Diabetologie und Stoffwechsel 2007; 2 - P354
DOI: 10.1055/s-2007-982449

Süßgeschmack erhöht den postprandialen Blutzuckeranstieg nach Glukoseaufnahme

SM Schmid 1, K Jauch-Chara 1, KM Oltmanns 2, J Born 3, B Schultes 4, M Hallschmid 3
  • 1Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck, Medizinische Klinik I, Lübeck, Germany
  • 2Universitätsklinikum Schleswig-Holstein – Campus Lübeck, Klinik für Psychiatrie, Lübeck, Germany
  • 3Universität zu Lübeck, Institut für Neuroendokrinologie, Lübeck, Germany
  • 4Kantonsspital St. Gallen, Interdisziplinäres Adipositaszentrum Ostschweiz, Rorschach, Switzerland

Fragestellung: Das Ausmaß des postprandialen Blutzuckeranstiegs ist seit Jahren Gegenstand der Diabetesforschung. So wurde beispielsweise der Einfluss von Kohlenhydraten mit unterschiedlicher Struktur auf die Blutzuckerkonzentration (BZ) als glykämischer Index definiert. In der vorliegenden Arbeit wurde untersucht, inwieweit die Geschmackswahrnehmung „süß“ während der Nahrungsaufnahme Einfluss auf den postprandialen Blutzuckerverlauf nimmt.

Methoden: Wir untersuchten 14 gesunde, männliche Probanden morgens an vier verschiedenen Versuchstagen. Die Probanden nahmen zu Versuchsbeginn 375ml Flüssigkeit zu sich. Diese setzte sich je einmal aus Wasser mit 75g Glukose (‘Energie + Süß Standard'), 78g Maltodextrin (‘nur Energie'), 12,8ml Cyclamat (‘nur Süß') oder 78g Maltodextrin in Kombination mit 12,8ml Cyclamat (‘Energie + Süß Kontrolle') zusammen. Während der darauf folgenden 2 Stunden wurde 5-minütlich der BZ gemessen.

Ergebnisse: Unmittelbar nach Einnahme der Testlösung stieg der BZ in den Versuchsbedingungen mit Energiezufuhr steil an, um nach 30 Minuten ein Maximum zu erreichen (p<0,001 für den zeitlichen Verlauf in der ANOVA über die drei Bedingungen mit Energiezufuhr). Dabei unterschied sich der Anstieg zwischen den beiden Bedingungen mit Energiezufuhr und Süßperzeption nicht (p=0,64), wohingegen der Anstieg nach Aufnahme von Energie ohne Süßperzeption flacher ausfiel (p=0,040 für die Interaktion Energie + Süß vs. ‘nur Energie' und dem zeitlichen Verlauf). Der maximal erreichte BZ nach Glukosebelastung war in den beiden Energie + Süß-Bedingungen signifikant höher als in der ‘nur Energie'-Bedingung (p=0,043). In der ‘nur Süß'-Bedingung blieb der BZ im weiteren Verlauf auf dem Ausgangsniveau.

Schlussfolgerung: Unsere Daten zeigen, dass der postprandiale Blutzuckeranstieg nicht nur von Faktoren wie Zusammensetzung und absoluter Menge der Kohlenhydratzufuhr abhängig ist, sondern auch von der Geschmackswahrnehmung „süß“ beeinflusst wird. Der maximale postprandiale BZ-Wert nach Kohlenhydratzufuhr wird durch gleichzeitige Süßperzeption noch gesteigert. Die hierbei zugrunde liegenden Mechanismen müssen weiter untersucht werden.