Psychother Psychosom Med Psychol 2000; 50(9/10): 396-405
DOI: 10.1055/s-2000-9095
ORIGINALARBEIT
Georg Thieme Verlag Stuttgart · New York

Narzissmusinventar-90 (NI-90)

Empiriegeleitete Itemreduktion und Identifikation veränderungssensitiver Items des Narzissmusinventars zur Messung selbstregulativer Parameter[1] Narcissism Inventory-90 (NI-90). Empirically-Based Reduction and Identification of Items Sensitive for Change - A Questionnaire Particularly Suited for Measuring Self-Regulatory ParametersFrank Schoeneich, Matthias Rose, Gerhard Danzer, Pia Thier, Cora Weber, Burghard F. Klapp
  • Medizinische Klinik mit Schwerpunkt Psychosomatik und Psychotherapie, Charité, Campus Virchow-Klinikum, Medizinische Fakultät der Humboldt-Universität zu Berlin
Further Information

Publication History

Publication Date:
31 December 2000 (online)

Zusammenfassung

Anhand der Auswertung der Narzissmusinventare [1] von insgesamt 639 konsekutiven stationären Patienten anläßlich Aufnahmen sowie einer verbundenen Stichprobe von 397 konsekutiven Patienten (7/93 - 7/96) mit Aufnahme- und Entlassungsdaten wurde die Möglichkeit einer Umfangverminderung des Inventars unter Beibehaltung seines Informationsgehaltes geprüft. Eine Reduktion auf 5 Items für jede der von den Testautoren definierten Skalen ist ohne Qualitätsverlust hinsichtlich der statistischen Kenndaten möglich. Darüber hinaus lassen sich besonders veränderungssensitive Items identifizieren und gezielt auf den itemreduzierten Skalen beibehalten. Dadurch ist es möglich, eine deutlich gekürzte Version des Narzissmusinventars vorzulegen, die für eine ökonomische Untersuchung von Verlaufsparametern und regulativen Prozessen empirisch fundiert ist. Es ergibt sich unter Beibehaltung der von den Testautoren vorgesehenen 18 Skalen eine Reduktion des Inventars auf insgesamt 90 Items. Für diese Version wird die Bezeichnung „Narzissmusinventar-90” vorgeschlagen.

By analysing Narcissism Inventories [1] gathered by the admission from 639 consecutive in-patients, as well as a related sample of inventories gathered from 397 consecutive patients (7/93 - 7/96) by admission and discharge, we examined the possibility of reducing the number of items of the Narcissism Inventory without losing significant information. This examination shows that reducing the inventory to a total of 5 items per scale is reasonable, without a relevant loss of metric quality in the item-reduced scales. In addition, items particularly sensitive to change could be identified and pointedly kept in the new, reduced scales. Through the deliberate selec-tion of these items, it was possible to produce an empirically-guided short-version of the Narcissism Inventory, suited particularly for the examination of clinical process and regulatory parameters. With persistence of the original 18 scales proposed by the authors of the original test, a reduction to a total of 90 items results. The name „Narcissism Inventory-90 (NI - 90)” is, therefore, suggested for this new version.

1 Teile der vorliegenden Arbeit wurden als Poster auf der 9. (29. - 30. 11. 1996) und 10. (21. - 22. 11. 1997) „Mainzer Werkstatt: Empirische Forschung über stationäre Psychotherapie” präsentiert.

