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Die Kunst für alle: Malerei, Plastik, Graphik, Architektur — 24.1908-1909

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Heft 14 (15. April 1909)
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Vogel, Julius: Max Klinger, [2]: ein Rückblick und ein Ausblick
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https://doi.org/10.11588/diglit.12503#0370

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^4^> MAX KLINGER <ö^~

MAX KLINGER zwischen Wollen und Können ihn einerheiteren

EIN RÜCKBLICK UND EIN AUSBLICK Auffassung des Lebens zugewendet Früher sah

er in der Zeichnung eine die Malerei und
Von Julius Vogel Skulptur ergänzende Kunst und sie war für

IL (Schluß) 'nn das Mittel zur Erreichung seiner künst-

lerischen Ideale, jetzt istfürihndieSkulpturdas

Wir wissen, daß die graphischen Arbeiten Element geworden, in dem seine Gedanken-
ehedem den eigentlichen Inhalt von Klin- weit ihren reinsten und schönsten Ausdruck
gers Kunst bezeichneten. Ausgehend von dem findet. In der plastischen Formgebung sieht
Grundsatz „zu empfinden, was er sieht, zu er die Hauptaufgabe der Kunst, die Darstellung
geben, was er empfindet, macht das Leben der Schönheit des menschlichen Körpers. Es
des Künstlers aus" und unter dem Druck ist deshalb nicht Zufall oder Mangel an Zeit,
seiner persönlichen, von einem guten Teil wenn der zweite Teil des Zyklus „Vom Tode",
von Pessimismus durchtränkten Lebensphilo- vor viel länger als zwanzig Jahren begonnen,
sophie, die er in den Satz zusammenfaßte: so langsam seiner Vollendung entgegenrückt,
„Aus den ungeheuren Kontrasten zwischen trotzdem die fehlenden Blätter längst in der
der gesuchten,gesehenen, empfundenen Schön- Zeichnung oder in der Kupferplatte vorbereitet
heit und der Furchtbarkeit des Daseins, die sind. Wie sich allmählich dieser Wandel voll-
schreiend oft ihm begegnet, müssen Bilder zogen hat, ließe sich an einer Reihe von Skulp-
entstehen, wie sie dem Dichter, dem Musiker turen leicht verfolgen. Aus der Idee seiner
aus der lebendigen Empfindung entspringen" Raumkunst hatte sich seine farbige Skulptur
— unter dem Druck dieser Ueberzeugung entwickelt, von der er einst meinte, daß wir
war ihm die Zeichnung ehedem das große ihr „so merkwürdig zaudernd gegenüber-
Mittel sein Inneres zu entlasten, die Bitternisse stehen". Der Beethoven, im Modell wesent-
des Lebens, die sich ihm entgegendrängten, lieh gleichzeitig mit der Salome und Kassandra
sich von der Seele zu zeichnen. Die Leiden- entstanden, in der polylithen Ausführung das
schaftlichkeit seiner Natur drängte ihn zu Produkt des neuen Jahrhunderts, schließt die
Werken, die wie bei Goethe zu Bruchstücken Reihe der farbigen Skulpturen ab. Die ge-
einer großen Konfession sich gestalten. In heimnisvolle Macht des Marmors, die Lust,
diesem Sinne sind die meisten seiner radierten seine schlummernde Seele zu wecken, hatte
Zyklen zu verstehen. Aber diese Bekenntnisse es Klinger schon vorher angetan. Wie einst
aus den trüben Seiten Michelangelo gesagt

des Lebens, die dem HMHB^H9HK?9i^H^^Hb!^^H^H hatte: „Ich versichere
früher einsam Dahin- Euch, es gibt nicht

lebenden oft schwere iiiii^S^^Bii* ^Ei^SBg-wRj einen einzigen Mar-

Stunden gebracht und morblock, in dem nicht

ihn bei seiner grüble- jjiS^^i_^^^^_|_j^^^^^t^^J^B irgendein Bild oder
rischen Natur zu pes- BKB eine Statue drinsteckt,

simistischen Betrach- SVB es kommt nur darauf

tungen neigen ließen, ^^^^ an, sie deutlich zu er-

bezeichnendochglück- B kennen", so ist auch

licherweise nur eine j^EEsT U ■ eine ganze Reihe Klin-

Episode, die, so reich gerscher Skulpturen

sie an künstlerischen I fc^'lBrl vermögediesesseheri-

Erfolgen war, an dem ^H^Esf" I sehen Blickes entstan-

Künstler seit Jahren ¥ den.Beinahealleseine

schon vorüber gegan- HI^K' I Marmorwerke sind in

gen ist. Von den Ge- B-S diesem Sinne zu ver-

fühlen stummer Resi- stehen,
gnation hat er sich los- Bj i^B ^ie ^anl ^er Bela-

gerungen, die „pracht- hauerwerke Klingers,

volle großschreitende die entstanden sind,

Welt", in derer früher seitdem der Beetho-

ven ganzen Jammer ven die Werkstatt des

derlächerlichen Klein- Meisters verlassen hat

heitdeskläglichenGe- (März 1902), ist ziem-

schöpfes" sah, hat bei G schadow «s grabmal des staatsministers lieh groß. Manche die-
dem ewigen Kampfe grafen von arnim auf schloss Boitzenburg ser Arbeiten gehen im

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