Z Gastroenterol 2006; 44 - P206
DOI: 10.1055/s-2006-950803

Therapie der chronischen Hepatitis B mit Nukleotid-Analoga: Ist Tenofovir bei Adefovir-Resistenz wirksam?

F van Bömmel 1, B Zöllner 2, B Möller 3, D Hüppe 4, HH Feucht 2, B Wiedenmann 1, T Berg 1
  • 1Charité-Universitätsmedizin Berlin, Campus Virchow-Klinikum, Medizinische Klinik m. S. Hepatologie und Gastroenterologie, Berlin, Germany
  • 2Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf, Institut für Infektionsmedizin, Hamburg, Germany
  • 3Hepatologische Schwerpunktpraxis, Berlin, Germany
  • 4Gastroenterologische Schwerpunktpraxis, Herne, Germany

Resistenzentwicklungen unter Adefovir (ADV) sind innerhalb der ersten 2 Therapiejahre selten. Mit zunehmender Behandlungsdauer werden jedoch resistente HBV-Mutanten selektioniert (28% nach 5 Jahren: rtA181T/V, rtN236T), die zur Entwicklung einer phänotypischen ADV-Resistenz führen können. In vitro bewirken diese Mutanten eine 3–14-fache Verminderung der antiviralen Wirksamkeit von ADV. Tenofovir (TDF), eine eng mit ADV verwandte Substanz, besitzt ebenfalls antivirale Aktivität gegen HBV und ist in vitro mit ADV kreuzresistent. Aufgrund der 30-fach höheren Dosierung von TDF (300mg) im Vergleich zu ADF (10mg) könnte TDF in vivo jedoch auch bei ADV-Resistenz wirksam sein. Die Wirksamkeit von TDF bei wurden 3 HBeAg-positiven Patienten mit initialer Lamivudin-Resistenz und Entwicklung einer genotypischen und phänotypischen ADV-Resistenz nach 22–24-monatiger ADV-Monotherapie untersucht. Die HBV-DNA (HBV Monitor, Roche) lag zum Zeitpunkt der Therapieumstellung bei 7,9–9,4 log10 Kopien/ml und alle Patienten hatten erhöhte Transaminasen. Nach Umstellung der Therapie von ADV (10mg/d) auf TDF (300mg/d) wurde die HBV-DNA in 2-monatigen Abständen gemessen und die HBV-Polymeraseregion mittels PCR von Kodon rt88 bis rt282 amplifiziert. Die PCR Produkte wurden in Escherichia coli kloniert (TOPO-TA Kloniersystem, Invitrogen) und jeweils 12 bis 20 Klone wurden sequenziert.

Ergebnisse: Im Beobachtungszeitraum von 8–12 Monaten kam es bei den 3 Patienten (HBV-Genotypen A, D und D) unter der TDF-Therapie zu einem Rückgang der HBV-DNA von -3,6, -5,9, -3,9 log10 Kopien/ml. Keiner der Patienten wurde jedoch HBV-DNA negativ. Der prozentuale Anteil von rtN236T Mutanten betrug zu Begin der TDF-Therapie 50%, 30% und 100% und am Ende der Beobachtung bei allen 3 Patienten 100%. Die Mutation rtA181T war bei 2 Patienten während der gesamten TDF-Therapie und bei 1 Patient erst ab Monat 7 nachweisbar. Eine Normalisierung der Transaminasen konnte nur bei einem Patienten erzielt werden.

Schlussfolgerung: TDF zeigt bei Patienten mit ADV-Resistenz eine verminderte antivirale Wirksamkeit und kann die weitere Selektion von ADV-assoziierten Resistenzmutanten nicht verhindern. Patienten mit ADV-Resistenz sollten daher mit einer Kombination aus TDF bzw. ADV plus Lamivudin behandelt werden.