Klinische Neurophysiologie 2007; 38 - P232
DOI: 10.1055/s-2007-976360

Affektion des somatosensorischen und visuellen Systems bei der zervikalen Dystonie in der Kernspinmorphometrie

J Grosskreutz 1, B Köhler 1, R Dengler 1, H Becker 1, T Peschel 1
  • 1Sheffield, UK; Hannover

Bei der zervikalen Dystonie (ZD) ließen sich bisher keine überzeugenden pathomorphologischen cerebralen Auffälligkeiten mit konventionellen Methoden erkennen. Bildgebende Verfahren zeigten wiederholt Veränderungen im Bereich des Globus pallidus internus (GPi). Durch neuere MRT-Verfahren wie voxelbasierte Morphometrie (VBM), Magnetisation Transfer Imaging (MTI) und Diffusion-Tensor-Imaging (DTI) können makroskopische sowie mikrostrukturelle zerebrale Veränderungen im Gruppenvergleich in vivo sichtbar gemacht werden. Ziel dieser Studie war es, mögliche pathologische Auffälligkeiten ohne a priori Hypothese bezüglich bestimmter Regionen zu detektieren.

3D-T1, MTI und DTI (15 Richtungen) wurden bei 24 Patienten mit zervikaler Dystonie und 24 altersgematchten Kontrollen auf einem 1.5 Tesla GE-Gerät gemessen Die MRT Untersuchung fand frühestens 4 Wochen nach der letzen Injektion mit Botulinum-Toxin statt. Die Auswertung des 3D-T1 Datensatzes wurde mittels SPM2 auf der Grundlage des optimierten VBM-Protokolls sowie voxelbasiert für MTI und DTI in einer hierfür modifizierten Form durchgeführt (p<0,05 korrigiert).

Im Gruppenvergleich zeigte sich bei den ZD Patienten eine regionale Volumenzunahme der grauen Substanz im Bereich des GPi bds. sowie linksseitig im dorsolateralen präfrontalen Kortex und der Area V5/MT. In den beiden letztgenannten Regionen fielen verminderte Werte für MTI und die fraktionale Anisotropie (FA) im Bereich der angrenzenden weißen Substanz auf. Weiterhin zeigte sich eine Zunahme der FA im ventrobasalen Komplex des Thalamus sowie im Bereich des Lemniscus medialis linksseitig. Volumenabnahmen der grauen Substanz im Vergleich zu Kontrollen zeigten sich regional im Bereich des sensorischen Kortex, dem supplementär motorischen Areal sowie parietal (Area 7).

Die Ergebnisse der trimodalen MRT-Studie weisen auf mikrostrukturelle Veränderungen im Bereich des somatosensorischen als auch des kortikalen visuellen Systems bei der zervikalen Dystonie hin. Die Ergebnisse decken sich mit den klinischen Befunden einer Beteiligung des sensorischen Systems sowie neuropsychologischen Defiziten im Bereich der räumlichen Wahrnehmung. Voxelbasiertes multimodales MRT eröffnet neue Möglichkeiten in der Charakterisierung von Patientengruppen mit unbekannter Neuropathologie.