Gesundheitswesen 2022; 84(04): 356
DOI: 10.1055/s-0042-1745457
Abstracts | BVÖGD/BZÖG
Fachausschuss Infektionsschutz
Vorträge

Reserveantibiotika für den Einsatz bei Multiresistenten Erregern – Linezolid und Fosfomycin

Katrin Steul
1   Gesundheitsamt Frankfurt am Main, Medizinische Dienste und humanitäre Sprechstunden, Frankfurt am Main, Germany
,
Rolf Tessmann
2   Berufsgenossenschaftliche Unfallklinik Frankfurt, Sonderaufgaben, Frankfurt am Main, Germany
,
Klaus Hollmann
3   Kassenärztliche Vereinigung Hessen , Arznei-, Heil- und Hilfsmittel, Frankfurt am Main, Germany
,
Martin Weindel
4   Laborarztpraxis Dres. med. Walther, Weindel und Kollegen, Labor, Frankfurt am Main, Germany
,
Klaus-Peter Hunfeld
5   Institut für Medizinische Mikrobiologie, Krankenhaus Nordwest, Institut für Medizinische Mikrobiologie, Frankfurt am Main, Germany
,
Birgit Strommenger
6   Robert Koch-Institut, NRZ Staphylokokken, FG Nosokomiale Infektionserreger und Antibiotikaresistenzen, Wernigerode, Germany
,
Ursel Heudorf
7   MRE-Netz Rein-Main, MRE-RHein-Main, Frankfurt am Main, Germany
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Hintergrund Für die Behandlung von Infektionen mit multiresistenten Erregern (MRE) stehen nur noch wenige Reserveantibiotika zur Verfügung. Bei schweren MRSA-Infektionen, insbesondere mit Beteiligung der Knochen, wirkt i.d.R. noch Linezolid, für die Kombinationsbehandlung schwerer Infektionen mit MRGN wird in der Intensivtherapie Fosfomycin benötigt. Fosfomycin wird in der S3-Leitlinie bei unkomplizierten Harnwegsinfektionen (HWI) empfohlen und in großem Umfang eingesetzt, sodass die Gefahr besteht, dass hierdurch Resistenzen entstehen.

Methoden Das MRE Netz Rhein-Main bat die Kliniken des Netzwerks um ihre Verbräuche von Fosfomycin und Linezolid für 2016-2018 und die KV Hessen um ihre Verordnungsdaten. Laboratorien wurden nach ihren Resistenzdaten gefragt.

Ergebnisse Der Verbrauch an Linezolid in den Kliniken (16 Kliniken mit über 1,5 Millionen Patiententagen jährlich) nahm von 2013 bis 2018 auf den Normalstationen (Intensivstationen in Klammern) von 0,3 auf 0,5 DDD/100PT (4,3 bis 2,5DDD/100 PT), der von Fosfomycin von 0,1 auf 0,4 (0,6 auf 1,1) DDD/100PT zu. Im ambulanten Bereich stiegen die Verordnungen an Fosfomycin von ca. 600 im Jahr 2012 auf 133.361 im Jahr 2019, die von Linezolid blieben<1000/Jahr. Die Resistenz gegen Fosfomycin blieb zwischen 2011 und 2020 für E coli und Citrobacter bei ca. 1% und für Klebsiella spp. bei ca. 20% konstant, sie nahm bei Enterobacter spp. von ca. 30% auf ca. 50% kontinuierlich zu.

Schlußfolgerung In den Kliniken nahm der Verbrauch an Fosfomycin und Linezolid in den letzten Jahren gering zu. In der ambulanten Medizin ist hingegen der Verbrauch an Fosfomycin extrem angestiegen. Bei ambulant aus Urinen diagnostiziertem Enterobacter spp. ist ein Anstieg an Fosfomycin-Resistenz erkennbar, nicht bei den anderen häufigen Erregern von Harnwegsinfektionen. Dennoch sollte der Einsatz von Fosfomycin ambulant zurückhaltender erfolgen, um die Wirksamkeit dieses Medikaments bei schweren Infektionen – auch mit MRE – zu erhalten. Bei nur gering steigendem Verbrauch an Linezolid sind auch die Linezolid-Resistenzen weitgehend konstant geblieben. Allerdings führte ein hoher Einsatz an Linezolid in einer Klinik dort zu einer Häufung mit Linezolid-reststentem S. epidermidis – mit drei genetisch unterschiedlichen Clustern. Alle positiv getesteten Patienten hatten zuvor oder aktuell eine Therapie mit Linezolid erhalten. Hygienefehler wurden nicht festgestellt. Die Häufung konnte durch Verzicht auf Linezolid rasch beendet werden.

Interessenskonflikte keine



Publication History

Article published online:
26 April 2022

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