
Heroisches — natürlich wegen der Pastorale und der Eroica usw.

Es läßt sich nun m. W. der Nachweis erbringen, daß hier und da
auch bei den großen Meistern der Musik solche Charakter-Abstempelun-
gen gewisser Tonarten stattgefunden haben, die in ihren Werken oftmals
wiederzuerkennen sind. Das unbedingt einprägsamste und sinnfälligste
Beispiel dieser Art liefert m. W. Richard Wagner.

Allgemein bekannt ist, wie er in seiner Jugend, außer durch die
Neunte Sinfonie, durch kein musikalisches Erlebnis so im Innersten gepackt

Zeitschr. f. Ästhetik u. allg. Kunstwissenschaft XXXVI. 1
 
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