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Innendekoration: mein Heim, mein Stolz ; die gesamte Wohnungskunst in Bild und Wort — 22.1911

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Lang-Danoli, Hugo: Über dekorative Malerei
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https://doi.org/10.11588/diglit.11722#0084

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PROFESSOR ADOLF MÜNZER—DÜSSELDORF. »GOLDENE TAGE«. TEMPERA-GEMÄLDE.

IM ISESITZE VON ALEXANDER KOCH—DARMSTADT.

UEBER DEKORATIVE MALEREI.

Das Bestreben, die freie Kunst in immer innigeren
Kontakt mit dem Leben unserer Zeit zu bringen,
hat die dekorative Malerei einer Blütezeit entgegen-
getührt. Hier soll nicht auf die handwerkliche deko-
rative Wandbemalung eingegangen werden, die neuer-
dings kräftig ihr Dasein beweist und die Einbeziehung
in den Innenraum neben der ehrwürdigen und hochent-
wickelten Tapete fordert. Daß auch für sie ein weites
Feld offen liegt, ist gewiß, doch birgt ein allzustarkes In-
den-Vordergrund-rücken dieser Kunst manche Gefahren,
so z. B., daß das Einzel »rnament auf Kosten des
Stimmungsakkordes des Gesamtraumes allzu liebevoll
und eifrig gepflegt und zur Darstellung gebracht wird.

Der höheren dekorativen Malerei, von der wir
einige Meisterschöpfungen in Abbildungen zeigen, wollen
wir hier mit ein paar Worten gedenken. Jener Kunst,
die innerhalb der ruhigen Harmonie eines guten Innen-
raumes eine farbenfrohe Melodie erklingen läßt, die
selbständige Wesenheit ist, aber mit dem Raumakkord
zusammenklingt. »Raumgröße, sinnliche Lebensfülle,
Intensität und Zartheit des Naturgefühls, Einheit von
Mensch und Landschaft, endlich geschlossene dekora-
tive Wirkung«, d. h. eine gewisse architektonische Ge-
setzmäßigkeit im kompositionellen Aufbau, in der Ver-
teilung der Massen, das Festhalten einer gewissen
Flächigkeit nach Art der klassischen Reliefs, damit die
organischen Beziehungen zu dem Raum erhalten bleiben
und die Wandfläche nicht allzusehr durchbrochen wird,
das sind Eigenschaften, die wir von dieser dekorativen

Malerei fordern müssen und die wir in den besten
Schöpfungen unserer Zeit vorfinden. — Die Künstler
der »Scholle« sind es vor allem, die durch ihre farben-
freudige und gesunde, im gewissen Sinn volkstümliche
Kunst neue und fruchtbare Wege auf diesem Gebiet
gewiesen haben. Ihre Schöpfungen sind insgesamt
echte und kräftige Kinder der schmückenden Kunst,
sie alle bringen ein Stück heiteren Sonnenscheins und
lachenden Lebens in den Raum. Fritz Erler ist
hier wohl an erster Stelle zu nennen. Eine leichte,
silbrige Helligkeit, die durch Silberrahmen noch ge-
steigert wird, ist ein charakteristisches Merkmal der
abgebildeten Wandgemälde, die den Salon im Hause
Brakl — München zieren: Putten als Supraporten und
dekorativ-symbolische Darstellungen der vier Elemente,
unter denen die lebenspendende »Erde« die reichste
Komposition aufweist. Das Speisezimmer dieses Hauses
birgt Walter Georgis neues Werk »Der Frühling zieht
vorbei«, ein Bild, das die ganze farbige Poesie des
Frühlings ausstrahlt: helles Gelb und Grün der Primeln
und Gräser, das Rot-violett der Anemonen und feuchte
Blau der Luft. Von Adolf Münzer zeigen wir eine
seiner schönen Ovalkompositionen, ein bacchantisches
Paar unter Rebgehängen. — Nicht jedem ist es allerdings
vergönnt, gerade solche Meisterschöpfungen in seinem
Heim zu besitzen, aber das Kunstschaffen unserer Zeit ist
gewiß produktiv genug, um jedem nach Maßgabe seiner
Verhältnisse etwas von dem im Geiste dieser sonnigen
Kunst Geschaffenen zukommen lassen zu können, l.-d.
 
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