Literatur

  • 1 Deneke F W, Hilgenstock B. Das Narzißmusinventar. Bern; Huber 1989
  • 2 Rauchfleisch U, Nil R, Perini Ch. Zur Validität des Narzißmusinventars (Deneke u. Hilgenstock).  Zsch. psychosom. Med.. 1995;  41 268-278
  • 3 Davies-Osterkamp S, Kriebel R. Konstruktvalidierung von Symptomskalen und Persönlichkeitstests durch das „Inventar zur Erfassung interpersonaler Probleme” (IIP).  Gruppentherapie und Gruppendynamik. 1993;  29 (3) 295-307
  • 4 Lieberz K, Geiser F. Narzißmus und Schizoidie.  Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychoanalyse. 1996;  42 (4) 358-374
  • 5 Thiel A, Schüßler G. Zwangssymptome bei strukturellen Selbstdefekten - eine Untersuchung am Beispiel der Anorexia und Bulimia nervosa.  Zeitschrift für Psychosomatische Medizin und Psychoanalyse. 1995;  41 (1) 60-76
  • 6 Rose M, Hess V, Hörhold M, Brähler E, Klapp B F. Mobile computergestützte psychometrische Diagnostik. Ökonomische Vorteile und Ergebnisse zur Teststabilität.  Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie. 1999;  49 202-207
  • 7 Clement U, Löwe B. Fragebogen zum Körperbild (FKB-20). Handanweisung. Göttingen, Bern usw.; Hogrefe, Verlag für Psychologie 1993
  • 8 Scholler G, Fliege H, Klapp B F. Fragebogen zu Selbstwirksamkeit, Optimismus und Pessimismus: Restrukturierung, Itemselektion und Validierung eines Instrumentes an Untersuchung klinischer Stichproben.  Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie. 1999;  49 275-283
  • 9 Deneke F W, Müller R. Eine Untersuchung zur Dimensionalität und metrischen Erfassung des narzißtischen Persönlichkeitssystems.  Psychother. med. Psychol.. 1985;  35 329-341
  • 10 Deneke F W, Ahrens St, Bühring B, Haag A, Lamparter U, Richter R, Stuhr U. Wie erleben sich Gesunde?.  Psychother. med. Psychol.. 1987;  44 260-266
  • 11 Deneke F W, Hilgenstock B. Organisationsformen und Regulationsweisen des Selbstsystems.  Zsch. psychosom. Med.. 1988;  34 178-195
  • 12 Scheer J W, Catina A. (Hrsg) .Einführung in die Repertory Grid-Technik. Band 1: Grundlagen und Methoden. Band 2: Klinische Forschung und Praxis. Bern; Huber 1993
  • 13 Sommer G, Fydrich Th. Soziale Unterstützung: Diagnostik, Konzepte, F-SOZU. Tübingen; Dt. Ges. für Verhaltenstherapie 1989: 45
  • 14 Brosius G, Brosius F. SPSS. Base System und Professional Statistics. Bonn, Albany; International Thomson Publ. 1995
  • 15 Bortz J, Döring N. Forschungsmethoden und Evaluation für Sozialwissenschaftler. Berlin, Heidelberg, usw; Springer-Verlag 1995
  • 16 Bergmann G. Lebensalter und koronare Herzerkrankung. Die Bedeutung psychologischer Faktoren für die klinische Erstmanifestation. Frankfurt am Main; Verlag für Akademische Schriften 1995
  • 17 Bevenitz K, Haltenhof H. An investigation into the construct system of patients after an attempt of suicide with special consideration of narcissistic features. In: Scheer JW, Catina A (eds) Empirical constructivism in Europe. The Personal Construct Approach. Gießen; Psychosozial-Verlag 1996
  • 18 Ehlers W, Plassmann R. Diagnosis of narcissistic self-esteem regulation in patients with factitious illness (Münchhausen-Syndrom).  Psychotherapy and Psychosomatics. 1994;  62 (1 - 2) 69-77
  • 19 Horlacher M, Battegay R, Rauchfleisch U. Untersuchung von Pa-tienten mit narzißtischen Neurosen mittels des Denekeschen Narzißmusinventars.   Schweizer Archiv für Neurologie und Psychiatrie. 1991;  142 (1) 43-51
  • 20 Kraus D, Eckert J. Die Bedeutung der Mitgliedschaft in neuen religiösen Bewegungen für die Regulation des Selbsterlebens am Beispiel der Hare-Krischna-Bewegung.  Psychotherapie, Psychosomatik, Medizinische Psychologie. 1997;  47 (1) 21-26
  • 21 Lamparter U, Bühring R, Deneke F W, Hoeppner-Deymann S, Oppermann M, Stuhr U, Trukenmüller M. Wer ist gesund, wer wird es, wer bleibt es? Zur Interdependenz von Lebensbelastung und Erkrankung. In: Reinhard H et al (Hrsg) „Ich bin doch krank und nicht verrückt.” Moderne Leiden - Das verleugnete und unbewußte Subjekt in der Medizin. Tübingen; Attempto Verlag 1997: 224-239
  • 22 Rogner J. Ein Jahr nach Abschluß einer Adlerianischen Psychotherapie. Vergleich mit Personen, die eine Psychotherapie beginnen.  Zeitschrift für Individualpsychologie. 1994;  19 (3) 191-202
  • 23 Deneke F W. Die Regulation des Selbsterlebens bei Gesunden, psychosomatischen, psychoneurotischen und alkoholkranken Patienten - ein taxonomischer Forschungsansatz.  Psychother. Psychosom. med. Psychol.. 1994;  44 260-266

1 Teile der vorliegenden Arbeit wurden als Poster auf der 9. (29. - 30. 11. 1996) und 10. (21. - 22. 11. 1997) „Mainzer Werkstatt: Empirische Forschung über stationäre Psychotherapie” präsentiert.

2 Die aus Faktorenanalysen (mittels der 18 Skalen als „komplexe Items”) hergeleiteten vier Faktoren werden beim Narzissmusinventar als Dimensionen bezeichnet. Es wäre möglich, den Originalbogen als Ganzes in seiner Skalenstruktur neu zu gestalten. Anhand der erfragten 163 Items ließe sich so an der untersuchten Stichprobe ein in seiner Skalenstruktur vollständig neuer Fragebogen konzipieren.

2 Die von uns probatorisch durchgeführte Faktorenanalyse aller 163 Items anhand der Berliner Stichprobe zeigt ein uneinheitliches Bild: So ergibt sich mit einem Kriterium Eigenwert > 1 eine unpraktikable Lösung mit 33 Faktoren (!), wobei 5 Faktoren Eigenwerte (EW) von 30,8; 13,8; 6,6; 5,1 und 4,1 aufweisen. 2 Faktoren haben EW zwischen 3 und 4, 3 Faktoren EW zwischen 2 und 3 und 23 Faktoren (!) EW zwischen 1 und 2. Dagegen legt der Scree-Test zur Bestimmung der Anzahl der Faktoren eine Lösung mit 6 - 9 Faktoren nahe.

2 Eine dieses Problem aufgreifende Publikation ist in Vorbereitung: Hierzu wird eine wesentlich größere klinische Stichprobe herangezogen werden, die im Rahmen der klinischen Routinediagnostik seit 7/96 proportional angewachsen ist und dann den Zeitraum 7/93 - 6/99 erfasst.

Dr. Frank Schoeneich

Charité/Virchow-Klinikum Medizinische Klinik - Psychosomatik

13344 Berlin

    >